Alternativen beim Kalkschutz
Gespräch mit einem TGA-FachplanerPlanungsvorgaben von Bauherren und Auftraggebern sind meist technisch begründet, manchmal aber auch dem Umstand geschuldet, dass nur wenig oder keine Kenntnisse über Alternativen zu bewährten Standards vorliegen. Im Bereich Kalkschutztechnik ist gerade viel Bewegung am TGA-Markt und in der Ausschreibungspraxis. Für TGA Planer lohnt es sich, die eigene Ausschreibungspraxis jetzt zu überprüfen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Herr Kyek, welche Herausforderungen ergeben sich aus Ihrem Dienstleistungsangebot als Planungsbüro für Trinkwasseranlagen insbesondere mit Blick auf die Projektrealisierung gewerblicher und öffentlicher Objekte in Hartwassergebieten?
Heinz Kyek: Zuvorderst müssen wir relevante Normen und Verordnungen berücksichtigen. In Hartwassergebieten stehen Fachplaner wie auch die ausführenden Firmen vor dem Problem der Kalksteinablagerungen an Armaturen, Wärmetauschern, Geräten, Einbauten und in den Trinkwasserleitungen (PWC, PWH, PWH-C). Besonders im Bereich der Trinkwassererwärmung ist eine Stabilisierung der Härtebildner aufgrund der hohen Temperaturen zwingend notwendig, damit ein hygienisch einwandfreier und wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Durch die Verkalkung der Warmwassererzeuger erhöhen sich unnötigerweise die Betriebskosten für die eingesetzte Primärenergie. Was aktuell bei der Entwicklung im Energiesektor nicht mehr ökonomisch und inakzeptabel ist. Projektieren wir mit einer Technikzentrale, ist Platzmangel häufig eine weitere Herausforderung. Zudem sind die Raumtemperaturen in den Technikzentralen sehr oft zu hoch, teilweise weit über 25 °C. Auch hierdurch ist ein sicherer und hygienisch einwandfreier Betrieb gefährdet.
Wann sind Sie das erste Mal mit chemiefreier Kalkschutztechnik in Berührung gekommen?
Heinz Kyek: 2014 sind wir durch unseren Kunden Volkswohnung GmbH in Karlsruhe auf das Verfahrensprinzip von Biocat aufmerksam geworden. Die Volkswohnung als kommunale Wohnungsbaugesellschaft hatte über einen längeren Zeitraum eine Studie mit verschiedenen Systemen der Enthärtung sowie der Stabilisierung orientiert an der DIN 1988-200 durchgeführt. Nachdem die Ergebnisse der Kalkschutzwirksamkeit durch heterogene Katalyse, also die natürliche Kalksteinbildung ohne Zugabe von Additiven, überzeugend gewesen waren, hat sich die Volkswohnung GmbH für dieses Verfahrensprinzip entschieden. Seither empfiehlt unser Ingenieurbüro unseren Kunden alternative Kalkschutztechnik im Planungs- und Ausführungsprozess zu berücksichtigen.
War Ihnen das Verfahrensprinzip schon zuvor bekannt und welche Erfahrungen haben Sie seither damit gemacht?
Heinz Kyek: Aus Fachinteresse heraus hatte ich mich schon zuvor mit alternativen Verfahren beschäftigt, aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das gilt für mich als Planer ebenso wie für meine Kunden. Gerade bei Neukunden ist immer etwas Überzeugungsarbeit erforderlich, neue bzw. alternative Systemlösungen werden besonders kritisch geprüft. Dann haben wir aber überzeugende Argumente wie zum Beispiel die Trinkwasserhygieneprophylaxe.
Bei Trinkwasserbehandlungsanlagen ist die Trinkwasserhygiene immer kritisch zu betrachten: Aus mangelnder Pflege oder fehlerhafter Instandhaltung können sich mikrobiologische Gefahren ergeben. Erfahrungsgemäß ist dies vor allem bei nicht sachgemäßer Betriebsführung und Nachfüllung von Salzen in feuchtwarmen Technikzentralen der Fall. Auch bei den Betriebskosten sehen wir Vorteile für Kalkschutzverfahren ohne Salz.
Wo sehen Sie Grenzen bzgl. der Einsatzgebiete?
