Das Kollektorertragslabel
Fluch und Segen zugleich – durch dieses Wechselbad watet die Heizungsbranche angesichts des neuen Energieeffizienzlabels für Heizungssysteme, das 2016 eingeführt wurde. Immer mehr Kennzeichnungen für energieverbrauchsrelevante Produkte (ErP) der Hersteller verschiedenster Branchen sorgen nicht zwingend für Klarheit.
Zur Einstufung von Solarkollektoren
Dabei soll das Label dem Endkunden eine einfache Orientierung im Produktwald bieten und gleichzeitig Produkte vom Markt entfernen, die zu viel Energie verbrauchen – so das politische Ziel. Die Solarbranche allerdings steht hier vor Problemen. Da Kollektoren nicht genügend Primärenergie verbrauchen, spielen sie für die Kennzeichnung paradoxerweise lediglich eine Statistenrolle.
Was ein Label leisten soll, das effizienteste System für ihn auf einen Blick zu erfassen, gelingt an dieser Stelle demnach nicht.
Solange das ErP-Label dem Verbraucher nicht verdeutlicht, dass er durch solares Heizen richtig Energie einsparen kann, stehen Händler und Hersteller gleichermaßen vor einem Rechtfertigungsdruck. Solarthermische Produkte dürfen nicht als Beiwerk, sondern müssen als Kernelemente sparsamer, ökologischer Heizungssysteme betrachtet und ausgewiesen werden. Anderenfalls ist es an den Händlern, ihren Kunden die komplexe Systematik hinter der ErP-Kennzeichnung zu erklären und ihnen die Vorteile herauszuarbeiten, die ihnen die Solarthermie bietet.
„Das ErP-Label selbst können wir nicht ändern. Aber: Wir können dem Vertrauen der Kunden in Label begegnen, indem wir ein eigenes Ertragslabel für Kollektoren auf den Markt bringen“, erläutert Moritz Ritter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ritter Energie- und Umwelttechnik, der sich für ein eigenes Kollektorertragslabel einsetzt.
ErP-Label – Solarthermie als Beiwerk gekennzeichnet
Mit diesem Engagement knüpft das Unternehmen an Stefan Abrecht, Geschäftsführer der Solar Experience GmbH, an. Der Diplom-Ingenieur hatte nicht nur die Idee zum Kollektorertragslabel, sondern lieferte auch die mathematische Methodik für die Entwicklung. Als technischer Berater für Solarthermiekollektoren, und politischer Aktivist in dieser Sache, kennt er die Schwierigkeiten, die sich aus dem neuen ErP-Label ergeben: „Sonnenkollektoren finden nur in Verbundlabeln Berücksichtigung. Wer Solarthermie mit einem Brennwertkessel kombiniert, erhält für diesen Verbund bereits ein A+-Label in der Kategorie Raumheizung, wenn er gerade einmal 2 bis 4 m2 Solarkollektorfläche installiert“, erklärt Stefan Abrecht. „Obwohl größere Solaranlagen bis circa 20 m2 wirtschaftlich sinnvoll für das ökologische, teilsolare Heizen eingesetzt werden könnten, erreicht man praktisch keine bessere Einstufung mehr. Die Anschaffung solcher Anlagen wird damit verhindert – selbst wenn sie in der Praxis 30 bis 50 % Energieeinsparung bedeuten. Auch unterscheidet das Label nicht zwischen verschieden leistungsstarken Kollektoren.“
Entscheidet sich ein Käufer dazu, sein Heizungssystem mit einer Solaranlage nachzurüsten, wirkt sich dies nicht positiv auf sein bestehendes Label aus.
Kollektorertragslabel
Im Verbundlabel werden die Spartenkollektoren nicht mehr voneinander unterschieden – für ertragsreiche Systeme ein fatales Zeichen. Rolf Meißner, Geschäftsführer der Ritter XL Solar GmbH, argumentiert, die EU habe beim geplanten ErP-Labelling in der Heizungsbranche völlig versagt, weil es den verbrauchsintensivsten Posten innerhalb eines Heizungssystems in den Fokus rücke. Alle weiteren entscheidenden Faktoren würden lediglich zum schmückenden Beiwerk erklärt.
Für die Berechnung der Ertragsklassen – jeweils für Sonnenkollektoren für mittlere Temperaturen bis 50 °C oder höhere bis 75 °C – schlägt Stefan Abrecht das Berechnungs-Tool „ScenoCal2“ vor. Das frei zugängliche „Excel“-Programm wird auch für die Solar-Keymark-Datenblätter genutzt und wurde im Zuge des europäischen Forschungsprojekts QAiST (Quality Assurance in Solar Thermal Heating and Cooling Technologies) entwickelt. Am Ende der Berechnung steht ein Bruttowärmeertrag für vier repräsentative Standorte in Europa, von denen eines nicht in das Ertragslabel aufgenommen wurde (Davos ist insbesondere rechnerisch sehr interessant, da es sehr hoch liegt und sich durch viel Sonneneinstrahlung bei recht kühlen Wetterverhältnissen auszeichnet). Zur Berechnung des Jahreswirkungsgrades wird der Kollektorertrag durch die Jahreseinstrahlungssumme geteilt.
Sören Scholz, Leiter der Zertifizierungsstelle von DIN Certco, bestätigt: „Die Solar Keymark ist das weltweit bekannteste Qualitätslabel für solarthermische Produkte und würde als Datenbasis für ein Kollektorertragslabel dienen. Als eine der zur Keymark-Vergabe bevollmächtigten Zertifizierungsstellen können wir uns sehr gut vorstellen, auch das Kollektorertragslabel im Rahmen der Zertifizierung zu erstellen, herauszugeben und damit nicht nur die hohe Qualität, sondern auch die Ertragsstärke der Kollektoren zu unterstreichen.“