Die OWP 12 in Stuttgart
Im Rahmen einer Online-Veranstaltung präsentierte Drees & Sommer ein neues Firmengebäude, das in den Oberen Waldplätzen 12 in Stuttgart-Vaihingen errichtet wird. In das kurz „OWP 12“ genannte Gebäude werden 22 Mio. € investiert. Das vierstöckige Gebäude umfasst auf einer Bruttogrundfläche (BGF) von rund 7.000 m2 einen Konferenzbereich, Büros für die 200 Mitarbeiter sowie eine Terrasse, eine Cafeteria und eine Kantine im Erdgeschoss.
Auffallendes Merkmal des Büroneubaus ist die mehr als 100 m2 große Grünfassade, die sich mit einer Höhe von 12 m über drei Geschosse erstreckt und der Blickfang des Gebäudes ist. „In vielen Städten, und so auch in Stuttgart, wird die Fassadenbegrünung künftig in Bebauungsplänen festgeschrieben. Wir wollen mit unserem Neubau nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch mitwirken, die notwendigen Umsetzungsgrundlagen zu entwickeln. Dafür testen wir am eigenen Gebäude“, erklärte OWP12-Projektleiter Thomas Berner von Drees & Sommer.
Hohe Brandschutzauflagen beim Hochhausbau
Statt auf ein bodengebundenes, setzt Drees & Sommer auf ein wandgebundenes Vlies-Substrat-System aus zu über 95 % mineralischen Stoffen. „Die Pflanzen wachsen in einem Behältnis mit Substrat, das direkt an die Fassade angebracht wird. Vlies als Material ist wichtig, um im Hochhausbau den strengen Brandschutzanforderungen zu genügen. Wir haben daher ein Spezialvlies aus einem Basalt-Glas-Gemisch eingesetzt, das die Eigenschaft nicht brennbar aufweist. Die von uns eingesetzten Paneele lassen sich außerdem gut vor fertige Fassaden setzen und sind vergleichsweise leicht“, erläuterte Thomas Berner.
Kilian Lingen, Diplom-Biologe der Firma Vertiko, die das Grünkonzept für die neue Bürofassade begleitet, ergänzte: „Bis auf die Pflanzen und das Tropfrohr besteht das bei Drees & Sommer eingesetzte System aus nicht brennbaren Baustoffen. Im Jahr 2020 haben wir es bei Vertiko getestet und einen entsprechenden Großbrandversuch durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass das System durch seinen Wasseranteil die Fassade kühlt. So bleiben die Temperaturen im Hinterlüftungsraum weit unter den Werten, die bei einer reinen Metallfassade erreicht werden.“
Pflanzenmix für ein abwechslungsreiches Bild
An der Fassade soll nach der Anwachsphase ein lebendiges und dynamisches Bild über das Jahr hinweg entstehen. „Gemeinsam mit Drees & Sommer haben wir für das Gebäude OWP 12 einen Pflanzplan erarbeitet, der elf verschiedenen Pflanzen und sechs verschiedene Farben enthält. Rein sommergrüne Pflanzen, immergrüne Pflanzen und die Blühphänologie sorgen für ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild“, so Kilian Lingen. Insgesamt hat Vertiko bereits Erfahrung mit über 300 Pflanzenarten.
Ausreichend Sonne und Wasser
Obwohl es sich bei der Wand des OWP 12-Bürobaus um eine Nordfassade handelt, sei die Sorge, dass die Pflanzen zu wenig Sonne abbekommen, unbegründet. „Notwendig ist eine bestimmte Menge an photosynthetisch aktiver Strahlung. Diese variiert je nach Pflanzenart und liegt bei der richtigen Pflanzwahl auch im Norden ausreichend vor. Wichtig ist jedoch die Möglichkeit, Wasser zuzuführen, wenn nicht ausreichend Regen zur Verfügung steht“, sagt Kilian Lingen.
Bewässert wird die Grünfassade der OWP 12 mit Regenwasser, das in drei Zisternen auf dem Gebäudedach gesammelt und über ein Freispiegelgefälle verteilt wird. „Für außerordentliche Heißperioden ist ein Nachspeisesystem aus dem Frischwassersystem berücksichtigt, das automatisch gesteuert wird“, so Thomas Berner.
Kosten beherrschbar
Wird die Begrünung gut gemacht, dann erfährt eine Immobilie laut Thomas Berner künftig sehr wahrscheinlich eine stetige Wertsteigerung, die aber pauschal schwer zu beziffern ist. Auch die Kosten selbst sprechen seiner Ansicht nach nicht mehr dagegen, eine Grünfassade zu realisieren: „Wenn man die Kosten aufschlüsselt in Unterbau inklusive Dämmung, Bepflanzung und notwendige Technik wie automatische Bewässerung und Regenwasserspeicherung, so liegen wir für die Bepflanzung bei 150 €/m2 und für die Technik bei rund 100 €/m2. Die Kosten der Unterkonstruktion betragen abhängig vom Aufbau und der notwendigen Dämmung 300 bis 500 €/m2. Die Kosten werden also kein entscheidendes Gegenargument mehr sein.“
Als Plusenergiehaus konzipiert
Photovoltaik auf dem Dach und an der Südfassade, eine neu entwickelte, hochdämmende Fassadenkonstruktion, Erdwärme über Geothermie-Bohrungen sowie eine begrünte Nordfassade: Wenn Drees & Sommer die neuen Büros bezieht, werden die Mitarbeiter in einem Gebäude nach Plusenergie-Standard residieren. Zudem wird das Gebäude so weit wie möglich der Cradle-to-Cradle-Forderung nach Kreislauffähigkeit entsprechen. Der Neubau wurde am 1. Dezember 2021 feierlich eröffnet.