Das Militärhistorische Museum Dresden – Teil 1

Mit anspruchsvollem Technikgerüst

Seit dem 15. Oktober 2011 präsentiert sich das 1961 als Deutsches Armeemuseum in Potsdam ge­gründete Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden mit außergewöhnlicher Architektur, baulicher Wechsel­­wirkung zwischen Alt und Neu, modernem Ausstellungskonzept und nicht zuletzt mit einem spektakulären Blick über Sachsens Landshauptstadt. Im Auftrag des Bundesministerium der Verteidigung, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Dresden II, waren neben der aufwendigen Gebäudearchitektur, ausgeführt durch eine Planergruppe um den Architekten Daniel Libeskind, anspruchsvolle Leistungen im Rahmen der Technischen Gebäude­ausrüstung zu erfüllen.

Dafür verantwortlich zeichnete das Planungs- und Ingenieurbüro IPRO Dresden unter Leitung von Enrico Deutsch. Im Gespräch erläuterte der Bauingenieur wesentliche Aspekte des Projektes.

Interview

TGA-Projektleiter Enrico Deutsch, IPRO Dresden, zu den planerischen Herausforderungen

tab: Herr Deutsch, vom welchem Zeitpunkt an waren Sie als Projektleiter für die Planungen der Technischen Gebäudeausrüstung am Militärhistorischen Museum verantwortlich und über welchen Zeitraum erstreckte sich die Planung?

 

Enrico Deutsch: Ich bin seit 2004 im Unternehmen für die Planung und Projektleitung Technischer Gebäudeausrüstungen zuständig. Für das Militärhistorische Museum arbeitete mein Kollege Martin Hörenz von 2003 bis Oktober 2009 als Projektleiter der TGA-Planung. Erst als er im November 2009 in die Ruhestand wechselte, übernahm ich die Projektverantwortung.

 

tab: Warum beanspruchten die Planungen und Baumaßnahmen am Museum so viele Jahre?

Enrico Deutsch: Ursprünglich war es das Ziel des Bauherrn, schon 2009/2010 mit dem Museum im Rahmen einer Pinselstrichsanierung für anfänglich 37 Mio. € fertig zu sein. Aufgrund zahlreicher Nachträge und Änderungswünsche von Bauherrnseite – so wurden ein Restaurant hinzugeplant und die Klimaanforderungen wegen der sensiblen Ausstellungsstücke überarbeitet – erstreckten sich nicht nur unsere Planungsleistungen schließlich über vier Jahre, sondern wuchs auch die Gesamtinvestitionssumme auf ca. 70 Mio. € inklusive der Ausstellung an. Im Jahr 2008 wurde mit dem Bau der Haustechnik begonnen.

tab: Mit welchen Flächen hatten Sie beim Museum zu tun?

Enrico Deutsch: Die gesamte Museumsfläche beträgt zirka 20000 m2 von denen 10800 m2 auf die  reine Ausstellungsfläche, davon 3900 m2 auf den Keil, entfallen. Von der Gesamtkubatur (135000 m3) entfallen 38500 m3auf den Keil.

 

tab: Welche konkreten Gewerke wurden durch Ihre Abteilung geplant?

Enrico Deutsch: Dies alles im Detail aufzuzählen, führt an dieser Stelle zu weit, aber große Posten waren natürlich die Heizungstechnik, Lüftungs- und Klimatechnik, Sanitärtechnik, Feuerlöschtechnik, Starkstrom- mit Außenanlagen, Ausstellungsbeleuchtung, Schwachstrom-Sicherheitstechnik, beispielsweise Brandmelde- und Videoanlagen, Datennetze/IT, Elektroakustische Anlagen und DECT, Medientechnik, Küchentechnik sowie Mess-Steuer-und Regelungstechnik und die Erstellung des Sicherheitskonzeptes für den Museumsbau.

tab: Sprechen wir über die für das Museum notwendige Heizleistung sowie die Lüftungs- und Klimaeinrichtung. Welche Anforderungen waren hier besonders zu berücksichtigen?

Enrico Deutsch: Von den 1,1 MW Heizleistung, welche die Anlage über die städtische Fernwärme erreicht, entfallen 450 kW auf die statische Heizung und der Rest auf raumlufttechnische Anlagen. Aufgrund der Nutzung der hohen inneren Wärmelasten ist der Heizenergiebedarf im Keil sehr gering, hier haben wir gegen das Anlaufen der großen Glasflächen allerdings eine Fußbodenheizung im 4. OG installiert. Im Ausstellungsbereich hingegen steigt der Energiebedarf stark, denn hier gilt es, sensible Ausstellungsstücke bei exakt bestimmter Raumtemperatur und relativer Luftfeuchte aufzubewahren. Die betrifft beispielsweise die senkrechten Vitrinen, in denen u.a. ein Hubschrauber Alouette hängt. Um die höchste Klimaklasse AA zu gewährleisten, mussten wir sieben vollklimatische Anlagen (Kühlung, Entfeuchtung, Befeuchtung) und sechs Teilklimaanlagen (Heizung, Kühlung) planen. Insgesamt werden im Museum stündlich bis zu 166 800 m3 Luft bewegt und ausgetauscht.

tab: Angesichts des wertvollen Museumsbestandes in Ausstellung und Depot stellt sich die Frage nach dem Brandschutz.

Enrico Deutsch: Wir haben eine Kaltentrauchungsanlage gemäß Brandschutzkonzept installiert, die im Fall eines Brandes 120000 m3 Rauch pro Stunde über im Keil befindliche Dachventilatoren an die Außenluft fördert. In anderen Bereichen übernehmen dies die Vollklimaanlagen. Die Feuerlöschanlagen teilen sich auf in eine Sprinkleranlage, die, zum besonderen Schutz der Museumsgüter vor Fehlalarm, als vorgesteuerte Trockenanlage realisiert ist, sowie mehrere Gas-Löschanlagen. Erst wenn Rauchentwicklung und Temperatur definierte Grenzwerte erreichen, werden die Löschanlagen tatsächlich ausgelöst: Insgesamt 3100 installierte Sprinkler werden dann über eine 55 kW starke Pumpe mit Wasser aus einem 25 m3 Druckwasserbehälter in der Sprinklerzentrale sowie einem 100 m3 Wasser fassenden Erdtank versorgt. Besonders schützenswerte Bereiche wie Archiv, Fotothek, Raritätenraum oder Serverraum werden im Notfall über Gas-Löschanlagen abgesichert.

tab: Welcher Aspekt spielte während der Umsetzung eine nicht zu unterschätzende Rolle?

Enrico Deutsch: Daniel Libeskind ist bekannt für seine außergewöhnliche Architektur, die immer mit extravaganten Formen einhergeht. Im Fall des Militärhistorischen Museums sahen wir uns insbesondere geneigten und schiefwinkeligen Wänden gegenüber, die einen hohen Aufwand für die haustechnische Medienführung bedeuteten. Pro Geschoss existierten drei Grundrisse in drei Ebenen, für jede Wandinstallation eine separate Wandabwicklung.

tab: Herr Deutsch, ich bedanke mich für das Gespräch.

Das Interview für die tab führte Susan Naumann, Dresden.

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