Exklusiver Online-Beitrag: Optimierung von Ventilatoren

Umsetzung der ErP-Richtlinie in der TGA

Die auch als „Ökodesign-Richtlinie“ bezeichnete Verordnung „ErP“ der Europäischen Union definiert, in welchem Umfang energierelevante Produkte (energy-related products, ErP) Umweltressourcen beanspruchen und Energie verbrauchen dürfen. Betroffen sind auch die meisten Motoren, die Bestandteil von Belüftungs- und Entrauchungssystemen in Gebäuden sind. Mit welchen Techniken Hersteller die Konformität mit den Umweltauflagen aus Brüssel erreichen, bleibt weitestgehend selbstbestimmt. Die Folge sind Qualitätsunterschiede mit direkten Auswirkungen auf die Funktionalität der Gebäudetechnik. Über die Regeltechnik mit der Effizienz auch gleichzeitig die Performance der Geräte in ihrer Gesamtheit zu verbessern, ist ein Weg, der hier vorgestellt wird.

Der Denkansatz, über die Erstellungskosten hinaus die gesamten Lebenszykluskosten von Produkten zu analysieren, setzt sich zu Recht auch in der Bautechnik durch – sowohl im Kleinen bei den Anlagen und Geräten als auch im Großen, dem vollständigen Objekt. Untersuchungen wie der jährlich erscheinende „fm.benchmarking Bericht“ machen deutlich: Die Nutzungskosten während eines „Gebäudelebens“ liegen schnell beim Sechsfachen der Baukosten – und werden von der Qualität der Ausführung und Ausrüstung maßgeblich beeinflusst.

Dabei spielen zwar auch Aufwendungen für Energie eine beträchtliche Rolle, denen durch die ErP-Richtlinie ab 1. Januar 2015 z.B. bei Ventilatoren neue Grenzen gesetzt werden. Doch noch gravierender schlagen in der Regel die Wartungs- und Instandhaltungskosten zu Buche. Systemair verfolgt bei seinen Produktentwicklungen das Ziel, neben der Erfüllung der „Ökodesign-Richtlinie“ diese Folgekosten deutlich zu reduzieren: Das Einhalten der ErP-Vorgaben für Wirkungsgrade von Motoren an sich ist noch kein Qualitätslabel. Die besten und wirtschaftlichsten Ventilationssysteme sind vielmehr die, die möglichst exakt zur gestellten Aufgabe passen. Dabei spielt eine optimale Regelungstechnik mit die wichtigste Rolle. ErP-konforme Wirkungsgrade sind dann quasi als „Nebenprodukt“ inklusive.

 

Ziele und Wirkung der ErP-Richtlinie

Das übergeordnete Ziel und Auslöser für die EU-Verordnung „ErP“ ist, über eine Verbesserung der Energieeffizienz die Umwelt zu schonen. Einbezogen werden sukzessive alle Produkte, die den Energieverbrauch beeinflussen – angefangen von Leuchtmitteln über Haushaltsgeräte bis hin zu technischen Gütern. Derzeit werden für 32 Produktgruppen Vorgaben erarbeitet oder sind bereits gütig. Ab dem 1. Januar 2015 werden auch Niederspannungs-Drehstrom-Asynchronmotoren mit Wellenleistungen von 0,75 bis 375 kW eingeschlossen sein: Ab diesem Stichtag dürfen nur noch Motoren auf dem europäischen Markt verkauft werden, die den ErP-Effizienzkriterien entsprechen.

Die ErP-Richtlinie stützt sich bei der Klassifizierung der Motorenwirkungsgrade auf die weltweit gültige Einteilung in die Kategorien IE1 bis IE4 (International Efficiency). Die verbindlichen Effizienzwerte für Motor-Laufrad-Kombinationen, wie sie u.a. in gebäudetechnischen Anlagen zur Anwendung kommen, lauten:

- Ab 1. Januar 2015: Klasse IE3 (Premium Efficiency) für Motorleistungen von 7,5 bis 375 kW.

- Ab 1. Januar 2017: Klasse IE4 (Super Premium Efficiency) für Motorleistungen von 0,75 bis 375 kW.

 

Die technischen Wege zur Effizienzsteigerung

Um die geforderten Wirkungsgrade zu erzielen, gehen Hersteller unterschiedliche Wege, die sich zum einen direkt auf die TGA-Planung auswirken und zum anderen die Betriebskosten einer Immobilie maßgeblich beeinflussen: 

Erstens: Verbesserung des Wirkungsgrades durch höheren Materialeinsatz in der Motorenkonstruktion. Konsequenzen, die der TGA-Planer bei diesem Lösungsweg zu berücksichtigen hat: Die Aggregate benötigen mehr Raum und werden auf jeden Fall schwerer. Dass sich damit gleichzeitig die Produktkosten erhöhen, ist logisch. Allerdings ergeben sich aus diesem Mehrpreis keine zusätzlichen Funktionen, die eine bedarfsoptimierte Regelung ermöglichen würden – beispielsweise die Entlüftung eines Raums analog der vorherrschenden CO2-Konzentration. Die Betrachtung der Lebenszykluskosten und die Forderungen moderner Gebäudeautomation sprechen somit gegen diese Variante.

