Effizienzsteigerung durch Gleichstrom
Forschungsprojekt weist 10 % Einsparpotenziale durch Umstellung von Wechsel- auf Gleichstrom nachDie Paul Vahle GmbH & Co. KG hat das Gemeinschaftsforschungsprojekt „effiDCent“, das durch den Einsatz von Gleichstrom anstelle von Wechselstrom eine Steigerung der Energieeffizienz zum Ziel hatte, abgeschlossen. Die Umstellung bei industriellen Anwendungen erwirke demnach eine Energieeffizienzsteigerung von mehr als 10 %. Gleichzeitig sei der Ressourcenaufwand für die Herstellung gleichstrombasierter Stromschienen gegenüber herkömmlichen Systemen niedriger. So sinke der Kupferbedarf um bis zu 50 %.
Die Energiewende sei ein entscheidender Baustein für die Transformation der Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit, führt Achim Dries, CEO der Vahle Group, aus: „Und genau in diese Richtung zielen wir mit dem Forschungsprojekt „effiDCent“, mit dem wir im Ergebnis nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der industriellen Stromversorgung einläuten.“ Die Namensgebung des Vorhabens basiert auf einer Kombination von „effizient“ und dem Kürzel „DC“, das für Gleichstrom steht.
Gemeinsam mit der Technischen Universität Dortmund, der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), der Condensator Dominit GmbH sowie der E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH forschte das Kamener Technologieunternehmen seit 2019 an einer effizienteren Energieübertragung mittels einer gleichstrombasierten Stromschiene. Vahle agierte dabei als Konsortialführer. Ziel war die Entwicklung eines gleichstromgespeisten Systems für mobile Industrieanwendungen, das aus einem hocheffizienten Gleichrichter, der Stromschiene, intelligenten Energiespeichern zur Rekuperation sowie Sicherheitseinrichtungen besteht. Damit soll sich die Energieeffizienz in Fertigungs- und Produktionsstraßen signifikant steigern lassen. Weiterhin soll es netzbedingte Produktionsstillstände minimieren. Mit der Einbindung der intelligenten Energiespeicher und an der Strecke verteilter Pufferkondensatoren beschritten die Projektpartner technisches Neuland.
Auch Material lässt sich einsparen
Die Umstellung von Wechsel- auf Gleichspannung erlaubt einerseits eine deutliche Reduzierung des eingesetzten Materials und verspricht andererseits hohe Energieeinsparungen. Im Gegensatz zu Wechselstrom fällt der Leistungsfaktor der Motoren beziehungsweise der Wechselrichter nicht ins Gewicht, sodass die Strombelastung der Leitung erheblich geringer ist. Entsprechend lässt sich der Kupferbedarf einer Stromschiene neben der Einsparung eines Pols auch durch Verringerung des Querschnitts erheblich reduzieren.
Für die Industrie sei laut Dries der Wechsel auf die DC-Technologie ein großer Schritt in Richtung CO2-neutraler Industrieproduktion. Bislang wird dort aufgrund der standardmäßig verwendeten Drei-Phasen-400-Volt-Wechselspannung für jedes Fahrzeug ein eigener Gleichrichter benötigt, der durch eine zentrale DC-Versorgung entfällt. Durch den Wegfall des Gleichrichters wird eine verlustbehaftete Komponente im Gesamtsystem eingespart, das wirkt sich positiv auf den Gesamtwirkungsgrad und damit auf den Energieverbrauch aus.
Darüber hinaus habe die DC-Technologie zahlreiche weitere Vorteile, die helfen, ein modernes und intelligentes, industrielles Stromversorgungsnetz zu errichten. Beispielsweise können Systeme zur Erzeugung und Speicherung von Energie wie Photovoltaikanlagen und Batterien problemlos eingebunden werden, da diese grundsätzlich mit Gleichspannung arbeiten. Bremsenergie kann direkt gespeichert und ohne verlustbehaftete Umwandlung in Wechselstrom voll genutzt werden. Ein weiterer Pluspunkt ist die durch den Speichereinsatz gegebene hohe Systemverfügbarkeit: Durch Pufferbatterien ist ein unterbrechungsfreier Weiterbetrieb von DC-Anlagen möglich. Damit kann auf aufwändige, unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) verzichtet werden. Auch fallen Zusatzinvestitionen zur Netzfilterung und Kompensation weg. Eingebaute intelligente Energiespeicher fangen Lastspitzen, die durch Beschleunigungsprozesse auftreten, ab, sodass die elektrische Anschlussleistung geringer ausfallen kann und damit die AC-Netze entlastet werden.
Eine Teststrecke mit 80 m Länge
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde eine 80 m lange DC-Testanlage parallel zu einer bestehenden AC-Anlage in Betrieb genommen. Bei Verwendung von Gleichstrom konnte eine Energieeinsparung von mehr als 10 % nachgewiesen werden. Vahle war neben der Konsortialführung für die Systemauslegung, die Simulation sowie den Aufbau der Versuchsanlage verantwortlich. Die TH OWL übernahm die Errichtung des hocheffizienten Einspeisers, mit einem gegenüber einem Standardgleichrichter um 35 bis 40 % höheren Leistungsfaktor.
Für die Erforschung des intelligenten Energiespeichers zur Aufnahme der Bremsenergie ist die TU Dortmund verantwortlich. Durch die Nutzung der Bremsenergie mittels intelligenter Speicher steigt der Wirkungsgrad des Gesamtsystems. Möglich wurde das durch den Einsatz von effizienten Energiespeichern, sogenannten Ultracaps, die die Bremsenergie kurzfristig speichern und anschließend geregelt wieder abgeben können. Das sichere Einschalten von Gleichstromanlagen gestaltet sich aufgrund hoher Einschaltströme aufwändig. Daher wurde ein auf Gleichstromanwendungen zugeschnittenes Schutz- und Vorladekonzept mit der E-T-A Elektronische Apparate GmbH entwickelt.
Treiber der industriellen Revolution
Im Jahr 1912 entwickelt Paul Vahle, damals bei der Dortmunder Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG beschäftigt, die erste Kupferstromschiene der Welt. Seine Erfindung, die auch einen Beitrag zur industriellen Revolution geleistet hat, meldet er als Patent an und gründet am 9. April sein eigenes Unternehmen. Das Bild von ihm stammt aus dem gleichen Jahr.