Transformation des Netzausbaus im Vergleich

Analyse: Zukünftige Nutzungskosten für Wasserstoff deutlich geringer als für Strom

Zukünftige Netznutzungskosten für Wasserstoff sind erheblich geringer als jene Gebühren für das Stromnetz, die Nutzer an die Betreiber solcher Infrastrukturen zahlen müssten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) an das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI), dem Gastechnologischen Institut gGmbH und der ef.Ruhr GmbH durchgeführt wurde. „Der Blick auf sogenannte Vorzugsregionen, die entweder Gas- oder Stromnetzausbau erfahren, lässt eine Indikation zu, wonach die Kosten für die Nutzung von Wasserstoff im Wettbewerb zu Aufwendungen für ein rein mit Strom betriebenes Versorgungsnetz deutlich geringer wären“, sagt Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW.

Nach Berechnungen des EWI liegen die Netzinvestitionen für Wasserstoff mit 24 Mrd. Euro und Strom mit rund 730 Mrd. deutlich auseinander.
Bild: EWI

Nach Berechnungen des EWI liegen die Netzinvestitionen für Wasserstoff mit 24 Mrd. Euro und Strom mit rund 730 Mrd. deutlich auseinander.
Bild: EWI
Der Analyse zugrunde gelegt war ein modellbasiertes Szenario, in dem Netze für Wasserstoff und Strom isoliert und unabhängig voneinander betrachtet wurden. Berechnet wurden der Netzausbaubedarf bis 2045 in Deutschland und pro Bundesland für Strom und Wasserstoff sowie die daraus resultierenden Transformationskosten. Netznutzungskosten für Wasserstoff wurden unter der Annahme errechnet, dass zwei Drittel (9,2 Mio.) der heutigen Hausanschlüsse (13,7 Mio.) für Haushalte und den Gewerbe-Handel-Dienstleistungssektor bestehen bleiben. Die Berechnung der Netznutzungskosten für Strom erfolgte gemäß Netzentwicklungsplan 2023, in dem die heutigen Hausanschlüsse nahezu vollständig elektrifiziert bzw. mit Wärmenetzen versorgt werden.

Netzinvestitionen für Wasserstoff: 24 Mrd. Euro Gesamtkosten

Basierend auf dem Antragsentwurf zum H₂-Kernnetz der Fernnetzbetreiber (FNBs) vom 15.11.2023 ergeben sich für den Aufbau des H₂-Kernnetz bis zum Jahr 2032 Investitionskosten in Höhe von 19,8 Mrd. Euro. Darüber hinaus fallen für die Ertüchtigung der bestehenden Gasverteilnetze für den Betrieb mit Wasserstoff weitere 4 Mrd. Euro bis 2045 an. Werden die Kosten für die planmäßige Instandhaltung des bestehenden Erdgasverteilnetzes berücksichtigt, welches zukünftig größtenteils für den Betrieb mit Wasserstoff verwendet werden könnten, fallen weitere 43 Mrd. Euro bis zum Jahr 2045 an.

In einem angenommenen „DVGW-Szenario 2045“ würden sich Transformationskosten für Wasserstoff wie folgt darstellen: Unter Einbeziehung der Aufwendungen, bestehend aus Kapital- und Betriebskosten für das Kern- und Verteilnetz sowie Kapitalkosten für die Restwerte umgewidmeter Assets im Kern- und Verteilnetz, würden sich jährliche Vollkosten des Wasserstoffnetzes in Höhe von rund 6 bis 9 Mrd. Euro ergeben, abhängig von den Zinsen an den Kapitalmärkten. Bei der Annahme eines Referenzzinses sind jährliche Investitionen von rund 7,3 Mrd. Euro notwendig. Mit den beschriebenen Maßnahmen steht eine Infrastruktur zur Verfügung, die laut DVGW über 9 Mio. Haushalte, Gewerbekunden und Gaskraftwerke mit Wasserstoff versorgen kann.

Netzinvestitionen für Strom: Rund 730 Mrd. Euro Gesamtkosten

Im Vergleich dazu wurden die Transformationskosten für Strom ermittelt. „Die Elektrifizierung wird eine der maßgeblichen Säulen im Energiesystem sein. Neben dem Übertragungsnetz kommt den Verteilnetzen eine Schlüsselrolle zu. Für die Umsetzung der Klimaneutralität zum Jahr 2045 ist dabei nicht nur der Bereich Wärme, sondern sind auch die Bereiche Mobilität und insbesondere dezentrale Erzeugung zwingend zusammenzudenken“, sagt Dr.-Ing. Marco Greve, Geschäftsführer der ef.Ruhr GmbH. Zur Abschätzung des Netzausbaubedarfs im Verteilnetz wurde die zukünftige Zubauleistung auf das Betrachtungsgebiet verteilt und die notwendige Netzinfrastruktur bestimmt. Daraus ergibt sich eine Anzahl an zusätzlichen Leitungskilometern und Transformatoren, welche entsprechend bepreist eine indikative Abschätzung der Netzausbaukosten ermöglichen soll. Für Deutschland wurde so ein Netzausbaubedarf über alle Netze und Bundesländer hinweg von rund 730 Mrd. Euro ermittelt – darin enthalten sind die für das Übertragungsnetz innerhalb des Netzentwicklungsplans veröffentlichten Netzausbaukosten in Höhe von 301 Mrd. Euro. Allein im Verteilnetz würde dies einen jährlichen Investitionsbedarf von 20 Mrd. Euro bedeuten, was einer Vervierfachung der Ausgaben im Jahr 2022 entspräche.

Nach Berechnungen des EWI führt der höhere Investitionsbedarf im Jahr 2045 zu einem Anstieg der Netznutzungsentgelte über alle Verbrauchergruppen – Industrie, Gewerbe und Haushalte – hinweg. Andreas Schick, Geschäftsführer Netze-Gesellschaft Südwest und Landesbotschafter Baden-Württemberg H2vorOrt: „Es geht nicht um Wasserstoff oder Strom. Zu Erreichung der Klimaziele werden wir beides in erheblichem Umfang benötigen. Aber angesichts der zu erwartenden hohen Kosten ist es dringend erforderlich, keine Wege zu verschließen, sondern vorhandene Infrastruktur zu nutzen und sektorübergreifend zu denken und zu handeln.“

Die Analyse des EWI lässt sich auf der Webseite des Auftraggebers DVGW finden.

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