Aus dem gb-Report
Gute Vorsätze
„Na, was hast Du Dir für‘s neue Jahr vorgenommen?“ Die Frage ist fast schon obligatorisch, wenn ich Karl-Heinz das erste Mal im Januar wiedersehe. Es ist schon eine Krux mit dem Jahreswechsel. Immer wieder zu Silvester fasst man gute Vorsätze, die spätestens Ende Januar wieder vergessen sind.
„Ich hab mir gedacht, vielleicht bin ich im neuen Jahr mal wirklich ehrlich zu meinen Kunden.“ Ich hatte mit „weniger rauchen“, „mehr Bewegung“ oder „Blumen für meine Frau“ gerechnet und war jetzt etwas verblüfft. „Wie meinst Du das?“
„Ganz einfach. Ich habe beschlossen, Projekte so zu kalkulieren, dass der Kunde tatsächlich abschätzen kann, was ihn das Projekt – zumindest was meine Leistungen anbelangt – kosten wird.“ „Und das ist neu? Macht man das nicht eigentlich immer so?“ Karl-Heinz lacht. „Wenn ich das in der Vergangenheit so durchgezogen hätte, hätte ich nicht einen einzigen Auftrag bekommen. Unsere Freunde von der Konkurrenz setzen ja auch auf Nachschläge, unvorhergesehene Preiserhöhungen, Planungsschwierigkeiten, Lieferverzögerungen und so weiter. Vieles davon ist Ausrede, weil man auf Teufel komm raus den Job bekommen will.“
„Und wenn Du jetzt ehrlich kalkulierst, wie willst Du dann im Geschäft bleiben?“ „Das ist jetzt die Aufgabe für unseren Markting-Mann. Er muss genau das als USP herausarbeiten und im Markt bekannt machen.“ „Ehrlichkeit als Alleinstellungsmerk- mal. Bist Du sicher, dass das funktioniert?“ „Ganz sicher!“
Und ich bin sicher, Karl-Heinz hat spätestens nach dem Verlust der ersten Ausschreibung, diesen guten Vorsatz wieder vergessen.