BIM von A bis Z: AIA und BAP

BIM von A bis Z etablieren, inklusive „Tuning“-Maßnahmen, Teil 1

Building Information Modeling (BIM) stellt einen wesentlichen Treiber für die Digitalisierung der Bau- und Immobilienbranche dar. Mithilfe von BIM können Effizienzsteigerungen über den gesamten Lebenszyklus erreicht werden. Bei der Anwendung von BIM existieren derzeit noch viele Stolpersteine, die zu einem Scheitern führen können. Ein relevanter Aspekt, der zum Scheitern von BIM-Projekten führen kann, besteht in der fehlenden Definition von Anforderungen sowie unklaren Datengrundlagen und -austauschanforderungen. Deshalb ist es notwendig, die Daten zu Beginn des Projektes mit Hilfe der Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) zu definieren und im BIM-Abwicklungsplan (BAP) fortzuführen.

BIM – Was ist es eigentlich?

Es existiert derzeit keine eindeutige Definition von Building Information Modeling (BIM). Dies führt in der Praxis häufig dazu, dass unterschiedliche Sichtweisen und Auffassungen über die Ausgestaltung der Planung, Ausführung, dem Betrieb und der Verwertung mit BIM entstehen. In Forschung und Praxis kristallisieren sich jedoch wesentliche Definitionen und Anforderungen an BIM heraus, die nachfolgend beschrieben werden.

BIM als Methode

BIM ist eine Methode, die über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes agiert und digitale Technologien nutzt. Sie geht damit über die bloße Anwendung von Softwareprodukten hinaus. Mithilfe der BIM-Methode werden verschiedene Gebäudemodelle – die sogenannten Fachmodelle, z. B. von Lüftung, Klima, Sanitär oder Tragwerksplanung – zur Förderung eines interdisziplinären Austauschs zwischen den fachlichen Beteiligten miteinander konsolidiert. Die Grundlage bilden objektorientierte, dreidimensionale digitale Gebäudemodelle, die alle notwendigen Daten und Informationen bereitstellen und jederzeit den aktuellen Planungsstand darstellen. Einen Überblick stellt Bild 1 dar.

Das Endprodukt ist ein konsolidiertes digitales Gebäudemodell, in dem interdisziplinär alle Fachbereiche zusammengeführt werden. Damit können die fachlich Beteiligten effizienter miteinander kommunizieren, Kollisionen frühzeitig erkennen und visualisieren sowie Daten über den gesamten Lebenszyklus verfügbar halten. Dies unterstützt nicht nur die Arbeit der Planung, Ausführung und den Betrieb, sondern ebenfalls den Rückbau [2].

„Little“, „Big & Open“ und „Closed BIM“

Bei der Anwendung der BIM-Methode wird zwischen open und closed BIM unterschieden. Open BIM beschreibt ein Konzept, bei dem die einzelnen Modelle in Softwarewerkzeugen modelliert und mit Informationen angereichert werden, die von unterschiedlichen Herstellern sein können. Der Datenaustausch erfolgt hierbei über nicht proprietäre Datenformate, sodass Modelle zwischen Softwaresystemen verschiedener Hersteller ausgetauscht werden können. Als Datenformate eignen sich beispielsweise das in der DIN EN ISO 16739 standardisierten Industry Foundation Classes (IFC) oder das Format Construction-Operations Building information exchange (COBie), das für eine Übertragung ins Facility Management genutzt werden kann [3]. Obwohl open BIM das Ziel ist, zeigt sich in der Praxis häufig, dass die Modelle beim Austausch zwischen Produkten verschiedener Hersteller Daten verlieren oder falsch dargestellt werden. Zudem ist die Transformation der Geometrien zwischen dem nativen und offenen Format teilweise fehlerhaft.

Beim closed BIM hingegen werden die einzelnen Modelle in Softwarewerkzeugen modelliert und mit Informationen angereichert, die von einem Hersteller sind, sodass lediglich proprietäre und somit herstellerbezogene Datenformate zum Austausch der Modelle verwendet werden. Ein bekanntes Beispiel stellt Autodesk mit seinen Produkten, wie „Revit“, „BIM360“ dar oder Datenformate zum Austausch zwischen „Revit“ und „Spartakus“ (CAFM-System).

Daneben existiert die Unterscheidung zwischen little und big BIM. Bei little BIM erstellt eine Disziplin unternehmensintern ein Fachmodell, das nur für die eigene Planung genutzt wird. Dieses Konzept ist insbesondere für den Einstieg geeignet. Bei big BIM arbeiten alle Fachdisziplinen projektbasiert und tauschen sich unter den Beteiligten aus, was somit die reale Projektwelt darstellt. Diese Konzepte sind in Bild 2 dargestellt.

