Energieverbrauch bei Pumpen reduzieren
Komplexe Regelstrategie holt noch einmal 20 % raus
Moderne Umwälzpumpen verfügen über einen Frequenzumrichter, mit dem sich die Pumpendrehzahl in Abhängigkeit des aktuell vorliegenden Förderbedarfs justieren lässt. Die Einstellung erfolgt anhand von Regelkurven. Die Regeleinheit der Pumpe erkennt dabei anhand eines Schätzalgorithmus ihren vorliegenden Förderstrom und ihre aktuelle Förderhöhe. Sie stellt die Motordrehzahl so ein, dass sich der Betriebspunkt entlang der jeweiligen Regelkurve bewegt. Bild 1 zeigt exemplarisch eine Heizungsumwälzpumpe „Calio“ von KSB, mit der die folgenden Untersuchungen durchgeführt wurden. Bild 2 zeigt die Regelkurven für drei unterschiedliche Betriebsarten:
Konstantdruckregelung: Die Pumpe regelt die Drehzahl unabhängig vom Förderstrom so, dass immer eine konstante Förderhöhe vorliegt. Die Förderhöhe ist ein branchenübliches Maß zur Beschreibung des von der Pumpe erzeugten Differenzdrucks.
Proportionaldruckregelung: Die Förderhöhe wird entlang einer Geraden proportional zum Förderstrom eingestellt.
Eco-Mode-Regelung: Das Regelverhalten ist ähnlich, wie bei der Proportionaldruckregelung. Die Regelkurve beschreibt allerdings eine Parabel (quadratische Funktion).
Die Steigung und den Endwert der jeweiligen Regelkurven stellt der Anwender selbst ein. Dabei sollte die Regelkurve immer dicht über der minimalen Anlagenkennlinie liegen. Diese beschreibt den Rohrleitungswiderstand, wenn alle Thermostatventile vollständig geöffnet sind. Liegt die Regelkurve unter der minimalen Anlagenkennlinie, so werden die Heizkörper den Raum nicht ausreichend mit Wärme versorgen. Liegt sie deutlich über der minimalen Anlagenkennlinie, so schließen die Thermostatventile und die Pumpe verbraucht mehr Energie, als eigentlich erforderlich wäre. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Anwender die minimale Anlagenkennlinie in der Regel nicht kennt.
Forschung für ein neues Regelkonzept
Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat der Pumpenhersteller KSB die so genannte „Dynamic Control-Funktion“ entwickelt. Mit deren Hilfe erkennt die Regeleinheit der Pumpe, wenn die aktuell gewählte Regelkurve über der minimalen Anlagenkennlinie liegt. Mit dem Wissen, dass die Regelkurve über der minimalen Anlagenkennlinie liegt, kann die Pumpe die Regelkurve nach unten verschieben, wodurch automatisch die Leistungsaufnahme reduziert wird – schematisch dargestellt in Bild 3.
Sobald die minimale Anlagenkennlinie erreicht ist, schaltet die Pumpe zurück auf eine höhere Regelkurve, um ausreichende Versorgung sicherzustellen. Dadurch lässt sich Energie sparen, ohne negative Auswirkungen auf die Versorgung des Gebäudes. Die Funktionsweise von „Dynamic Control“ wird anhand von Bild 4 detailliert beschrieben.
Nach dem Einschalten der Pumpe (t0) wird zunächst eine klassische statische Regelkurve eingesetzt (wie in Bild 2 beschrieben). Gleichzeitig bestimmt die Regeleinheit der Pumpe den aktuellen Förderstrom und prüft, ob dieser innerhalb von konstanten Grenzen verbleibt (konstant bedeutet, der Förderstrom bewegt sich innerhalb der Grenzen Qtolearance wie in Bild 4a dargestellt). Wenn der Förderstrom für eine bestimmte Dauer (Bild 4a, delay Time) konstant geblieben ist, wird der Betriebspunkt als „stabil“ bezeichnet (t1). Ist dies der Fall, beginnt die Pumpe, sehr langsam, aber permanent ihre Drehzahl abzusenken (Bild 4b). Als Folge dessen werden die Thermostatventile öffnen (vergl. Bild 4c) und somit die Raumtemperatur konstant halten, obwohl die Drehzahl der Pumpe absinkt. Sobald die Thermostatventile vollständig geöffnet sind (t2), wird die Durchflussmenge abnehmen und die Grenzen Qtolearance werden gerissen (t3). Nach dem Reißen der Grenzen schaltet der Algorithmus zurück auf die statische Regelkurve und die Drehzahl erhöht sich auf ihren ursprünglichen Wert. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass im Raum keine Unterversorgung auftreten kann.