Zweitens: Asynchronmotoren der Wirkungsgradklasse IE 2 über Frequenzumformer (FU) ansteuern. Durch diesen technischen Lösungsweg lässt sich in den meisten Fällen die Stromaufnahme weiter reduzieren als bei rein konstruktiven Veränderungen des Motoraufbaus. Folglich verbessert sich durch die höhere Energieeinsparung auch die Gesamtwirtschaftlichkeit, und die Motoren bleiben kompakt. Gleichzeitig ergibt sich durch den Einsatz von Frequenzumformern die bedarfsgerechte Leistungssteuerung der Motoren. Bei der Entlüftung von Großküchen etwa, bei denen Fördermitteltemperaturen bis 120 °C anstehen, lassen sich so sehr platzsparende Einheiten wie die „Multibox/T“ von Systemair installieren. Der IE2-Asynchronmotor befindet sich dabei außerhalb des Luftstroms und wird exakt nach Leistungsbedarf energiesparend über einen FU angesteuert. Für diese und weitere Anwendungen hat Systemair Frequenzumformer als „Plug-and-Play“-Lösung entwickelt. Sie müssen nicht in einen Schaltschrank eingebaut werden, sondern lassen sich ohne (!) speziell abgeschirmte Leitungen in direkter Nähe zum Motor montieren. Außerdem erfordert die Installation keine speziellen Programmierkenntnisse. Das spart Installationskosten und sichert zugleich die Lebensdauer des Motors ab, weil eine fehlerhafte Programmierung des FU von vornherein ausgeschlossen ist.

Drittens: EC-Motoren mit integrierter Regelungstechnik und geringer Stromaufnahme. EC-Motoren unterscheiden sich von AC-Motoren konstruktiv und nehmen bei vergleichbarer Arbeit bis zu 50 % weniger Strom auf als Asynchronmotoren. Bei EC-Motoren (electronical commutation) ändert eine Elektronik die Stromrichtung zur Erzeugung des antreibenden Drehfeldes. Asynchronmotoren hingegen sind auf den Drehstrom des Versorgungsnetzes angewiesen. Zu den weiteren konstruktiven und TGA-relevanten Vorteilen zählen: EC-Motoren erzeugen weniger Wärme, sind platzsparend, übertreffen in puncto Energieeffizienz die ErP-Richtlinie deutlich, lassen sich vernetzt regeln sowie in die Gebäudeautomation integrieren und sind praktisch wartungsfrei. Zudem laufen EC-Ventilatoren sehr leise, erzeugen einen exakt regelbaren gleichmäßigen Luftstrom und stellen somit auch in der Gebäudelüftung die erste Wahl dar.

Die Vorteile gerade im Hinblick auf zukünftig zu erwartende Verschärfungen der „Ökodesign-Richtlinie“ liegen damit eindeutig auf Seiten der EC-Technik. Allerdings gilt derzeit die Faustformel: EC-Motoren sind bis 4 kW wirtschaftlich zu produzieren, für höhere Leistungen sind AC-Motoren mit FU zu bevorzugen.

 

EC-Ventilatoren vereinfachen Planung

Über die Betrachtung der Lebenszykluskosten hinaus erschließen EC-Ventilatoren also auch bei der Gebäudeplanung zusätzliche Einsparpotenziale. Exemplarisch nennt Harald Rudelgaß die funktionelle Verschmelzung von Entlüftung im Normalbetrieb und Entrauchung im Brandfall: Die EnEV verfolgt bekanntlich das Ziel, Gebäudehüllen möglichst dicht auszuführen, um Wärmeverluste zu reduzieren. Da zählt jeder Durchbruch, ob in der Wand oder im Dach.

Werden beispielsweise EC-Ventilatoren für die erforderliche Entrauchung auch zur Lüftung eingesetzt, lassen sich in gleich mehreren Bereichen Kosten sparen. Dazu zählen die Reduzierung der Öffnungen in der Außenhülle und geringere Anlagenkosten, weil ein System zwei Funktionen erfüllt. Gleichzeitig sinken die Wartungskosten, wenn auf AC-Motoren verzichtet wird, die sonst üblicherweise der Entrauchung dienen. Dank des Regelverhaltens von EC-Motoren freuen sich Nutzer über konstant frische Luft ohne spürbaren Luftzug.

 

Fazit

Am 1. Januar 2015 treten gemäß ErP-Richtlinie nochmals verschärfte Wirkungsgrade für Ventilatoren in Kraft. Damit entstehen Mehrkosten für Motoren in Größenordnungen von 20 bis 30 %. TGA-Ingenieure können diese Kostensteigerung heute schon vorwegnehmen und auf sparsame EC-Ventilatoren setzen. Diese eröffnen neue Planungsmöglichkeiten, die die Mehrkosten um ein Vielfaches überkompensieren. Zudem lassen sich so auf intelligente Weise regelbare Lüftungs- und Entrauchungskonzepte im Rahmen einer übergeordneten Gebäudeautomation mit hohem Nutzungskomfort realisieren.

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