Relevanz von BIM

Die BIM-Methode gewinnt zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im öffentlichen Bauen wird BIM zunehmend gefordert. 2015 wurde mit dem Stufenplan Digitales Planen und Bauen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ein erster Stufenplan für die Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien für den Lebenszyklus von Bauwerken veröffentlicht.

Der im Jahr 2021 veröffentlichte Masterplan BIM für Bundesbauten des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat schreibt erstmals ein konkretes Zielbild für die Einführung von BIM vor. So sollen seit Ende 2022 alle Baumaßnahmen nach „BIM-Level I“ geplant und ausgeführt werden, was u. a. die Koordination der Fachgewerke, Visualisierungen und die Bauwerksdokumentation enthält. Ab 2025 sollen alle Baumaßnahmen ab 50 Mio. Euro nach „Level III“ umgesetzt werden, in dem auch der Genehmigungsprozess, Bemessung und Nachweisführung, Termin- und Logistik-Planung sowie die BIM-basierte Abrechnung von Bauleistungen enthalten sind. Ab 2027 wird „Level III“ für alle Baumaßnahmen des Bundesbau ab 0,5 Mio. Euro verbindlich eingeführt. Auch bei privaten Bauherren spielt die BIM-Methode eine zunehmende Rolle. Vor allem bei größeren Bestandshaltern existieren bereits klare Vorgaben für den Datenaustausch, die in den AIA beschrieben werden.

AIA als Grundlage für BIM-Leistungen

Die AIA definieren das Lastenheft zur digitalen Abwicklung des Projektes. Auf dieser Grundlage wird mit dem BAP (folgender Abschnitt) das Pflichtenheft zur digitalen Umsetzung des Projektes ausgearbeitet (Bilder 3 und 4).

AIA sind insbesondere deshalb relevant, da innerhalb eines Projektes eine Vielzahl an Informationen entsteht, die zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden. Ein Beispiel der Entwicklung der Objekte für ein Gesamtmodell mit ca. 5.000 m2 BGF ist in Bild 5 dargestellt. Hierbei zeigt sich, dass mit einer hohen Anzahl an Objekten und damit auch Informationen umgegangen werden muss. Insbesondere die TGA modelliert ab der Lph 2 bis zu Lph 5 eine vergleichsweise hohe Anzahl an Objekten und somit Attributen.

Bei der Definition der auszutauschenden Informationen ist darauf zu achten, dass die Anforderungen an Attributen und Geometrien zwar ausreichend genau beschrieben ist, jedoch auch eine Überfrachtung des Modells vermeidet und nur relevante Attribute und insbesondere keine redundanten Informationen zur Umsetzung der BIM-Ziele enthält. In der Praxis zeigt sich, dass einige AIA eine zu detaillierte Anforderung an Attributen aufweisen, die über die notwendigen Daten (z. B. für CAFM-Systeme) hinausgehen und damit einen hohen Mehraufwand bei Planern bedeuten. Hier sind genaue Analysen der Systeme und Prozesse notwendig, um einen Mehraufwand zu vermeiden.

Ziele AIA

Die AIA beschreiben die Anforderungen des Auftraggebers an die Informationslieferungen des Auftragnehmers zur Erreichung der definierten BIM-Ziele und -Anwendungsfälle. Wenn die BIM-Ziele klar benannt sind, bedeutet dies auch mehr Verständnis des Auftragnehmers für die Anforderungen des Auftraggebers. Dies ist insbesondere deshalb relevant, da zum festgelegten Zeitpunkt die Informationen in der geforderten Quantität und Qualität zur gemeinschaftlichen Nutzung vorliegen müssen.

Auf der anderen Seite dienen die AIA den potenziellen Auftragnehmern, den Aufwand der Daten- und Informationserstellung und -verwaltung im Rahmen ihrer Angebotslegung angemessen zu kalkulieren und einzuplanen.

Prinzipien AIA

AIA beschreiben die Qualität von Informationen, z. B. Umfang, Detailtiefe, Struktur, Format, Aktualität, nicht aber die Methode zur Erstellung der Informationen. Sie können ergänzend zu den geschuldeten Daten weitere Vorgaben zu den Datenlieferprozessen enthalten und sind immer projektbezogen und bilden einen Teil einer Vergabe oder Angebotsaufforderung.

