Die Zukunft des Bauens

Impressionen von der BAU 2017

Mit rund 250.000 Besuchern an den Ständen von 2.120 Ausstellern zeigte die Fachmesse BAU 2017 in München, dass das Informationsbedürfnis im Bauwesen weiter hoch ist. Dies betrifft insbesondere Themen wie die Digitalisierung des Bauens und smarte „mitdenkende“ Bauelemente und -systeme, die bestimmte Eigenschaften besitzen und auf äußere Einflüsse reagieren: vom Türgriff mit Fingerscanner über die energieerzeugende Fassade bis hin zur Systemlösung für das voll vernetzte „Smart Home“.

Digitales Planen und Bauen

Die Fraunhofer-Allianz Bau, in der 14 Institute zusammenarbeiten, präsentierte die Sonderschau „StadtLabor – mit Forschung und Entwicklung Lebensräume gestalten“ und die vier Themenschwerpunkten „Ressourceneffizienz und Energiemanagement“, „Intelligente Fassade“, „Sicherheit und Komfort“ sowie „Digitales Planen, Bauen und Betreiben“. Die anwendungsorientierten Systemlösungen stellen den Menschen und sein Bedürfnis nach komfortablen, gesunden und sicheren Lebensräumen in den Mittelpunkt. Die digitale Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Gebäudemodell (BIM – Build­ing Information Modeling) soll eine bessere Abstimmung aller Beteiligten ermöglichen sowie wiederholte, parallele Dateneingaben vermeiden. Mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Initiative BIMiD (BIM-Referenzobjekt in Deutschland) arbeiten das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP daran, die Digitalisierung im Bauwesen in Deutschland voranzutreiben. Anhand von Referenzprojekten sammeln sie Erfahrungen und generieren Empfehlungen für die Zukunft. Ein wesentliches Plus für die Nutzer ist hier die Anwendung spezieller Virtual Reality-Techniken, die es ermöglichen, dass der jeweilige Planungsstand auch für Laien anschaulich und selbsterklärend präsentiert werden kann.

Materialien und Systeme

Am Thema der Phasenwechselmaterialien (PCM) forscht das Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT. Das ICT hat ein Verfahren entwickelt, mit dem es möglich ist, größere Mengen PCM in geschäumte Platten zu integrieren, die somit höhere Temperaturschwankungen ausgleichen können. Mit der Integration in die Fassaden können diese als technisch-aktive Hülle weitere Aufgaben der Gebäudetechnik wahrnehmen. Passend dazu entwickelte das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE im Rahmen des Verbund-Forschungsprojekts „Tabsolar“ fluiddurchströmte Bauteile auf Basis von Ultrahochleistungsbeton (UHPC). Diese multifunktionalen Niedertemperaturbauteile haben mechanische (z.B. als tragende Wand), thermisch aktive (fluiddurchströmt), thermisch passive (Wärmedämmung) sowie gestalterische Funktionen und können als Wände, Decken oder Böden eingesetzt werden. Im Folgeprojekt „Tabsolar II“ liegt der Fokus auf der Fassadenanwendung von UHPC-Kollektoren. Um die späteren Produkte für Fachleute, Architekten oder Installateure zu veranschaulichen, soll zum Projektende ein De­mon­stra­tions­gebäude entstehen, dessen Fassade UHPC-Fertigelemente enthält.

Fassaden, Fenster und LED

Saint-Gobain Glassolutions erweitert die Produktpalette der schaltbaren „Priva-Lite“-Glastrennwände um die Lösung „Priva-Lite Zoning“, mit der es möglich ist, ausgewählte Bereiche der Scheibe gezielt von milchig auf transparent zu schalten. Unter elek­tri­scher Spannung wird das milchig-weiße Glas durchsichtig. Je nach Bedarf kann eine Glastrennwand damit offen oder als optischer Raumteiler wirken – ein Knopfdruck genügt, um sie zu schalten. Mit „Priva-Lite Color“ kommt zudem Farbe in den Raum: Die schaltbaren Gläser sind derzeit in zwölf unterschiedlichen Farbtönen erhältlich.

