KI als Treiber digitaler Transformation
Baubranche 4.0: Neue Aufgaben im PlanungsbüroKünstliche Intelligenz (KI) soll als Teil der Digitalisierung das Bauwesen transformieren, Planungs- und Bauprozesse verbessern und die Effizienz im Planungsbüro steigern – in Anlehnung an die vierte industrielle Revolution zur Baubranche 4.0. Trotz der Vorteile birgt der Einsatz von KI auch Herausforderungen, die durch kompetenten Umgang und verantwortungsvolle Integration von Ingenieuren gemeistert werden müssen.
Ingenieure prägen unsere Zukunft, indem sie Produkte und Anlagen entwerfen, bauen, montieren und betreiben. Ihre Arbeit umfasst die Entwicklung neuer Technologien, die Anpassung technischer Prozesse an kreative Lösungen und die Realisierung von Komponenten unter spezifischen Bedingungen. Ihre vielfältigen Verantwortlichkeiten reichen von Entwicklung, Konstruktion und Planung bis hin zu Überwachung, Koordination, Begutachtung, Beratung und Prüfung. Dabei sind sowohl technische und wirtschaftliche als auch nachhaltige Aspekte des Ingenieurwesens entscheidend. Zusätzlich gewährleisten Ingenieure den effizienten Betrieb technischer Anlagen, übernehmen die Logistik, die Prozessmodellierung und managen umwelt- sowie lebenszyklusbezogene Herausforderungen. KI spielt eine zentrale Rolle bei der Steigerung von Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit in allen Phasen von der Planung bis zum Rückbau.
Digitalisierung und KI verändern Bauwesen
Traditionell technologiezögerlich hat sich der Bausektor durch Digitalisierung und KI in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Besonders die Einführung von Building Information Modeling (BIM) und Common Data Environments (CDE) hat diesen Wandel beschleunigt. KI treibt diese Entwicklung weiter voran, indem sie komplexe Datenmengen verarbeitet, aus denen wertvolle Erkenntnisse für die Optimierung der Bauprozesse gewonnen werden. Die Einbindung von KI-Algorithmen in traditionelle Software ermöglicht effizientere Analysen und Auswertungen. Laut aktuellen Studien des Bundesverbandes Software und Digitalisierung im Bauwesen (BVBS) nutzen bereits etwa 25 % der softwaretechnisch gelösten Fälle KI-Methoden. In den nächsten drei bis fünf Jahren wird erwartet, dass dieser Anteil auf über 85 % ansteigt.
Optimierung von Engineering-Aufgaben
Die Methoden der künstlichen Intelligenz können in verschiedene Phasen ihrer Entwicklung eingeteilt werden:
Phase 1 Regelbasierte Systeme oder Einzweck-Systeme: Diese basieren auf festgelegten Regeln oder Algorithmen, wie sie etwa beim Schachspielen, automatischen Ausfüllen von Formularen oder in älteren Robotersystemen verwendet werden. Diese Systeme, oft jahrzehntealt, sind nicht lernfähig und können Kontexte nicht verstehen. Viele der aktuell eingesetzten Systeme der modernen Bauplanung nutzen solche regelbasierten Ansätze.
Phase 2 Kontextbewusste und gedächtnisfähige Systeme: Programme wie bspw. „ChatGPT“, „Google Assistant“ und „Siri“ speichern frühere Anfragen und beziehen diese in ihre Antworten ein, was eine Verbesserung gegenüber regelbasierten KI-Systemen darstellt. Diese kontextbewussten und gedächtnisfähigen Systeme verstehen und speichern Informationen und können ein breites Spektrum an Interaktionen handhaben. In der Bauplanung nutzen solche Systeme fortschrittliche Technologien wie maschinelles Lernen, um dynamisch auf Veränderungen zu reagieren und aus Erfahrungen zu lernen. Sie erfassen und interpretieren Umgebungsinformationen für fundierte Entscheidungen und bieten personalisierte, anspruchsvolle Antworten. Diese Systeme sind noch nicht selbstständig denkend, nutzen jedoch den Kontext ihrer Interaktionen effektiv.