Der Auftraggeber hat seine projektbezogenen AIA zu einem kohärenten Ganzen zu koordinieren, besonders wenn er sie für verschiedene Lieferanten oder Beauftragungen erzeugt. Außerdem sind die organisatorischen Anforderungen (OIR) und die Anforderungen an die Informationslieferungen für Assets (AIR) gemäß DIN EN ISO 19650 zu berücksichtigen.

Da es sich bei den AIA um einen Vertragsbestandteil handelt, dürfen sie nicht im Widerspruch zu mitgeltenden Unterlagen stehen. Duplikation von Inhalten mitgeltender Unterlagen ist zu vermeiden, es bietet sich ein Verweis im AIA an, um den Pflegeaufwand zu minimieren. Wichtig zu beachten ist außerdem, dass keine Vergabestrategie durch das Vorhandensein von AIA bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Sie können und sollten von einem Auftragnehmer innerhalb der eigenen Lieferkette weitergereicht werden und der Subunternehmervergabe zugrunde liegen.

Struktur AIA

Die Struktur der AIA kann je nach Auftraggeber leicht abweichen, nachfolgend ist jedoch eine allgemeingültige Struktur in Anlehnung an die VDI 2552 Blatt 10 dargestellt:

Einleitung,

Rahmenbedingungen,

Glossar,

Projektspezifika,

BIM-Ziele,

BIM-Anwendungsfälle,

Organisation, Rollen und Eignungskriterien,

Prozesse,

Technologie sowie

Daten und Informationen.

Insbesondere im Hinblick auf die eingesetzten Technologien (Softwareprodukte, CDE) ist es notwendig, dass Tests zur Funktionalität der open BIM Methode durchgeführt werden, um während des Projektes Fehler bei der Datenübertragung zu vermeiden.

BAP zur Umsetzung von BIM

Während der AIA eine klare Zieldefinition darstellt, beschreibt der BAP wie diese Ziele, mit dem gesamten Planungskonsortium erreicht werden sollen. Dieses Dokument wird bereits in der Angebotsphase ausgearbeitet und wird im Laufe des Projektes kontinuierlich auf Grundlage der neu gewonnenen Erkenntnisse abgeändert. Wichtig ist hierbei auch, dass die potenziellen Auftragnehmer im Rahmen der Verhandlungen mit dem Auftraggeber klar kommunizieren, was sie leisten können. Häufig kommt es vor, dass der AIA nicht kritisch betrachtet wird, sodass die darin geforderten Informationen nicht in der gewünschten Qualität und Quantität geliefert werden können, was wiederum zu Frustration und Mehraufwänden bei Auftragnehmer und Auftraggeber führt.

Ziele des BAP

Der BAP verfolgt vor Vertragsschluss das Ziel, die bestehenden Fähigkeiten des potenziellen Auftragnehmers darzustellen, der sog. Pre-BAP. Hierbei ist es wichtig, dass die Fähigkeiten eindeutig angegeben werden, da ein mangelhafter Umgang mit BIM-Daten in der Planung oder Ausführung zu Verzögerungen, Ineffizienzen und damit auch zu vertraglichen Problemen führen kann. Die Inhalte des AIA werden hierbei überschaubar adressiert und grob Lösungswege skizziert.

Nach dem Vertragsschluss dokumentiert der BAP die gemeinsam von der Auftragnehmerseite erarbeitete und mit dem Auftraggeber abgestimmte Vorgehensweise zur Lieferung von Informationen und Daten und zur Erfüllung der vertraglich vereinbarten AIA. Hierfür ist es notwendig, dass sich die fachlich Beteiligten über Prozesse und Informationsaustausch gemeinsam abstimmen und ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen.

Prinzipien BAP

Ebenso wie die AIA ist der BAP projektspezifisch und wird unter Einbeziehung aller relevanten Projektbeteiligten erstellt. Damit dokumentiert er den Konsens der Beteiligten zur konkreten Vorgehensweise zur Lieferung der in den AIA enthaltenen Anforderungen, Vorgaben und Zielen. Der BAP ist ein Dokument, das im Konsens der Projektbeteiligten während der Projektdurchführung weiterentwickelt werden kann, er ist damit ein lebendes Dokument. Änderungen sollten jedoch nachgeführt und protokolliert werden.  

Im BAP sind die Informationen enthalten, die sich spezifisch auf die BIM-Abwicklung beziehen, er sollte aber immer auch den Gesamtkontext der Projektabwicklung beachten und auf mitgeltende Unterlagen widerspruchsfrei verweisen.

