Brandmeldetechnik für eine unterirdische Stadtbahn

Planung, Ausführung und Wartung aus einer Hand
Der Anlagenbauer Wieland & Schultz GmbH in Neustadt an der Weinstraße ist seit seiner Gründung im Jahr 1989 kontinuierlich gewachsen und eröffnete mehrere Filialen. Das Unternehmen bietet sämtliche Dienstleistungen von der Planung bis zur Endausführung und Wartung in den Bereichen Strom, Lüftung und ­Sicherheit aus einer Hand an. Die der Unternehmensgruppe zugehörige Wieland & Schultz ­Sikotec GmbH hat die Brandmeldetechnik eines großen Infrastrukturprojekts in Karlsruhe ­geplant und ausgeführt.

Wie in vielen anderen deutschen Großstädten auch, war die Karlsruher Innenstadt dem zunehmenden Verkehrsaufkommen irgendwann nicht mehr gewachsen. Straßenbahnen im Minutentakt, Autos, Fußgänger und Radfahrer auf engstem Raum – in solch einer Gemengelage kann es irgendwann einmal zum sprichwörtlichen Knall kommen. Damit genau dies nicht passiert, setzten die Verantwortlichen in der badischen Metropole auf eine Kombilösung mit einem rund 3,4 km langen Straßenbahn- und einem 1,6 km langen Autotunnel.

Damit ist die Karlsruher Innenstadt nun untertunnelt und vom Verkehr entlastet. Im Dezember 2021 wurde der Stadtbahntunnel eröffnet, der Autotunnel wurde im Oktober 2022 seiner Bestimmung übergeben. Natürlich werden in beiden Tunneln die höchsten Anforderungen an den Brandschutz erfüllt. Beim Stadtbahntunnel vertraut die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH, Kasig, auf die Systeme von Hekatron und Listec. Beide Unternehmen gehören zur Schweizer Securitas-Gruppe. Empfohlen und installiert hat die Brandmeldetechnik die Wieland & Schultz Sikotec GmbH, ein langjähriger Errichterpartner von Hekatron.

Langer Vorlauf des Projekts

Die neue Straßenbahnröhre verfügt über sieben unterirdische Haltestellen – jede dieser Haltestellen ist mit einer eigenen Brandmeldezentrale ausgestattet. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren haben die Verantwortlichen der Stadt erstmals das Thema einer unterirdischen Straßenbahn diskutiert, denn in der City wurde es immer voller und auch die Zahl der Fahrgäste nahm stetig zu. 1996 wurde ein erster Plan vorgelegt, doch der damalige Vorschlag musste umfassend nachgebessert werden. Erst nach einem zweiten Bürgerentscheid 2002 und der Vorstellung der heutigen Kombilösung konnte es konkret werden. 2003 nahm dann die Kasig ihre Arbeit auf. Die Kasig ist ein Tochterunternehmen der Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen-GmbH (KVVH), die wiederum zu 100 % im Eigentum der Stadt Karlsruhe ist.

Die Kasig ist zuständig für die Planung und den Bau des Stadtbahn- und Autotunnels. Betrieben wird der Stadtbahntunnel von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe. Acht Jahre nach der Präsentation der Kombilösung startete im Januar 2010 der offizielle Baubeginn mit dem symbolischen Spatenstich.

Wie bei solchen Mammutprojekten fast schon üblich, überstiegen leider auch hier die tatsächlichen Kosten die Anfangsplanungen um ein Vielfaches. Nicht nur Teuerungen bei den Baukosten, die bei den Planungen nicht eingepreist werden konnten, sind hierfür verantwortlich, sondern auch unerwartete Probleme bei der Umsetzung wie beispielsweise Wassereinbrüche. Insgesamt veranschlagte man für die Kombilösung anfangs bei den ersten Planungen im Jahre 2002 Baukosten in Höhe von rund 500 Mio. Euro. 2009 kletterten die Kosten bereits auf 900 Mio. Euro und am Ende der Bauphase standen 1,5 Mrd. Euro im Raum. Das Gros davon bezahlen der Bund und das Land Baden-Württemberg. Etwa 20 % der Kosten bleiben bei der Stadt Karlsruhe.

