Rechtsanwaltskanzlei Ecovis rät: Vorsicht bei Messenger-Diensten

Versand von Mängelrügen per E-Mail statt per WhatsApp

Nicht selten besprechen am Bau beteiligte Personen Einzelheiten auch über WhatsApp. Das Oberlandesgericht Frankfurt musste nun entscheiden, ob die Zustellung einer Mängelrüge per Messenger-Dienst bei einem VOB/B-Bauvertrag ausreicht oder nicht. Die Details erklärt Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München.

Stefan Reichert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Ecovis L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Bild: Ecovis

Stefan Reichert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Ecovis L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Bild: Ecovis
Die Rechtsanwaltskanzlei Ecovis aus München schildert folgenden Fall: Ein Bauunternehmer wurde im Jahr 2012 im Zuge des Bauvorhabens „Neuerrichtung eines Bürogebäudes“ mit der Dacheindeckung beauftragt. Einvernehmlich wurden die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Bauvertrag miteinbezogen. Zwei Jahre nach Fertigstellung des Dachs konnte der Bauherr Leckagen feststellen. Er bat den Bauunternehmer im Juni 2016 per WhatsApp, das Dach zu überprüfen. Dieser antwortete mit „Ok“ und besichtigte das Dach. Nachdem daraufhin längere Zeit nichts passierte und eine Mängelbeseitigung ausblieb, zog der Bauherr bis vor das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Sein Ziel: Erstattung von rund 100.000 Euro für die zwischenzeitlich bereits von ihm in Auftrag gegebene Sanierung des Dachs. Der Bauunternehmer dagegen war der Ansicht, sämtliche Gewährleistungsansprüche des Bauherren seien bereits zum Zeitpunkt der Klageeinreichung verjährt. Der Grund: Die Mängelrüge per Messenger-Dienst konnte zu keiner weiteren Verjährungsfrist von zwei Jahren führen (§ 13 Abs.5 S.2 VOB/B).

Urteil des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt gab dem Bauunternehmer mit dem Urteil vom 21. Dezember 2023 recht (15 U 211/21). Zur Begründung führte es aus, dass die Mängelrüge per WhatsApp vom Juni 2016 keine ordnungsgemäße Mängelbeseitigungsaufforderung im Sinne von § 13 Abs.5 Nr.1 VOB/B sei. Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Mängelrüge sei es, dass zumindest eine telekommunikative Übermittlung der Mängelrüge zur Wahrung einer gewillkürten bzw. abweichenden Schriftform vorläge (§ 127 Abs.2 S.1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Das setzt jedoch voraus, dass der Auftraggeber die Mängelrüge ähnlich wie einen Brief verfasst und wie einen Brief an den Bauunternehmer übermittelt, sodass der Bauunternehmer die Erklärung auch ausdrucken und speichern kann. Eine Mängelrüge per WhatsApp erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Insbesondere fehlt die mit der Erklärung einhergehende notwendige Warnfunktion. Durch Einhaltung der vorgesehenen Schriftform soll der Empfänger besonders auf die Wichtigkeit und mögliche Folgen der Nichtbeachtung hingewiesen werden. Das ist bei einer Nachricht des Messenger-Dienstes nach Auffassung des OLG nicht gewährleistet. Daher führte die Mängelrüge zu keiner Verlängerung der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren. Der Bauherr hatte die Sanierungskosten deshalb selbst zu tragen.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil des OLG Frankfurt zeigt, dass Mängelrügen entweder schriftlich, also eigenhändig geschrieben und unterzeichnet, oder per E-Mail oder Fax zu verfassen und zu versenden sein sollten. Das OLG Köln hat bereits mit Beschluss vom 22. Juni 2016 (16 U 145/15) klargestellt, dass eine Mängelrüge per E-Mail das Schriftform­erfordernis wahrt (§ 127 Abs.2 S.1 BGB). „Aus diesem Grund sind die Baubeteiligten gut beraten, auf WhatsApp zu verzichten, sofern sie über gegenseitige vertragliche Pflichten, worunter auch die Pflicht zur Mängelbeseitigung fällt, streiten“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Reichert.

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