Verkaufen für Ingenieure
Darum geht es im VertriebIch bin der festen Überzeugung: Jeder ist im Vertrieb! Auch Ingenieure. Warum sehe ich das so? Welche Vorteile sehe ich für jeden Einzelnen? Und was verstehe ich eigentlich genau unter „Verkaufen“? Auf all dies und noch viel mehr werde ich in diesem Artikel eingehen.
Es ist vollkommen egal, ob Sie am Empfang sitzen, Technischer Zeichner sind, als Projektingenieur oder -leiter, in der Geschäftsleitung oder im Sekretariat arbeiten. Jeder kann verkaufen und sollte dieses Können auch verstärkt nutzen. Sie müssen sich nur trauen, an Ihre Fähigkeiten glauben und, wie in jedem Beruf, mit der Zeit immer noch etwas dazulernen.
Denken Sie sich beim Lesen dieser Zeilen vielleicht: „Bitte nicht noch so ein Verkaufsartikel! Ich möchte doch gar nicht so ein arroganter Verkäufer werden, und das ganze ‚Tschaka‘ ist sowieso nicht meins.“ Haben Sie vielleicht eine innere Ablehnung gegen Vertriebler an sich, weil Sie hiermit den Zeitungsverkäufer einer Drückerkolonne bei Ihnen an der Haustür assoziieren?
Dann haben Sie ein vollkommen falsches Bild von einem professionellen Vertriebler – genau wie ich früher auch.
An dieser Stelle sollte vielleicht mal geklärt werden, was Verkaufen überhaupt ist und was dessen Bestandteile sind.
Genauso wie man sich zum Beispiel in einem Ingenieurstudium mit unterschiedlichsten Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie und so weiter beschäftigt, besteht „Verkaufen“ aus unterschiedlichen Facetten wie Kommunikation, Präsentation, Motivation, Prioritäten setzen, positives Denken und vieles mehr. Also alles Themen, die auch ein Ingenieur im Berufsalltag benötigt. Und wenn es auch nur im Mitarbeiter- oder Bewerbungsgespräch sein sollte.
Kommunikation
Die Kommunikation ist eines der elementaren Elemente in der Gesellschaft und vor allem in einer von Streitkultur geprägten Bauwirtschaft. Durch gezielte Kommunikationstechniken (Einwandbehandlung, Fragetechniken, Argumentationen usw.) lassen sich viele Streitigkeiten im Vorhinein vermeiden und wenn sie doch entstanden sind, zumindest friedlicher lösen.
Wesentlicher Bestandteil hierbei ist, den Kunden zu verstehen. Unter den Aspekten: Was will der Kunde? Wo liegen seine Schwerpunkte? Weshalb will er „es“?
Je besser ich die andere Person verstanden habe, um so gezielter kann ich eine Lösung erarbeiten. Zu Kunden zählen nicht nur Bauherren. Auch der Tragwerksplaner, der Architekt und alle weiteren Projektbeteiligten sind im Miteinander des Bauwesens letztendlich als „Kunden“ anzusehen. Gerade in der TGA kommt es nicht so selten vor, dass ich einen Architekten überzeugen muss, warum die Technikzentrale, der Schacht oder die abgehängte Decke so „viel“ Platz benötigen oder warum die geplante die beste Trassenführung ist. Mit den richtigen Techniken und vielen offenen Fragen kommt man deutlich einfacher zum Ziel und schafft es, seine Lösung zu „verkaufen“. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass, je konkreter die Argumente auf die Bedürfnisse des anderen, z.B. des Bauherrn, abgestimmt sind, dieser seine Entscheidung deutlich einfacher und schneller treffen kann.
Präsentation
Mit den richtigen Kommunikationstechniken an die Informationen heranzukommen, ist das eine, aber dann steht der Ingenieur vor der Herausforderung die Konzepte und Lösungen auch zu präsentieren und zu „verkaufen“. Wie heißt es so schön? Bilder sagen mehr als 1.000 Worte. Nur leider hat es der Architekt an dieser Stelle deutlich einfacher. Auch heute gilt bekanntlich noch die überwiegende Meinung, dass die beste Technik diejenige ist, die man nicht sieht. Es gibt wenige Gebäude, in denen die Gebäudetechnik gezielt als Gestaltungselement ins Konzept eingebunden wird. Wie also das Konzept mit schönen Bildern präsentieren, wenn es eigentlich versteckt ist?
