Bauwirtschaft: Nachhaltigkeit als größte Herausforderung

Aktuelle Branchenstudie der Managementberatung Horváth


Bild: Clipdealer

Bild: Clipdealer
Die nachhaltige Geschäftsausrichtung hat für die Bauwirtschaft höchste strategische Priorität, wie eine aktuelle Studie zeigt. 68 % halten ein ganzheitliches Nachhaltigkeits-konzept für sehr wichtig, weitere 32 % für wichtig. Damit landet Sustainability bei Unternehmen aus Building / Construction mit Abstand auf dem ersten Platz der wichtigsten strategischen Themen. Branchenübergreifend landet das Thema erst an dritter Stelle. Doch die Bauunternehmen kommen in der Bearbeitung ihres Topthemas nicht voran, weil im Geschäftsalltag Probleme wie Preiserhöhungen oder Fachkräftemangel drängender zu lösen sind.

Für das Gesamtjahr wird dennoch ein Umsatzwachstum von mehr als 6 % erwartet, für 2023 jedoch nur noch 4 %. „Auch wenn es einen Kraftakt bedeutet, sollten die Unternehmen strategisch wichtige Nachhaltigkeitsthemen wie den Bezug nachhaltiger Baustoffe oder die Kreislaufwirtschaft trotz akuter Baustellen jetzt angehen, sonst sucht sich der Wettbewerb die besten Partnerunternehmen und Fachkräfte in diesem strategischen Kernthema“, sagt Ralf Rauter, Studienleiter und Partner bei Horváth.

Krisenfolgen trüben die Geschäftsaussichten ein

Vor allem die Folgen des Ukraine-Kriegs treiben die Preise von Baumaterialien. 61 % der befragten Unternehmen geben einen sehr hohen Einfluss der gestiegenen Baupreise auf die Branche an. Weitere 22 % einen hohen Einfluss.

Die Nachfrage kann nicht befriedigt werden, neue Aufträge bleiben teils aus: Das statistische Bundesamt vermeldet einen Auftragsrückgang um real 16,4 % im April 2022 – der größte Rückgang seit 2012. Für das Gesamtjahr prognostiziert die Branche nur noch ein mageres Umsatzplus von 6,8 % im Vergleich zu 2021. Eine Entspannung der Lieferengpässe wird vorerst nicht erwartet, auch für 2023 wird nur eine vierprozentige Umsatzsteigerung erwartet. Damit liegt die Bauwirtschaft unter dem Branchendurchschnitt (2022: 8,1%, 2023: 6,6%).

Transformationen drohen auszubleiben oder zu stocken

Gefragt nach den Themen, die das Management gerade mit Hochdruck bearbeitet, nennen die Befragten wenig überraschend an erster Stelle die Bewältigung der Preissteigerungen, gefolgt von der Rekrutierung dringend benötigter Fachkräfte sowie einer resilienten Aufstellung von Lieferketten. Strategien zum Bezug nachhaltiger Materialien landen erst an vierter Stelle. Nur 37 % der Befragten räumen diesem Thema aktuell eine sehr hohe Relevanz ein. Ebenso wenige sagen dies in Bezug auf die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft (Cradle-to-Cradle) sowie die Optimierung der Energieeffizienz.

Dabei haben einige Bauunternehmen gar keine so schlechte Ausgangsposition, da sie bereits vor der Krise einen guten Teil ihrer „Hausaufgaben“ in Sachen nachhaltiger Aufstellung gemacht haben. So setzen bereits 34 % Maßnahmen aus einem entwickelten Nachhaltigkeitszielbild um. Branchenübergreifend sind es nur 29 %. Doch haben 44 % der Unternehmen aus Building & Construction noch gar kein Zielbild definiert.

Neben Nachhaltigkeitsthemen gerät auch die Digitalisierung in den Schatten der drängenden aktuellen Herausforderungen. Die Bedeutung von Gebäudeautomation etwa sank im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozentpunkte. Building Information Modelling, der cloudbasierte ganzheitliche Prozess für ein Bauprojekt, schafft es in diesem Jahr nur auf den achten Rang der Faktoren mit dem größten Einfluss auf die Branche. Ein Verlust von fünf Prozentpunkten zum Vorjahr. Nur 16 % halten dies noch für sehr wichtig. „Digitalisierung und Nachhaltigkeit treiben sich wechselseitig und sollten daher integriert bearbeitet werden“, betont Sauter.

Über die Befragung
Für die vorliegende Befragung wurde eine repräsentative Auswahl an 20 Vorstandsmitgliedern aus relevanten Unternehmen der Bauwirtschaft befragt. Mit den Teilnehmenden wurden intensive, qualitative Interviews geführt. Diese fanden im Rahmen der Horváth-Studie „CxO Priorities 2022“ statt, für die insgesamt 280 Topmanagerinnen und -manager befragt wurden. Die Interviews wurden hauptsächlich im Juni 2022 durchgeführt.
 

Thematisch passende Artikel:

Neue BauInfoConsult Branchenstudie

Zwei Bände zu den Trends der Bauwirtschaft

Mit der Marktstudie Jahresanalyse 2022/2023 von BauInfoConsult ist die sechzehnte Ausgabe der Branchenstudie für die Bauwirtschaft erschienen. In dem Band „Kennzahlen & Perspektiven 2022/2023“...

mehr

Bauwirtschaft unter Druck

Inflation und hohe Zinsen, Ressourcenknappheit und Klimakrise: Die aktuellen Krisen haben deutliche Auswirkungen auf die Geschäftsaktivitäten in der Bauwirtschaft. Jedes zweite befragte Unternehmen...

mehr

Viele Bauunternehmen rechnen 2024 mit Umsatzsteigerungen

Die derzeitigen Schwierigkeiten der Baubranche sind bekannt: Hohe Baukosten und erhebliche Investitionshürden dämpfen die Neubaunachfrage. Im Bestand führt das von vielen kritisierte...

mehr
Ausgabe 04/2010

Wirtschaftliche Lage in Bauwirtschaft und HKS-Branche

Dieses Jahr ist nach Auffassung der Wirtschaftsforscher lediglich mit einer verhaltenen Erholung der weltweiten Konjunktur zu rechnen. In Deutschland deuten die Konjunkturindikatoren auf eine leichte...

mehr
Ausgabe 03/2014 Gute Aussichten für die Gebäudetechnik

Wachstum in Bauwirtschaft, Gebäudetechnik- und HKS-Branche

Das Jahr 2014 beginnt mit guten Prognosen für die Bauwirtschaft und damit auch für die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) und HKS-Branche (Heizung/Klima/Sanitär). So erwartet das Deutsche...

mehr