In Bild 5 wird derselbe Algorithmus im Förderstrom/Förderhöhen-Diagramm dargestellt. Dieses zeigt in grau (durchgezogene Linien) das Verhalten der „Dynamic Control-Funktion“. Ferner wird der gleiche Ablauf, wie in Bild 4 dargestellt, allerdings nicht als zeitliche Abfolge, sondern im Förderstrom/Förderhöhen Diagramm. Der Algorithmus startet in Punkt 1. Solange der Durchfluss innerhalb der Grenzen Qtolerance bleibt, werden die Drehzahl und dadurch auch die Förderhöhe reduziert. Da gleichzeitig die Thermostatventile öffnen, bleibt der Förderstrom konstant, bis die Thermostatventile vollständig geöffnet sind. Ein weiteres Absinken der Drehzahl und dadurch der Förderhöhe kann jetzt nicht mehr durch die Thermostatventile ausgeglichen werden, sodass der Förderstrom ebenfalls absinkt, Punkt 2. Sobald die Grenzen Qtolerance gerissen werden, schaltet der Algorithmus zurück zur statischen Regelkurve (Punkt 3) und das Verfahren beginnt von vorn.
Festlegen von Parametern für die Regelfunktion
Das Verhalten der Funktion „Dynamic Control“ wird anhand der folgenden drei Parameter festgelegt:
Delay Time [s]: Legt die Dauer fest, wie lange statisches Verhalten vorliegen muss, bevor „Dynamic Control“ beginnt die Drehzahl abzusenken.
Qtolerance [%]: Bleibt der Förderstrom innerhalb der hier festgelegten Grenzen, so wird stationäres Verhalten angenommen.
lowering Dynamic [m/h]: Wenn „Dynamic Control“ die Drehzahl absenkt, dann erfolgt dies über die Regelung der Sollförderhöhe. Diese soll jede Stunde um den hier eingestellten Wert reduziert werden.
Um günstige Parameter zu finden, führten die Entwickler einen Feldtest in einem dreistöckigen Bürogebäude am Firmensitz in Frankenthal durch. Versorgt wurde das Gebäude von einer „Calio-Pumpe“ mit einer maximalen Motorleistung von 175 W. Dabei wurden über einen längeren Zeitraum die Förderströme und Förderhöhen aufgezeichnet. Bild 6 zeigt den Verlauf der Förderströme über der Uhrzeit
Der Kessel verfügt über eine Nachtabsenkung: von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr befindet er sich im Tagmodus und von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr im Nachtmodus. Während der Kessel die Medientemperatur im Nachtmodus reduziert, kühlen die Räume aus und die Thermostatventile der Heizkörper öffnen sich. Die Folge sind höhere Volumenströme während des Nachtbetriebs, was deutlich im Diagramm erkennbar ist. Gegen 08.00 Uhr treffen typischerweise die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz ein. Ein längeres Öffnen der Eingangstüren sowie das Öffnen der Fenster zum Lüften führen zu erhöhtem Heizbedarf und somit zu erhöhten Volumenströmen. Dieser Effekt ist ebenfalls an den Verläufen zu erkennen. Weiterhin ist erkennbar, dass tendenziell die Volumenströme über den Tagesverlauf leicht abnehmen, was mit dem Verlauf der Sonneneinstrahlung erklärt werden kann. Aus diesen Diagrammverläufen können die Parameter für die Funktion „Dynamic Control“ abgeleitet werden.