Aber unbestritten ist, dass der öffentliche Personennahverkehr mit seinen jährlich gut 110 Mio. Fahrgästen wie auch der Individualverkehr durch die Kombilösung sicherer geworden sind und die Karlsruher Innenstadt durch die noch laufende Umgestaltung der Kaiserstraße in eine reine Fußgängerzone enorm an Attraktivität gewinnt.

Enge Kooperation bei kniffligen Themen

Als Joachim Berger, Geschäftsführer der Wieland & Schultz Sikotec GmbH für sein Errichterunternehmen im Sommer 2016 erste Gespräche mit der Kasig führte, war von Anfang an auch Hekatron mit an Bord. „Bei solch einem Prestigeobjekt für die badische Stadt kommt es natürlich darauf an, die optimale Brandmeldetechnik zu installieren, denn im Falle eines Falles geht es um sehr viele Menschenleben. Deshalb ist hierzu ein sehr enger und regelmäßiger Austausch mit dem Hersteller nicht nur extrem wichtig, sondern geradezu unerlässlich“, betont Berger.

Genau dies unterstreicht auch Jörg Margardt vom technischen Außendienst bei Hekatron, der das Projekt praktisch von der ersten Minute an begleitete und den Kontakt zum Errichter hielt. „Hier ist der kurze Draht ins Unternehmen besonders wichtig, denn bei solch komplexen Systemen gibt es nicht die sprichwörtliche Lösung von der Stange, sondern die Produktentwicklung geht detailliert auf die individuellen Anforderungen des Kunden ein“, erklärt der Experte.

In der Ausschreibung war nach Angaben von Joachim Berger ursprünglich die Brandmeldetechnik eines anderen Anbieters vorgesehen. „Wir konnten aber letztlich mit den Lösungen von Hekatron und Listec überzeugen und haben den Zuschlag bekommen, da sich hiermit ein ganzheitlicher Ansatz, vor allem auch in Bezug auf die Sprachalarmierung, realisieren lässt.“ Gut ein Jahr später, im Herbst 2017, wurde dann mit der Montage der Brandmeldetechnik begonnen.

Schwierige Umgebungsbedingungen im Tunnel

Natürlich ist solch ein Projekt eine Herausforderung für alle Beteiligten. In der Tunnelröhre sind mehrere Wärmesensorkabel mit einer Länge von ca. 5.700 m von Listec verlegt – mit integrierten Temperatursensoren im Abstand von je 3 m. Die hier gemessenen Daten werden an die zugehörigen Auswerteeinheiten übertragen, die letztlich bei einem Ansteigen der Temperatur das Signal zum Vor- oder Hauptalarm an die Brandmeldezentralen geben.

Intelligente Auswertealgorithmen ermöglichen verschiedene Alarmkriterien, die beim Überschreiten der Alarmparameter entsprechend reagieren. Der Wärmemelder ist nach der Produktnorm EN 54-22 sowie DNV zugelassen und erfüllt die Anforderungen zweier Melder-Kategorien, was das System von Listec zusammen mit Mehrfachverzweigungen und dem Einsatz von Einzelsensoren an zu überwachenden Objekten einzigartig in der Branche macht. Dank ihres wartungsfreien Aufbaus sind die Systeme selbst unter rauesten Umgebungsbedingungen einsetzbar

Auch das Anbringen der Melder im Tunnel selbst war eine Herausforderung für die Monteure, denn das so genannte Rastermaß im Tunnel schreibt genau vor, an welchen Stellen und in welcher Tiefe gebohrt werden muss, um die Melder zu befestigen. Hier gibt es praktisch keinen Spielraum. Bei der Befestigung selbst war die Verwendung von Edelstahl der Güte V4A vorgeschrieben.

Das Hekatron-Paket, das von der Wieland & Schultz Sikotec GmbH montiert wurde, umfasst sieben Brandmelderzentralen des Typs „Integral IP MXF – B5-SCUA-C” und weitere sieben Zentralen vom Typ „Integral IP CXF – B6-X2A“. Die Brandmeldeanlagen, die häufig auch in der Industrie und in Gebäuden mit Publikumsverkehr zum Einsatz kommen, werden über ein Leitsystem zentralisiert.