Heinz Kyek: Grenzen sehen wir im Bereich der Prozesswassererzeugung (teil- oder vollentsalztes Wasser) für zum Beispiel Autoklaven, RDGs (Reinigungs- und Desinfektionsgeräte im Medizinbereich) oder aber für die Dampferzeugung. Hier muss aus unserer Sicht weiterhin eine Entsalzung durch Ionenaustauscher- oder Membrantechnologie erfolgen.
Welche Vorteile bietet Ihnen Biocat im Ausschreibungsprozess?
Heinz Kyek: Durch die Ausschreibung von Biocat können Positionen wie Salzlagerung, Salzbunker, Solebehälter usw. entfallen. Im Vergleich zu klassischen Enthärtungsanlagen entstehen zwar höhere Investitionskosten, dafür werden langfristig weniger Kosten für Betrieb und Instandhaltung generiert.
Welche Argumente für chemiefreien Kalkschutz führen Sie an, wenn Ihr Auftraggeber diese Techniklösung noch nicht kennt?
Heinz Kyek: Planerisch besonders überzeugend ist die vollautomatische thermische Desinfektion zweimal die Woche, die flächeneffiziente Aufstellung in Technikzentralen, der Werterhalt der Trinkwasseranlage über den gesamten Lebenszyklus sowie mehr Effizienz bei Betrieb, Wartung und Energiemanagement. Vorteilhaft im Planungsprozess sind auch der geringe Druckverlust (zwischen 0,3 und 0,5 bar je nach Gerätegröße) sowie eine Standzeit von 30 Jahren. Betriebswirtschaftlich von Interesse sind der minimale Arbeitsaufwand im laufenden Betrieb und dass keine Kosten für Betriebsmittel wie Salz oder Sole aufgewendet werden müssen. Und natürlich wird der Aspekt einer umweltschonenden Wirkungsweise immer entscheidender. Bei chemiefreien Kalkschutzverfahren kann auf Salz zur Regeneration der Entkalkungsanlagen verzichtet werden, somit werden die Umwelt und vor allem das Grundwasser von unnötigem Salzeintrag entlastet. Wir können nur empfehlen, sich nach Alternativen zu erkundigen, an Herstellerschulungen teilzunehmen oder Anlagen- und Sichtprüfungen anzufragen. Bei Interesse gerne auch bei uns.
Anforderungen an den Kalkschutz
Die Errichtung von Trinkwasserinstallationen bewegt sich immer im Spannungsfeld aktueller Rechtsvorgaben und betriebswirtschaftlichen Interessen seitens der Auftraggeber. Von zentraler Bedeutung ist für TGA-Planer die Trinkwasserverordnung (TrinkwV), die in §17 Abs. 1 und 2 konkrete Vorgaben für die Materialauswahl der Werkstoffe und der trinkwasserhygienischen Eignung von Produkten für die Trinkwasserinstallation enthält. Mehrere Urteile haben gezeigt, dass die Rechtsprechung hier eindeutig ist: Installateure und Fachplaner schulden Bauherren eine Trinkwasser-Installation, die das Wasser nicht derart nachteilig verändert, dass es nicht mehr den Anforderungen der TrinkwV entspricht (z.B. OLG Dresden 17.07.2002 Az 11 U 878/01; Bundesgerichtshof 11.10.2012 Az. XII ZR 180/11 und VWG Würzburg 14.07.2014 Az. 6 S 14.485).
In Hartwassergebieten ist es TGA Praxis, Enthärtungsanlagen zum Schutz vor Schäden durch Kalk in Planungsvorhaben auszuschreiben. Neben der Tatsache, dass sich aus der Installation einer Wasserbehandlung auf Grundlage eines Ionentauschverfahrens eine Vielzahl von Betreiber- und Informationspflichten ergeben (TrinkwV §16 und §21 sowie Minimierungsgebot §6), müssen Auftraggeber gerade im Objektbau oder bei komplexen Wohnbauanlagen verstärkt ökologische Anforderungen berücksichtigen. Die Herausforderung besteht darin, die trinkwasserhygienische Eignung bei der Systemwahl zu berücksichtigen, eine langfristige Kalkschutzwirksamkeit sicherzustellen, die betriebswirtschaftliche Effizienz im Blick zu haben, und zugleich Ressourcenschonung und Klimaschutz in Betracht zu ziehen. Deshalb ist die Nachfrage nach alternativen Kalkschutzverfahren zuletzt stark angestiegen.