Qtolerance: Das Diagramm in Bild 6 zeigt, dass der aufgezeichnete Volumenstrom bei stabilem Betriebspunkt innerhalb der Grenzen von +- 10 % bleibt. Um etwas Sicherheitsreserve einzubeziehen, wird daher der Wert Qtolerance zu 15 % festgelegt. Bei dieser Annahme stellt sich ein konstanter Betriebspunkt für bis zu fünf Stunden ein.
Lowering Dynamic: Bei der Absenkdynamik ist es relevant, dass die Drehzahl so langsam abgesenkt wird, dass die Thermostatventile schneller öffnen und somit die Raumtemperatur konstant halten. Die Dynamik der Ventile lässt sich sehr gut an der Stelle ableiten, an der der Kessel vom Nacht- in den Tagmodus schaltet. Um 06.00 Uhr morgens fährt der Kessel die Medientemperatur hoch. Gegen 07.30 Uhr erreicht der Förderstrom sein Tagniveau. Das bedeutet, die Thermostatventile benötigen etwa 1,5 h, um auf ein Ereignis zu reagieren.
Genaue Betrachtung zu den Förderstromgrenzen
In dem angenommenen Szenario beträgt der mittlere Förderstrom Q = 2 m3/h. Die festgelegte Toleranz Qtolerance von 15 % führt dazu, dass der Förderstrom um 0,3 m3/h auf 1,7 m3/h absinken darf, ohne dass das Toleranzband Qtolerance gerissen wird. Die Förderhöhe beträgt in diesem Beispiel 7 m. Ein Absinken des Förderstroms um 0,3 m3/h würde ohne Korrektur durch die Thermostatventile zu einem Absinken der Förderhöhe auf 6,45 m führen. Dies lässt sich mithilfe der Affinitätsgesetzte für Kreiselpumpen abschätzen. Damit die Thermostatventile korrigieren können, darf die Förderhöhe nicht mehr als 0,55 m in 1,5 h absinken. Dies entspricht einem Wert für die lowering Dynamic von maximal 0,37 m/h.
Bei dieser Betrachtung wurden die Parameter derart ausgewählt, dass der Förderstrom seine erlaubten Grenzen voll ausnutzt. In der Praxis wäre es allerdings wünschenswert, wenn der Förderstrom gar nicht absinkt und die Thermostatventile ihn konstant halten. Daher wird die Absenkdynamik um den Faktor 6 reduziert, also auf 0,06 m/h.
Der Zusammenhang zwischen der Reaktion des Thermostatventils auf einen sich ändernden Förderstrom kann als Tiefpass erster Ordnung angenähert werden. Nach einer Faustregel hat ein Tiefpass erster Ordnung nach etwa 6t seinen Endwert erreicht. Dabei stellt t die Zeitkonstante des Tiefpasses erster Ordnung dar.
Es stellte sich heraus, dass die Thermostatventile etwa 1,5 h benötigen, um auf ein Ereignis zu reagieren. Die Absenkung der Drehzahl sollte also erst erfolgen, wenn die Ventile einen eingeschwungenen Zustand eingenommen haben. Um etwas Sicherheitsreserve zu haben, wird daher der Wert lowering Delay auf 2 h festgelegt.
Ausblick
Die Berücksichtigung des Regelverhaltens von Thermostatventilen im Regelsystem einer Heizungsumwälzpumpe eröffnet zusätzliche Einsparpotenziale in Heizkreisläufen, ohne die Versorgungssicherheit mit Wärme in einem Gebäude zu gefährden. Weitere Feldtests mit diesem Verfahren an der Uni Rostock erbrachten eine maximale Reduktion der elektrischen Leistungsaufnahme um 21 %. Ein weiterer Effekt ist eine im Mittel niedrigere Rücklauftemperatur. Die Ergebnisse führten zu einer Weiterentwicklung von „Dynamic Control“, die auch zum Patent angemeldet sind.