20. Sanitärtechnisches Symposium
Auf dem Campus Steinfurt der Fachhochschule Münster fand am 20. Februar 2020 das 20. Sanitärtechnische Symposium in Kooperation mit BTGA e.V. sowie ZVSHK e.V. statt. Anlässlich des Jubiläums standen nicht nur aktuelle Themen wie die Kaltwasser-Zirkulation und Legionellen im Mittelpunkt – auch Historie und Tradition des Symposiums wurden beleuchtet.
Prof. Dr.-Ing. Franz-Peter Schmickler führte das Fachpublikum aus Planern, Installateuren, Betreibern und Studenten der Fachbereiche bestand, durch sieben aktuelle Vorträge. Grußworte richteten zu Beginn der Veranstaltung Dipl.-Ing. Carsten Schröder, Vizepräsident der FH Münster, und Stefan Tuschy vom BTGA an das Publikum. Neben einem kurzen Rückblick auf das erste Sanitärtechnische Symposium gaben beide einen Ausblick auf die kommenden Jahre und überreichten eine Jubiläumsurkunde an Prof. Franz-Peter Schmickler. Ein herzliches Dankeschön ging auch an Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, der vor Jahren den Impuls zum ersten Symposium gegeben hatte.
Druckschwankungen, Kaltwasser-Zirkulation und Produktdatenaustausch
Den ersten Block der Veranstaltung bildeten drei technische Vorträge. Zum Thema Druck- und Temperaturschwankungen an Entnahmestellen sprach Prof. Dipl.-Ing. Erich Draxler, HTL Pinkafeld in Österreich. Als Sachverständiger beschrieb er anhand eines Wohnhauses mit 350 Wohnungen die typische Problematik von Temperaturschwankungen beim gleichzeitigen Öffnen mehrerer Entnahmestellen. Als mögliche Ursachen beschrieb er u.a. falsch eingestellte Druckminderventile, falsch ausgelegte Druckerhöhungsanlagen, Fehlfunktionen der Thermostate und eine Überdimensionierung von Leitungen. Als Lösungsvorschläge nannte er z.B. Adaptionen an den Armaturen, die Reduktion des Warmwasserdruckes um 0,5 bar gegenüber dem Kaltwasserdruck, den Einbau von Thermoastat-Armaturen bei Badewannen oder Duschen sowie die Berücksichtigung des Wirkungsgrades bei der Auslegung von Druckerhöhungsanlagen. Vor allem brauche es zur Bearbeitung des Problems eine gute Zusammenarbeit mit der Armaturenindustrie.
Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt der FH Münster, beleuchtete erste Erfahrungen und Ergebnisse zur Kaltwasser-Zirkulation in der Praxis. Wenn bekannte, passive Maßnahmen zur Einhaltung der Kaltwassertemperatur in der Installation (kritischer Bereich > 25 °C) aufgrund zu hoher Raum- oder Wassereintrittstemperaturen nicht ausreichen, sind aktive Prozesse wie Wasserwechselmaßnahmen oder eine Kaltwasser-Zirkulation anzuwenden. Dies beschrieb Prof. Carsten Bäcker anhand der Klinik für Psychiatrie der Uniklinik Aachen, in der eine Kaltwasser-Zirkulation mit Kältemaschine, Plattenwärmeüberträger und Zirkulationsleitungen nachgerüstet wurde.
„Regeln für den Produktdatenaustausch“ bildeten den Schwerpunkt des Vortrages von Dr.-Ing. Manfred Pikart, Hottengroth & Tacos GmbH. So ging er auf die Bedeutung von BIM für die TGA, den Katalogdatenaustausch im ICF-Format sowie die BIM-Normung in der DIN EN ISO 16757 ein. Während die VDI-Richtlinie 3805 seit 1990 die Produktdaten von Komponenten in der TGA herstellerunabhängig beschreibt und auch schon genutzt wird, um BIM-Komponenten abzubilden, stellt diese keine Verpflichtung dar und wird daher aktuell genormt. Derzeit findet die Übertragung auf die DIN EN ISO 16767 statt. Bereits veröffentlicht sind Teil 1 („concepts, architecture and models“) und Teil 2 („geometry“). Im Frühjahr 2020 sollen die VDI 3805-Merkmale abgestimmt in das Building Smart Data Dictionary (bsDD) übernommen werden.
