Warteschleife und Wandel für Baubranche
Förderprogramme warten auf Start, wirtschaftliche und technische Entwicklungen fordern schnellere Anpassungen im BausektorDie Baubranche hat sich schon immer in einem kontinuierlichen Wandel befunden, aufgrund von wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen. Doch seit dem Jahr 2020 unterliegt die Branche härteren Anforderungen wie selten zuvor. Die Ursachen dafür sind vielfältig: zum einen aufgrund der wirtschaftlichen Nachwirkungen durch die Corona-Pandemie und zum anderen mittels der durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Zinsen sowie der höheren Kosten für Baumaterialien und Energie. Darüber hinaus hat dann noch der politische Wirbel rund um das Gebäudeenergiegesetz im vergangenen Jahr Auftraggeber verunsichert und so viele Bauvorhaben in eine Warteschleife versetzt. Last but not least gab es dann noch zum vergangenen Jahresende ein von der Bundesregierung fahrlässig verursachtes Eigentor mit kaum beschreibbaren Auswirkungen. Die Rede ist vom verfassungswidrigem Klimaschutz- und Transformationsfonds, der durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts um geplante 60 Mrd. Euro erleichtert wurde, sodass letztlich Förderprogramme und die Durchführung von Projekten zum Erliegen kamen.
Markus Münzfeld,
Chefredakteur tab.
Auch im technischen Bereich gibt es u. a. eine Entwicklung, die den Wandel in der Baubranche derzeit verstärkt beschleunigt: Künstliche Intelligenz – kurz KI. Anwendungen stehen hier schon zur Verfügung. Und wie nützlich dies vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen sein kann, hat das vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierte Projekt „Smart Design and Construction (SDaC)“ 1) aufgezeigt. Dabei sind bspw. neun KI-Demonstratoren entstanden, die bei der Bauplanung und -realisierung unterstützen sollen. Die Anwendungsbeispiele sind für Interessierte einsehbar und lassen sich testen, um die Mehrwerte von KI zu erleben. Einige dieser Ansätze werden zudem in einem Folgeprojekt für „Nachhaltige intelligente Sanierungsmaßnahmen (NaiS)“ 2) weiterentwickelt. Nebenbei: Die Projektbeteiligten in „SDaC“ haben eine Übersicht von rund 230 Softwareunternehmen erstellt, die sich mit KI für die Bauwirtschaft befassen. Und dass das Thema KI sich zu einer festen Größe entwickelt, zeigt auch eine Ankündigung von Microsoft: Das Unternehmen revolutioniert die Windows-Tastatur und führt eine KI-Taste ein, die Voraussicht bereits ab Ende Februar im Handel erhältlich sein wird.
Der Bausektor steht damit vor der Herausforderung, Lösungen für diese nicht leichten Bedingungen zu finden. Welche Strategien Unternehmen zukünftig umsetzen wollen, das hat unlängst eine Befragung von Autodesk bei über 400 Bauleitern zum Ergebnis gebracht.3) Darin wurden die Fachkräfte aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden zu der aktuellen Situation in der Baubranche befragt. Das Ergebnis zeigt: Technologie ist die größte Investitionspriorität für Unternehmen in den nächsten zwei Jahren (29 %), wobei hierzulande 40 % der Unternehmen Investitionen in externe Fertigung und 30 % in KI-Anwendungen planen. Die befragten Fachleute glauben, dass sich die Schlüsselkompetenzen im Baugewerbe u. a. in Richtung virtuelle Realität (26 %) und Datennutzung für den Anlagenbetrieb (23 %) verschieben werden.
Zurück zur aktuellen Bausituation: Mittlerweile wurde der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr geklärt und die zentralen Förderprogramme im Bereich Wärmewende bleiben erhalten. Die Beantragungen der verschiedenen Förderungen sind voraussichtlich ab Ende Februar wieder möglich. Dies gilt auch für die Förderung „Klimafreundlicher Neubau“ und zusätzlich mit „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“. Ob diese Maßnahmen für die Baubranche dann ausreichen, um sich aus der Warteschleife befreien zu können, bleibt abzuwarten. Ein Lösungsansatz für zeitsparendes und effizientes Bauen wird zudem die industrielle Vorfertigung mit sich bringen. Dieses und weitere Themen greifen wir in der vorliegenden und nächsten Ausgabe der tab aus verschiedenen Blickwickeln der TGA-Planung und -Ausführung auf.
Ihr tab-Chefredakteur,
Markus Münzfeld