Die Struktur des BAP muss die Komplexität des spezifischen Projekts abbilden und Strukturen festlegen, um dieser gerecht zu werden. Es ist zu empfehlen, die Struktur eines BAP an die Struktur der entsprechenden AIA anzulehnen, um einen Abgleich zwischen Anforderungen und konkreter Umsetzungsplanung herstellen zu können.

Struktur BAP

Die Inhalte des BAPs sind nachfolgend in einer allgemeingültigen Struktur dargestellt und lehnen sich abermals an die Vorgaben der Richtlinie VDI 2552 Blatt 10 an:

Einleitung,

projektspezifische Einleitung,

Projektziele,

Rollen und Verantwortlichkeiten,

Prozesse,

Technologie sowie

Daten- und Informationslieferung.

Hier müssen abermals die datenbezogenen Prozesse hervorgehoben werden. Die Details zur Etablierung eines interoperablen Austauschs sind sehr komplex und bedürfen umfangreicher Konformitätstests zwischen allen Beteiligten.

Fazit

Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Ziele, Prinzipien und Struktur von AIA und BAP. Es bleibt festzuhalten, dass immer eine offene Kommunikation im Hinblick auf Kompetenzen, Fähigkeiten und BIM-Ziele erfolgen sollte. Insbesondere, wenn zum ersten Mal mit AIA und BAP gearbeitet wird, bietet es sich deshalb auch an, dass durch eine Beratung oder gemeinsame Workshops mit erfahrenen Unternehmen Unterstützung in der Implementierung der BIM Methode erfolgt.

Literaturverzeichnis

Das Literaturverzeichnis zum Artikel finden Sie online unter dem Kurz-Link www.t1p.de/tab-12-23-BIM sowie dem angefügten QR-Code.

Fünfteilige Artikelserie – BIM von A bis Z
etablieren, inklusive „Tuning“-Maßnahmen

Dieser Artikel ist der Auftakt zu einer Serie von insgesamt fünf Artikeln, mit denen die Autoren einen Beitrag dazu leisten möchten, BIM in die praktische Umsetzung zu etablieren. Die Autoren berichten aus Ihren Erfahrungen und machen auf Fallstricke bei der BIM-Umsetzung aufmerksam. Hierbei liegt der Fokus zur Anwendung der BIM-Methode explizit auf der Umsetzung in der Fachplanung der TGA, da sich insbesondere in diesem Bereich gezeigt hat, dass aufgrund des hohen Anspruchs, leistbarer Umfang und Wirklichkeit deutlich auseinander liegen. Folgende Teile sind im Rahmen dieser Artikelserie zu erwarten:

tab 1-2/2024: Prozessmodellierung und BIM-Rollen

tab 3/2024: BIM und Nachhaltigkeit

tab 4/2024: Schnittstelle zum Facility Management

tab 5/2024: Zukünftige BIM-Entwicklungen

Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, bzw. sich zum Thema austauschen möchten, stehen Ihnen die Autoren gerne zur Verfügung. Schreiben Sie dazu unter .

Autoren

Prof. Dr.-Ing. Niels Bartels, Technische Hochschule Köln

Niels Bartels studierte berufsbegleitend an der DHBW Stuttgart sowie der Universität Wuppertal und promovierte am Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden zum Thema „Strukturmodell zum Datenaustausch im Facility Management“. Er arbeitete u. a. als Innovationsmanager bei der Goldbeck GmbH und war dort verantwortlich für Smart Building sowie Projekte zur Digitalisierung des Bauens und zur Systematisierung der TGA. Im August 2022 folgte er dem Ruf der Technischen Hochschule Köln und verantwortet dort das Lehr- und Forschungsgebiet Digitales Planen und Bauen.

Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer, Hochschule Karlsruhe

Reinhard Wimmer studierte an der RWTH Aachen University Wirtschaftsingenieurwesen Fachrichtung Bauingenieurwesen und promovierte am Lehrstuhl E3D zum Thema „BIM-Informationsmanagement bei der thermisch-energetischen Simulation von gebäudetechnischen Anlagen“. Nach seine Promotionszeit arbeitete er als BIM-Manager und Abteilungsleiter für Forschung und Entwicklung bei der TMM Group Gesamtplanungs GmbH und verantwortete die digitale Transformation der gesamten Bauprozesse. Im März 2022 folgte er dem Ruf der Hochschule Karlsruhe und hat nun die Querschnittsprofessur für digitales Planen und Bauen inne.

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