Legionellen und DIN SPEC
Ein altes, aber nach wie vor aktuelles Thema brachte Prof. Dr. Werner Mathys ein: Unter dem Titel „Legionella, Pseudomonas und Co. – Kein Ende in Sicht“ stellte er Regelungen für OPPPs (fakultativ opportunistische Krankheitserreger) im Trinkwasser auf den Prüfstand und zeigte aktuelle Entwicklungen der Infektionsraten auf. So stieg in Deutschland trotz des seit 2011 in der Trinkwasserverordnung aufgenommenen technischen Maßnahmewertes die Zahl der an das RKI gemeldeten Fälle von Legionellosen stetig an. In puncto Ursachenforschung wies Prof. Werner Mathys darauf hin, dass eine Fixierung auf Trinkwasser Warm grundfalsch sei und stattdessen eine ganzheitliche Sichtweise nötig sei.
Zur Aufgabe einer DIN SPEC als nationaler Ergänzungsnorm, referierte RA Thomas Herrig, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Schwerpunktmäßig führte er die Unterschiede zwischen anerkannten Regeln der Technik und Normen aus und ging auf die Frage ein, ob DIN-Normen Kür oder Pflicht sind. In drei Kernaussagen fasste er zusammen: Die bloße Beachtung einer DIN-Normen heißt noch nicht, dass damit anerkannte Regeln der Technik eingehalten sind; DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter; DIN-Normen können die allgemein anerkannte Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) wiedergeben, aber auch hinter diesen zurückbleiben. Zur DIN SPEC führte er aus, dass diese einen Standard darstellt, der durch ein temporär zusammengestelltes Gremium erstellt wird. Eine solche Vornorm ist das Ergebnis der Normungsarbeit und bietet der Öffentlichkeit die Möglichkeit, Ergebnisse zu nutzen, die noch nicht als DIN-Norm veröffentlicht werden konnten. Zur Frage, wann eine DIN SPEC verbindlich werde, stellte er klar: Wenn sie vertraglich vereinbart wird. Zum Punkt a.a.R.d.T. im Werkvertragsrecht führte er aus, dass der Auftragnehmer bei Vertragsabschluss immer stillschweigend die a.a.R.d.T. verspricht und dies nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt werden muss.
Zirkulationsregulierventile und die 30-s-Regel auf dem Prüfstand
Den letzten Teil der Veranstaltung leitete Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, FH Münster, mit dem Thema „Zirkulationsregulierventile – Mythos vs. Realität“ ein. Zur Frage, ob thermostatische ZRV „von Hand“ auf zuvor berechnete Werte eingestellt werden müssen führte er aus, dass auch die automatische Einregulierung bei Werkseinstellung 58 °C möglich sei – sofern der Nachweis der Funktion durch eine Simulationsberechnung gegeben ist.
Zum Abschluss ging Pascal Lehmler, Geberit Vertriebs GmbH, auf die Thematik „Temperatur und Ausstoßzeit“ ein. Als Fazit hielt er fest, dass auf der Warmwasserseite neben der 3-l-Regel aus dem DVGW Arbeitsblatt W 551 auch noch die 30-s-Regel aus DIN 1988-200 gilt. Mit Blick auf die Analysemöglichkeit bei der Funktionsprüfung sollte die jetzige Form der 30-s-Regel erhalten bleiben. Daher resümierte er, dass Zeit und Volumen nicht voneinander getrennt betrachtet werden dürfen.
Der Tag klang mit einem gemütlichen Get together und der Möglichkeit zum fachlichen Austausch und Networking sowie zu einem Besuch der begleitenden Ausstellung der Veranstaltungspartner im Atrium des Hörsaals.