Trendthema Gebäudeenergietechnik
Das Ende März 2015 an der Hochschule Biberach veranstaltete 16. Forum Gebäudetechnik unter dem Motto „Von der Gebäude- und Energietechnik zur Gebäudeenergietechnik“ thematisierte die zunehmende Vernetzung der Energieströme in Gebäuden auf gekonnte Weise. „Der elektrische und der thermische Bereich im Gebäude ist nicht mehr voneinander zu trennen“, erläuterte Prof. Dr.-Ing. Martin Becker in seiner Begrüßung vor rund 100 Teilnehmern.
Der Diplom-Physiker Dr. Martin Pehnt, ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, ging im folgenden Vortrag der Frage nach, wie der zukünftige Energieverbrauch im Gebäudebereich im Rahmen der Energiewende gestaltet werden sollte. Dabei wies er auf den bereits hohen Standard hin: „Wir reden in Deutschland über ein schon recht hohes technisches Niveau.“ So sei der Primärenergiebedarf 2014 gegenüber dem Vorjahr um 5 % gefallen. Allerdings seien 4 % wetterbedingt. Beispielhaft die Möglichkeiten im Wärmebereich aufzeigend, wies er auf Dänemark hin, dass mit großen thermischen Solaranlagen Wärmegestehungskosten im Nahwärmebereich von 3,5 bis 4 Cent/kWh ermögliche. Allerdings sei dies mit nicht auf Profit ausgerichteten, überwiegend genossenschaftlichen Versorgern dort auch zu realisieren. Die Kombination Wärmepumpe und Photovoltaik als Zukunftskombination im Einfamilienhaussektor nahm er unter den derzeitigen Gegebenheiten kritisch unter die Lupe. Jede zusätzliche Wärmepumpe benötige in der Kurzfristbetrachtung mehr Strom aus fossilen Energien. Dennoch würden Wärmepumpen eine wesentliche Säule der zukünftigen Wärmeversorgung darstellen. Es käme darauf an, die besten Wärmepumpen in den Markt zu bringen. Es wurde deutlich, dass die Energiewende auch als Wärmewende ganzheitlich betrachtet werden muss.
Auf die Wettervorhersagesteuerung ging Dipl.-Ing. Markus Werner, Geschäftsführer der MeteoViva GmbH, ein. Dabei stelle die Wettervorhersagesteuerung nur einen Teil der Wahrheit dar. Die Wettervorhersage selbst ist nur einer von vielen Parametern, die für eine Steuerung des Innenraumklimas relevant sei. Der Modellansatz für eine Steuerung basiert auf einer thermodynamischen Betrachtung des ganzen Gebäudes und der Ausreizung der Bauphysik. „Ein Sonnenschutz ist bei Glasfassaden ein Muss!“, forderte er vor diesem Hintergrund.
Auf das Thema „Datensicherheit“ ging Frederic Möllers, M. Sc., wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes, juris-Stiftungsprofessur für Rechtsinformatik, aus juristischer Sicht ein. Dabei zeigte er die Angreifbarkeit sowohl von Funksystemen als auch von kabelgebundener Technik auf. Als Gegenmaßnahmen nannte er Authentifizierung, Verschlüsselung zur Verhinderung einer detaillierten Profilbildung und Verschleierung zur Vortäuschung von Aktivität in Phasen der Inaktivität (eines Gebäudes, etwa bei Abwesenheit von Personen). Letztere bedeute allerdings einen Mehraufwand an Energie.
Jens Benken, Theben AG, stellte den aktuellen Zeitplan für die Einführung von „Smart Metering Gateways“ ein. 2016 sei nun mit einer Startphase zu rechnen, die in mehreren Stufen in den nächsten Jahren greifen soll.
Prof. Henning Balck, IPS – Institut für Projektmethodik und Systemdienstleistungen in Heidelberg, vertiefte das Thema des Lebenszyklusansatzes eines Gebäudes. Es sei bei der Planung zu beachten, welche Folgekosten die eingesetzten Produkte haben. Dabei gab er den anwesenden Planern den Rat, weiterhin konventionell auszuschreiben, aber genauer als bisher zu wissen, welche Eigenschaften die geplanten Produkte haben.
Im Abschlussvortrag ging Dr. -Ing. Michael Krause, Fraunhofer IBP, einen Ausblick auf das Projekt „Morgenstadt: City Insight“ und stellte das NuOffice in München als konkretes Beispiel vor.
Bei den Vorträgen würde deutlich, dass sich Energieströme und Gebäudetechnik nicht mehr voneinander trennen lassen. Vielmehr beeinflussen sich elektrische und thermische Energieströme in Energiewirtschaft und Gebäude im Rahmen der Energiewende gegenseitig und müssen daher auch gemeinsam betrachtet werden.
Diesem Trend stellt sich die Hochschule Biberach und bietet mit dem Studiengang Bachelor-Energie-Ingenieurwesen an, der aus den bisher eigenständigen Studiengängen Gebäudeklimatik und Energiesysteme entstanden ist. Nach dem Grundstudium bieten die Hochschule die beiden Schwerpunkte Energiesysteme und Gebäudesysteme an. Darauf aufbauend folgt ein Masterangebot Energie- und Gebäudesysteme, der mit dem Master of Science abgeschlossen werden kann.