Stille Kühlung im Konzerthaus Kopenhagen

Opern- und Konzerthäuser sind sprichwörtlich herausragende Sonderbauten.

Der französische Stararchitekt Jean Nouvel hat mit dem 2009 eröffneten Kopenhagener „Koncerthuset“ das neueste Bauwerk dieser Art fertig gestellt. In Mitten des neuen 310 ha großen Stadtteils Ørestad, zwischen der Kopenhagener Innenstadt und dem Flughafen gelegen, entstand ein 26 000 m2 großer 45 m hoher rechteckiger Würfel. Seine Außenwände bestehen aus einer semi-transparenten kobalt-blauen Gaze, die ein Auditorium für 1800 Zuhörer und drei separate Aufnahmestudios verhüllt. Die Konzerthalle ist integraler Teil der „Danish Radio (DR) Media City“, dessen architektonischer Kontext Jean Nouvel zu der außergewöhnlichen Komposition des Bauwerks inspirierte: „Da ich in keiner Weise in einen Dialog mit den Nachbargebäuden kommen konnte, beschloss ich ein theoretisches Volumen zu entwerfen und damit eine eigene Welt zu kreieren.“ Bei Dunkelheit leuchtet das Innenleben dieser künstlichen Welt verheißungsvoll, was den Architekten zu der Metapher eines im Eis gefangenen Meteors verleitete.

Nähert man sich dieser verschleierten Box entpuppt sich ein mehrschichtiges Phänomen. Bei jedem Übergang von einer Schicht in die andere, z. B. von Außen durch die Glasfassade in das riesige Foyer, überschreitet man unterschiedliche Schwellen. Überall an diesen äußeren Verläufen der Konzerthalle finden sich im Boden Linearroste aus gebürstetem Edelstahl der Firma TTC-Technology. Auf den Entwässerungskanälen direkt vor der Glasfassade, den Konvektorenschächten auf der Innenseite und in den Drehtüren stellen die homogenen Linearroste, ganz im Sinne der Architektur, eine Kontinuität des Raums her. Insgesamt wurden Edelstahl-Linearroste von 345 m Länge nach Dänemark geliefert.

Schallübertragung verhindern und ...

Jean Nouvel legte größten Wert auf höchste Detaillierung und Produktqualität und kam dabei auf Siegfried Timmler, den TTC Geschäftsführer zu. Es kommen Roste mit 5 oder 10 mm Stababstand zum Einsatz, alle sind austausch- und herausnehmbar. Bei den Übergängen der Dreh- und großen einflügeligen Schiebetü­ren verwendete man teils gebogene, teils gerade Linearroste mit 5 mm Stababstand, die begehbar mit Stöckelschuhen und mit 4 KN auf 100 x 100 mm belastbar sind. Die Linearroste liegen auf einer besonderen Unterkonstruktion, die von TTC-Technology zusammen mit Nouvel, Ingenieuren von COWIconsult A/S und nicht zuletzt auch von dem weltberühmten Akustiker Yasuhisa Toyota aus Tokio als akustisch Schall entkoppelt realisiert wurden.

Auf diese Weise wird die Schallübertragung des Trittschalls in den Beton unterbunden, was in einem Gebäude, in dem tontechnische Aufnahmen gemacht werden, höchste Priorität hat. Eine speziell entwickelte Krag­armunterkonstruktion aus pulverbeschichtetem Stahl ist mit dem schwimmenden Estrich auf dem Ortbeton verdübelt; sie trägt die nicht aufgeständerten Roste.

… still kühlen

Dem architektonischen Detail wird auch in jedem der vier „Studios“ – der großen Konzerthalle und den drei Probe- und Aufnahmeräumen – viel Aufmerksamkeit geschenkt. Auch hier befinden sich Roste von TTC-Technology, die im Boden-, Decken und Wandbereich die stille Kühlung „Modultherm“ – ebenfalls ein Produkt von TTC-Technology – verdecken. Die stille Kühlung in den Aufnahmestudios arbeitet ohne Ventilatoren und ausschließlich mit der Schwerkraft. Sie funktioniert nach dem Prinzip, dass gekühlte Luft in einen Schacht fällt, der als „Kamin“ wirkt. Sie beschleunigt sich darin und saugt warme Luft über einen Wärmetauscher an.

Die Leistung der jeweiligen Aggregate ist in Abhängigkeit von Schachthöhe, Betriebsbedingungen und Leistungskategorie bis zu etwa 2500 W/m möglich. Im Konzerthaus dagegen wurde, um eine hohe Behaglichkeit und Eindringtiefe ohne Zugerscheinungen in den Raum zu erreichen, die Leistung auf 500 W/m ausgelegt.

Die Integration der stillen Kühlung in die Architektur Nouvels erfolgte in den jeweiligen Studios variabel, in der Regel aber hinter einer vorgehängten Trockenbauwand. Die Luftansaugung findet verdeckt über Schattenfugen oder die Zwischendecke statt. Dagegen sind die Luftaustritte zum Beispiel in der Konzerthalle mit Rosten im unteren Wandbereich verkleidet. Langjährige Erfahrungen mit akustisch hoch sensiblen Räumen, zum Beispiel den ARD-Hauptstadtstudios, Berlin oder der Deutschen Welle, Bonn, haben die erfolgreiche Umsetzung der hohen schalltechnischen Anforderungen ermög-licht (Schallgrenzkurven NR20 und NR25).

Das National Danish Symphony Orchestra spielt in Räumen, die höchste akustische Anforderungen erfüllen. Nouvels Architektur für das Medienzeitalter schuf eine markante Form, die auch in den einzelnen individuell gestalteten Studios ihren Widerhall findet. Die Resultate in den einzelnen Räumen lassen sich hören wie auch sehen.

Gute Musik bedarf eines perfekten Klangraums – im Konzerthaus Kopenhagen wurde dieser realisiert.

 

Christian Brensing,

10715 Berlin

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