„Politik fragt Wirtschaft“ – 4. EnergyTalk der TGA-Verbände
Nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause tauschten sich in Berlin erneut Politiker und Fachleute der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) aus: Es ging um Probleme und Lösungen im Bereich der Energieeffizienz von Gebäuden. Im Mittelpunkt stand die Frage „Energieeffizienz vs. Innenraumluftqualität?“. Auch in diesem Jahr fand keine klassische Podiumsdiskussion statt, sondern Politiker befragten die Experten aus der TGA-Branche. Die Bundestagsabgeordneten Daniel Föst (FDP), Anne König (CDU), Ralph Lenkert (Die Linke) und Kassem Taher Saleh (Bündnis 90/Die Grünen) folgten der Einladung des BTGA, des Fachverbands Gebäude-Klima e.V. (FGK) und des Herstellerverbands Raumlufttechnische Geräte e.V. (RLT-Herstellerverband) in die Berliner Vertretung des Bundeslandes Hamburg. Als Experten standen Repräsentanten der drei TGA-Verbände Rede und Antwort: Bernhard Dürheimer, Präsident des BTGA, Professor Dr.-Ing. Christoph Kaup, Vorstandsvorsitzender des FGK, und Udo Ranner, RLT-Herstellerverband. Moderiert wurde der EnergyTalk von Frank Ernst, dem Geschäftsführer der drei Verbände.
Die Bundestagsabgeordneten erkundigten sich nach aktuellen Möglichkeiten im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung und welche neuen Entwicklungen zu erwarten sind. Über die Parteigrenzen hinweg waren sich die Politiker einig, dass das Spannungsfeld zwischen Energiewende, drohender Gasknappheit, Lieferengpässen und Fachkräftemangel sowohl Politik, Industrie als auch ausführende Fachfirmen gleichermaßen fordert.
Pflicht zu 65 % Erneuerbare Energien
Anne König ist Obfrau der Unionsfraktion im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik. Sie stellte fest, dass der Gebäudesektor die im Klimaschutzgesetz formulierten Ziele bereits das zweite Jahr in Folge nicht erreicht habe. Die Bundesregierung plane deshalb unter anderem, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 % Erneuerbarer Energien betrieben werden soll. Sie fragte die Verbandsvertreter, ob das zeitlich überhaupt realistisch sei. „Da zurzeit noch vorwiegend fossiles Gas zum Heizen verwendet wird, bedeutet es eine große Kraftanstrengung“, antwortete Professor Christoph Kaup. „Schließlich war noch vor wenigen Jahren der Gaskessel die bevorzugte Lösung im Wohngebäude.“ Der Gebäudesektor habe auch schon Erfolge vorzuweisen: Im Vergleich zu 1990 würde heute im Gebäudebereich schon deutlich effizienter mit Energie umgegangen.
Der Obmann der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, Kassem Taher Saleh, hat die Sorge, dass es beim Thema „Heizen“ zu Hybridlösungen im Gebäude kommen könnte. Von den Wirtschaftsvertretern wollte er wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeit sei, dass im Zuge der 65-%-Erneuerbare-Energien-Pflicht zwei oder drei Systeme innerhalb eines Gebäudes installiert würden. „Wenn wir durch die Kombination von Systemen Energie sparen und CO2-Emissionen vermeiden können, spricht nichts gegen eine solche Lösung“, sagte Udo Ranner. Besonders wichtig sei es, die bereits einmal erzeugte Wärme mittels Wärmerückgewinnung dem Gebäude wieder zuzuführen. Außerdem müsste durch Sektorkopplung die Abwärme der Industrie verstärkt in Gebäuden genutzt werden: „Das ist komplex – aber machbar.“
Bezahlbare Lösungen
Ralph Lenkert, Sprecher für Energie und Klimaschutz der Fraktion Die Linke, möchte mehr effiziente Nahwärmenetze auf der Basis Erneuerbarer Energien schaffen, um so genannten Dunkel-Flauten besser begegnen zu können. Ihn interessierte, welche Hindernisse für solche Nahwärmenetze überwunden werden müssten. „Technisch bestehen keine Probleme“, erklärte Bernhard Dürheimer. „Das große Problem bei Erneuerbaren Energien ist nach wie vor die Speicherung.“ Zwar gäbe es Lösungen, aber die seien oft noch teuer.
„Genau hier haben wir ja den Zielkonflikt: Vieles ist möglich, es muss aber auch finanziell machbar sein“, sagte Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Er wollte wissen, ob es eine reelle Chance gibt, dass die Technik günstiger wird – beispielsweise durch höhere Stückzahlen. „Wir müssen uns bewusst machen, dass Lösungen, die auf Erneuerbaren Energien gründen, wahrscheinlich immer teurer sind als der Gaskessel“, antwortete Bernhard Dürheimer. Die Wärmerückgewinnung sei aber beispielsweise eine sehr günstige Variante, ergänzte Professor Kaup. Seine Forderung, die Wärmerückgewinnung anteilig als Erneuerbare Energie anzurechnen, wurde von Daniel Föst ausdrücklich unterstützt.
Politische Ziele und technische Möglichkeiten
Zum Schluss fasste Moderator Frank Ernst zusammen: „Die heutige Runde hat wieder gezeigt, wie wichtig die Abstimmung zwischen Politik und Fachverbänden ist. Politische Ziele und technische Möglichkeiten müssen miteinander in Einklang gebracht werden – gerade in diesen herausfordernden Zeiten. Wir sind froh über das vertrauensvolle Miteinander: Nur so kann die TGA-Branche ihrer Verantwortung beim Umgang mit dem Lebensmittel Luft und für energieeffiziente technische Lösungen gerecht werden.“