Phase 3 Fachexperten KI-Systeme: Programme wie z. B. „Watson“ von IBM oder „AlphaGO“ von Google entwickeln durch ihre Lernfähigkeit ein tiefes Verständnis für ein sehr spezielles Fachgebiet, das über das hinausgeht, was Menschen normalerweise verstehen. Sie analysieren riesige Datenmengen, erkennen Muster und treffen selbstständig Entscheidungen. Fachexperten KI-Systeme sind keine Generalisten wie die Programme der Phase 2. Fachexperten verfügen nicht nur über die Fähigkeit, Informationen zu verstehen und zu speichern, sondern auch über hochkompetentes Fachwissen, das mittlerweile in einer Vielzahl spezialisierter Fachanwendungen zum Einsatz kommt.
Phase 4 Denkende und vernünftige KI-Systeme: Diese Systeme simulieren nicht nur menschliche Denkprozesse durch maschinelles Lernen und Deep Learning, sondern können auch komplexe Konzepte verstehen, unbekannte Probleme lösen und kreative Ideen entwickeln. Sie analysieren umfangreiche Datenmengen, um Entscheidungen zu treffen und Lösungen zu entwickeln. Bei intensivem Training können sie eigenständige Algorithmen oder Konzepte weiterentwickeln und Strategien für das Management der Unternehmen vorbereiten, um fundierte Entscheidungen zu treffen oder Investitionen zu tätigen. Obwohl diese KI-Tools oft als Black Boxes betrachtet werden, sind sie noch weit von echtem menschlichen Denken entfernt.
Phase 5 und weitere Allgemeine KI-Systeme: Dabei handelt es sich um Systeme, die sich noch weitgehend im theoretischen Bereich und in der Entwicklung befinden. Sie werden daher in diesem Beitrag nicht weiter betrachtet, da sie in der Praxis noch keine wesentliche Rolle spielen.
Anwendung von KI im Bauwesen
Ein Beispiel für den Einsatz von KI im Bauwesen kann im Bereich des Projektmanagements gesehen werden, wo große Mengen an Projektdaten strukturiert und effizient verwaltet werden müssen. Dies reicht von der Planungsphase über die Verfolgung des Baufortschritts bis hin zur Nachkalkulation von Projekten. Werden KI-Systeme mit vielen Projektdaten trainiert (maschinelles Lernen), kann das Gelernte genutzt werden, um zukünftige Projekte dynamischer und flexibler zu steuern und sich damit sicherer an veränderte Randbedingungen anzupassen. So können Bauabläufe und Materiallogistik optimiert und Engpässe früher erkannt werden. Autonome KI-Systeme führen diesen ersten Schritt ohne menschliches Zutun durch und können dem Ingenieur helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, um im Sinne der Nachhaltigkeit Kosten zu senken und weniger Abfall zu produzieren. Ein wichtiges Merkmal von KI in der TGA ist die Fähigkeit, große Mengen von Sensordaten in Echtzeit zu analysieren und auszuwerten. Diese Daten können genutzt werden, um Arbeitsabläufe zu optimieren, den Verbrauch vorherzusagen und sogar Wartungsarbeiten vorzuschlagen, bevor Probleme auftreten.
Zukünftige Herausforderungen
Der Einsatz von KI im Bauwesen bietet deutliche Vorteile, birgt jedoch auch Herausforderungen. Eine interne Umfrage in einem der größten deutschen Ingenieur-büros zeigte, dass etwa 25 % der Mitarbeiter den Einsatz von KI unterstützen, während ebenfalls 25 % erhebliche Bedenken haben. Diese reichen von mangelnder Kompetenz im Umgang mit KI-Werkzeugen über fehlende Standards und Normen im Bereich digitaler Technologien bis hin zu Befürchtungen bezüglich Jobverlust und Datenschutzrisiken.
Im aktuellen technologischen Wandel bietet KI erhebliche Unterstützungsmöglichkeiten, verstärkt durch den anhaltenden Technologie-Hype. Der Bausektor muss diese Technologien in alltägliche Prozesse integrieren und dabei einen verantwortungsvollen Einsatz gewährleisten. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von IT-Tools, die KI-Algorithmen enthalten, wird die Akzeptanz in der Branche steigen. Dadurch können Ingenieuraufgaben bald effizienter, sicherer und nachhaltiger gelöst werden, was die Qualität von Planung, Bau und Betrieb deutlich verbessert.