Bei den Funktionsgläsern mit LED von Okalux werden die LEDs nicht fest im Isolierglas eingebaut, sondern nach der Fenstermontage gut zugänglich, beispielsweise im Rahmensystem, integriert. Dadurch ist eine einfache Revisionierbarkeit gewährleistet. Die LEDs übertragen ihr Licht über die Glaskante in die Verbundscheibe. Aufgrund einer neu entwickelten Druckfarbe im Laminat lassen sich grafische Muster ebenso wie vollflächige Bereiche gleichmäßig ausleuchten.

Im Projekt „ArKol“ entwickeln Forscher des Fraunhofer ISE gemeinsam mit Partnern aktuell zwei Fassadenkollektoren für solare Wärmeerzeugung, die ein hohes Maß an Designflexibilität erlauben: einen Streifenkollektor für opake sowie eine solarthermische Jalousie für transparente Fassadenanteile. Um eine optimale Regelung der Energieströme durch die Fassade zu erzielen, können bei zweiterer Jalousielamellen mit spektralselektiver Beschichtung eingesetzt werden. Über eine Heat-Pipe wird die Wärme von der Lamelle an den seitlichen Sammelkanal transportiert. Die Verwendung von Heat-Pipes zur thermischen Ankopplung macht die Nutzung beweglicher Lamellen für eine Energiegewinnung erst technisch machbar. Durch die Regelbarkeit und bei Bedarf vollständige Aufhebung der Verschattung sowie die gestalterische Ausführung des Kollektors als Jalousie kann dieser Fassadenkollektor sehr gut für ökologische Hochhäuser genutzt werden.

Das Tageslicht hat die Fa. Essmann mit der Prismen-Lichtkuppel „Day-Lite Kapture“ im Blick. Durch den dreischaligen Aufbau mit einer innenliegenden Prismenschale und ihrer organischen Formgebung sorgt sie auch in Tagesrandzeiten bei niedrigstehender Sonne für ausreichend und länger nutzbares Tageslicht. Das einströmende Licht wird ausgewogen im Gebäude verteilt.

Premiere hatte das Gebäudeautomationssystem „Geze Cockpit“. Mit dieser Steuerung lassen sich automatisierte Systemkomponenten aus Tür-, Fenster- und Sicherheitstechnik von Geze und anderen Herstellern vernetzen, zentral überwachen und steuern – auch über Smartphone oder Tablet. Über das Schnittstellenmodul „IO 420“ können Produkte von Geze in Vernetzungslösungen mit BACnet integriert und über BACnet MS/TP miteinander vernetzt werden.

Bei Aumüller Aumatic standen die Zentralen für Rauch- und Wärmeabzug bzw. Lüftung im Mittelpunkt. Digitale Bussysteme sowie eine zentrale Programmierung und Inbetriebnahme des Gesamtsystems lassen den Aufwand bei Verkabelung und Installa­tion sinken. Planer und Architekten erhielten damit mehr gestalterische Freiheiten, vor allem in Verbindung mit immer kleineren und leistungsfähigeren Fensterantrieben.

Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU), deutscher Programmhalter für die Umweltproduktdeklarationen (EPD), nahm die Messe zum Anlass, Herstellern neue, unabhängig verifizierte EPD zu überreichen, die als Datengrundlage insbesondere für die Gebäudeökobilanzierung und Zertifizierungssysteme für Nachhaltiges Bauen bedeutsam sind. EPD gab es für Produkte vom Leitungsrohr über Befestigungstechnik bis zur Vliestapete.

Fazit

Die Herausforderungen für das Bauwesen steigen weiter. Um diese zu bewältigen, bedarf es neben innovativer Produkte und Dienst­leis­tun­gen mehr fachübergreifende Zusammenarbeit. Dabei ist es eine vordringliche Aufgabe, die zunehmende Spezia­lisierung sowie die steigende Komplexität von Bauvorhaben mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen durch ein besseres Miteinander zu meistern.

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