Vernetzung erweiterbarer Systeme

Mit der smarten IP-Vernetzung Integral WAN lassen sich die Brandmeldeanlagen gleich mehrerer Standorte und unterschiedlicher Typen und Generationen mittels IP-Technologie miteinander verbinden, und dies sowohl über eigene als auch über fremde Netze (Intranet und Internet). Dabei stellt sich das System perfekt auf die örtlichen Gegebenheiten ein, da es sich beliebig erweitern oder anpassen lässt. Die sogenannte Hardware-Redundanz garantiert im einfachen Fehlerfall höchste Verfügbarkeit und absolute Ausfallsicherheit. Alle Funktionen, Anzeigen und Steuerungen bleiben somit auch im Fehlerfall uneingeschränkt erhalten.

Last but not least sind die Hekatron Zentralen remote-fähig für den vollumfänglichen, ortsunabhängigen Zugriff auf das Bedienfeld sowie auf die Software.

Darüber hinaus kommen in Karlsruhe 42 linienförmige Wärmemelder „ADW 535“ zum Einsatz. Diese Melder verfügen über eine maximale Täuschungsalarmsicherheit, und zwar durch einen intelligenten Dynamik Heat Watch Algorithmus (DHW), der Falschalarme zuverlässig filtert und echte Gefahrensituationen erkennt. Zur optimalen Ausnutzung der möglichen Überwachungsfläche und zur Anpassung an die Architektur lässt sich bei diesen Meldern ein zweites Fühlerrohr anbringen. Die beiden Rohre können in unterschiedlichen Umgebungsbedingungen eingesetzt werden. ADW-Melder erfüllen die relevanten Normen EN 54-22, FM, UL und ULC.

Ebenso wurden 120 Ansaugrauchmelder vom Typ „RAS ASD 535-1“ installiert. Auch diese Melder bieten optimale Anpassungsmöglichkeiten an die Gegebenheiten im Tunnel und ermöglichen eine einfache Montage durch eine asymmetrische Rohrverlegung. ASD-Rauchmelder erfüllen ebenfalls alle relevanten Normen und haben entsprechende Zulassungen – EN 54-20, EN 54-27, FM, UL sowie ULC.

Melder der Produktfamilien „ADW“ und „ASD“ können übrigens direkt über die Ringleitung beziehungsweise die Brandmeldezentralen konfiguriert und instandgehalten werden. Darauf aufbauend lässt sich mit Hekatron Remote sogar aus der Ferne auf die Programmierung der Zentralen und damit auch auf die Konfigurations-Tools der Sonderbrandmelder zugreifen.

Weiterhin wurden in Karlsruhe 130 Stromversorgungsnetzgeräte „PSE01-03“, 700 Mehrfachsensormelder „MTD 533X“ sowie 90 Handfeuermelder „MCP 535x” verbaut. Des Weiteren weitere sieben Sprachalarmierungsanlage-Zentralen, die ebenfalls über ein Netzwerk miteinander verbunden sind, plus eine so genannte Kopfzentrale.

Über den Gleisen befinden sich im Tunnel in den Abschnitten zwischen den einzelnen Stationen je ein Sensorelement „SEC 15“ von Listec. Insgesamt kommen 16 Auswerteeinheiten vom Typ „d-Listcontroller“ zum Einsatz. Die Anbindung erfolgt über die „X-Line“ via „XLM 35“ direkt zur Brandmeldezentrale von Hekatron. Ein Fernzugriff auf das System ist optional über Hekatron Remote möglich.

Stresstest für die Brandmeldetechnik

Im Oktober 2021, wenige Wochen vor der offiziellen Eröffnung des Stadtbahntunnels, fand an der zentralen Haltestelle „Marktplatz“ eine umfassende Brandschutzübung mit der örtlichen Feuerwehr, der Polizei und etlichen Notkräften statt. Ziel der Übung war, alle Systeme auf Herz und Nieren zu testen. Die Systeme funktionierten einwandfrei und die verbaute Brandmeldetechnik konnte ihre Leistungsfähigkeit im Zusammenspiel mit anderen Komponenten wie beispielsweise der Fluchtwegsteuerung und der Entrauchungstechnik unter Beweis stellen. Für Joachim Berger keine Überraschung: „Ich bin seit über 20 Jahren überzeugter Partner von Hekatron, und dies nicht ohne Grund. Hier stimmen nicht nur die Produkte, auch die Zusammenarbeit mit allen Verantwortlichen im Unternehmen ist stets von dem einen Leitgedanken geprägt, partnerschaftlich für den gemeinsamen Kunden immer die optimale Lösung zu finden“, fasst Joachim Berger abschließend zusammen.

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