Die ersten Überlegungen hierbei sind auf alle Fälle, ob und was man überhaupt präsentieren muss. Muss ich z.B. wirklich das gesamte Abwasserstrangschema in all seiner Komplexität erläutern? Interessiert das den Bauherrn? Benötigt er die Informationen, mit welchem Gefälle welches Rohr welches Schmutz- oder Regenwasser aus dem Gebäude führt? Oder benötigt er einfach nur das gute Gefühl, dass er mit Ihnen den richtigen, kompetenten Partner ausgewählt hat, dem er das Vertrauen schenken kann, dass Sie sein Projekt termingerecht und im Budget fertigstellen und schließlich alles technisch funktioniert?
Als Ingenieur neigt man manchmal dazu, komplexe Themen noch komplizierter erscheinen zu lassen. Soll das Ziel hiervon sein, dem Gesprächspartner seine Kompetenz zu zeigen? Gewinnt die andere Person dadurch wirklich Vertrauen, wenn ich ihn verwirre und langweile? Die wahre Kunst liegt darin, komplizierte Dinge einfach erscheinen zu lassen. Seien Sie besser souverän und kompetent in Ihrer Ausstrahlung und Argumentation.
Als letzten Punkt führe ich hier die Präsentation sämtlicher TGA-Konzepte für ein Projekt auf. Angefangen beim Energiekonzept bis hin zu den einzelnen Versorgungskonzepten. Nur weil diese Bestandteile der HOAI sind, heißt das noch lange nicht, dass sie auch vollumfänglich präsentiert werden müssen. Was soll der Auftraggeber mit all diesen Informationen? Möchte man ihm hiermit die Entscheidung selbst überlassen? Dient es der „Absicherung“ für eventuell auftretende Unzufriedenheiten? Oder entsteht dies aus der Unsicherheit heraus, dass man sich nicht zu 100 % sicher ist, wie sich der Kunde entscheiden wird?
Gerade der letzte Punkt ist ein Indiz dafür, dass die unter Kommunikation beschriebenen Informationen über den Bauherrn nicht umfänglich erfasst wurden. Bei jedem Entscheidungspunkt, bei dem sich der Ingenieur nicht sicher ist, fehlt ihm letztendlich das Verständnis über den Auftraggeber.
Auch hier gilt: Der Ingenieur ist die fachliche Vertrauensperson des Kunden und wenn er dessen Bedürfnisse vollumfänglich verstanden hat, kann er sämtliche Entscheidungen für ihn treffen und somit kompetent beraten.
Dementsprechend muss auch nur diese Variante mit Bezug auf die Bedürfnisse des Bauherrn präsentiert werden. Auf die anderen Studien reicht ein souveräner Verweis, dass diese untersucht wurden und sich im Anhang befinden.
Der Ingenieur als Akquisiteur
Es gibt noch viele weitere Aspekte beim Verkaufen, worauf ich gerne in einem weiteren Beitrag in einer der kommenden Ausgaben der tab eingehen werde.
Zum Ende gehe ich noch auf einen für mich wesentlichen Punkt ein: Denken Sie immer daran – jeder Mitarbeiter ist das „Schaufenster“ des Unternehmens. Gerade ein Ingenieurbüro ist kein Ladengeschäft, das Produkte verkauft. Ihre Ware ist Ihre Dienstleistung, und das, was der Kunde von Ihnen sieht, sind Sie, Ihr Auftreten, Ihre Kleidung, Ihr professioneller Umgang und wie Sie sich pflegen. Jeder einzelne Mitarbeiter repräsentiert das Unternehmen. Da Sie wahrscheinlich auch hin und wieder Kunden bei sich im Haus haben, gehört natürlich auch der Arbeitsplatz dazu. Auch hier gilt wieder, einen Architekten und ein Unternehmen zähle ich auch zu den Kunden. Wie wollen Sie einen kompetenten Eindruck hinterlassen, wenn es am Arbeitsplatz chaotisch zugeht?
Seien Sie sich daher der Verantwortung bewusst. Mit dem Gesamteindruck, den Sie hinterlassen, unterstützen Sie die Geschäftsleitung bei der Akquisition von neuen Aufträgen und tragen entscheidend zum Unternehmenserfolg bei.
Fünf Tipps für die Praxis
1. Verstehen Sie die Bedürfnisse des Kunden.
2. Präsentieren Sie nur die Inhalte,
die den Kunden interessieren.
3. Verwenden Sie einfache und selbsterklärende Grafiken.
4. Treten Sie stets so auf, dass Sie sich in einem
„Schaufenster“ wohl fühlen würden.
5. Nutzen Sie den Small Talk, um mögliche weitere
Aufträge in Erfahrung zu bringen.