Das Projekt „Neue Mitte Botnang“
Komplexität durch gemischte NutzungIm Zentrum des Stuttgarter Stadtbezirks Botnang haben Bagger das Areal rund um die Traditionsgaststätte „Hirschen“ geschliffen, um Platz für einen gut viergeschossigen Neubaukomplex mit durchmischter Nutzung zu schaffen. Seit fast 25 Jahren stand diese „Innenstadtreparatur“ schon zur Debatte. Die jetzt realisierte Blockrandbebauung sollte Planer und ausführende Unternehmen aufgrund ihrer Komplexität vor große Herausforderungen stellen. In den Bereichen Heizung und Sanitär sowie Brandschutz wurden diese überwiegend mit der Systemtechnik eines Herstellers gelöst.
„Mit konventioneller Auslegung und herkömmlichen Systemen wäre das unter trinkwasserhygienischen und Komfort-Gesichtspunkten kaum zu bewältigen gewesen“, sagt Michael Jokesch vom ausführenden SHK-Fachunternehmen Jokesch-Miller aus Esslingen: „Insgesamt mussten allein im ersten Bauabschnitt schon 4000 m ,Sanpress Inox‘-Edelstahlrohr und etwa 7000 m ,Raxofix‘-Kunststoffrohr installiert werden, um die vielen Hundert Verbraucher und Zapfstellen in den einzelnen Gebäudeteilen anzubinden. Speziell bei konventionellen Kunststoffrohrsystemen bauen sich da sehr schnell Druckwiderstände auf, die nur durch eine gewisse ,Überdimensionierung´ abgefangen werden können. Mit dem durchflussoptimierten System ,Raxofix´ von Viega konnten wir aber insgesamt deutlich schlanker dimensionieren, ohne dass es zu Komforteinbußen in der Versorgung kommt.“
Womit zugleich der Wirtschaftlichkeit und indirekt auch der Trinkwasserhygiene Genüge getan wurde. Denn je geringer das Rohrvolumen in solch einer weit verzweigten Installation, umso häufiger findet bekanntlich der regelmäßige Wasseraustausch statt – „und das ist eine grundlegende Voraussetzung, um Verkeimung durch Stagnation zu verhindern“, unterstreicht Michael Jokesch, „Hinzu kommt dann ebenso obligatorisch beim Kalt- wie beim Warmwasser die abgesicherte Temperaturhaltung sowohl in den Schächten für die Steigestränge als auch in den Etagenverteilungen, um Keimen erst gar keine Wachstumsbedingungen zu bieten.“
Vorausschauende Planung
Dass diese installationsseitigen Maßnahmen zum Erhalt der Trinkwassergüte so durchgängig umgesetzt werden konnten, ist der engen Abstimmung mit TGA-Fachplaner Dipl.-Ing. Philipp Ankelin, Ingenieurgemeinschaft für Gebäudetechnik, Fellbach, zu verdanken: „Die unterschiedlichen Nutzungseinheiten und die verwinkelte Bauweise mit teilweise meterlangen Verzügen erschwerten die Auslegung der Trinkwasser-Installationen an sich schon. Darüber hinaus musste im Sinne des Bauherrn aber natürlich auch die Wirtschaftlichkeit beim Bau und im späteren Betrieb beachtet werden. Deswegen haben wir planerisch zum Beispiel in der Kindertagesstätte komprimierte Nutzungseinheiten geschaffen. So ist von diesen Stellen ausgehend jeden Tag ein hinreichender Wasserdurchsatz für das gesamte Rohrleitungsnetz in der Kita sowie die vorgelagerten Strangabschnitte gewährleistet.“
Durchgängige Dokumentation
Generell gilt für alle öffentlichen Einrichtungen in dem Gebäudekomplex bzw. für die entsprechenden Trinkwasser-Installationen: Nach Fertigstellung gibt es für den Bauherrn und die Betreiber zum einen die kompletten Revisionsunterlagen, zu denen auch die Protokolle der strangweisen Dichtheitsprüfung mit Druckluft oder die Wartungsunterlagen für bestimmte trinkwasserführende Installationskomponenten wie Filter etc. gehören. Zum anderen werden die künftigen Nutzer in den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasser-Installation eingewiesen, und zwar inklusive schriftlich festgelegter Hinweise, was bei Nutzungsunterbrechungen zu tun ist.
Michael Jokesch, der mit seinem Unternehmen bereits zahlreiche Objekte vergleichbarer Größenordnung realisiert hat, spricht da aus Erfahrung: „Das Thema Erhalt der Trinkwasserhygiene ist im Neubau wie im Bestand mittlerweile bei den Bauherrn und Betreibern genauso präsent wie bei uns; vor allem, wenn es um Legionellen geht. Deswegen haben wir von der engen Abstimmung schon in der Planungsphase bis zur Inbetriebnahme bzw. Übergabe an den Betreiber eine lückenlose Qualitätssicherungskette aufgebaut, zu der die beschriebenen Maßnahmen einfach fest dazu gehören. Über die lückenlose Dokumentation sind wir und unsere Kunden dann gleichermaßen auf der sicheren Seite, dass die Trinkwasser-Installation in einem einwandfreien Zustand ist und auch so bleibt, wenn sie bestimmungsgemäß betrieben wird.“
Brandschutz abgenommen
Das Gleiche gilt sinngemäß für die brandschutztechnischen Installationen in dem Gebäudekomplex, die ebenfalls von Dipl.-Ing. Philipp Ankelin auf Basis des Brandschutzgutachtens geplant und vom SHK-Unternehmen Jokesch-Miller ausgeführt wurden: durch unterschiedlichste, teilweise direkt nebeneinander liegende Nutzung genauso komplex, durch die verwinkelte Bauweise genauso „verzogen“, und durch die typischen Widrigkeiten einer Großbaustelle genauso herausfordernd in der praktischen Umsetzung wie die Trinkwasserinstallationen. Einige Beispiele aus dem Kapitel „Herausforderungen Brandschutz“: Gemischt belegte Schächte und Deckendurchführungen, die unter Platznot leiden. Rohrleitungen, die durch die noch nicht final fertig gestellten Trockenbauwände eines Brandschutzabschnittes geführt werden müssen. Michael Jokesch weiß: „Im normalen Betrieb eines Fachhandwerksunternehmens ist das fachlich nicht mehr komplett selber zu leisten. Deswegen ziehen wir hier nach Fertigstellung unserer Arbeiten immer rechtzeitig einen Brandschutzexperten hinzu, der für uns die Arbeiten abnimmt und dokumentiert, bevor speziell die Decken oder Schächte geschlossen werden.“
Aufwand lohnt sich
Das mag, auf den ersten Blick, nach Mehraufwand aussehen, der sich später – weil nicht im Leistungsverzeichnis – auch auf keiner Rechnung wiederfindet. Auf lange Sicht aber lohne sich ein solcher Qualitätsnachweis immer, sagt Michael Jokesch: „Bauherren und Betreiber sind mittlerweile bei Fragen des Brandschutzes und der Trinkwasserhygiene gleichermaßen sensibilisiert. Spätestens bei der Abnahme wird daher sehr genau hingeschaut und, unabhängig von der ursprünglichen Ausschreibung, zu Recht die Einhaltung aktueller technischer Standards erwartet. Mit einer durchgängigen Dokumentation zu diesen beiden wichtigen Bereichen runden wir also gewissermaßen nur die qualitativ genauso hochwertige Ausführung unserer Arbeiten ab – im Sinne des Bauherrn und nicht zuletzt der Nutzer, die in den kommenden Jahren hier in der neuen Mitte Botnangs leben und arbeiten.“