Büroflächen statt Technikgeschoss
Im Laufe eines Planungsprozess sind Änderungen nichts Ungewöhnliches. Doch manchmal werden diese Änderungen zu einer Herausforderung für die Gebäudetechnik. So wurde bei einem Bauvorhaben des Automobilzulieferers Dräxlmaier in Vilsbiburg während der fortgeschrittenen Planungsphase entschieden, in den Erweiterungsbau des Dräxlmaier-Technologie-Zentrums (DTZ) ein zusätzliches Rechenzentrum einzubauen und anstatt der geplanten Dachzentrale auf dem 5. OG eine Penthouse-Vorstandsetage zu errichten. Dies führte zu einer kompletten Neuausrichtung des bisherigen Klimakonzeptes, insbesondere wegen des zusätzlichen Kältebedarfs für das Rechenzentrum und den damit verbundenen Kälteaggregaten und Rückkühleinrichtungen.
Das mit der Planung der TGA-Anlagen beauftragte Ingenieurbüro GFI aus München brachte daraufhin das Gegenstrom-Schicht-Wärmeaustauschersystem (GSWT-System) der SEW ins Spiel, zumal die vorgesehene Anordnung der klima- und kältetechnischen Primäranlagen inklusive einer Rückkühleinrichtung für 760 kW Kälteleistung im 2. UG mit konventioneller Technik kaum zu realisieren schien. Das Kreislaufverbund-Wärmerückgewinnungssystem bietet die Option, die Abwärme aus der Kälteerzeugung in das Verbundsystem einzukoppeln. Dadurch kann die Abwärme für Heizzwecke genutzt bzw. in der heizfreien Zeit effizient über die bestehenden Wärmeübertrager des Kreislauf-Verbundsystems an die Fortluft abgegeben werden. Separate Rückkühleinrichtungen entfallen dadurch.
Mehrwert durch Verbundsystem
Der Planer entschied sich letztlich für ein Wärme-Kälte-Verbundsystem, bestehend aus einer reversibel arbeitenden Wärmepumpe (Heizen und Kühlen), einer Kältemaschine, einer Freikühlfunktion über die ohnehin vorhandenen Wärmeübertrager des GSWT-Systems sowie einer adiabatischen Verdunstungskühlung zur Vorkühlung der Zuluft. Durch die Integration der Abwärme aus dem Rechenzentrum in das Verbundsystem, den hohen Systemaustauschgrad des Wärmerückgewinnungssystems von bis zu 80 % und die Wärmepumpenfunktion bei einer der Kältemaschinen kann der Gebäudewärmebedarf vollständig durch Abwärme gedeckt werden. Die auf dem Gelände zur Verfügung stehende Fernwärme war deshalb nur bis zur Inbetriebnahme des Gebäudes erforderlich.
Die rein energetische Bewertung des Wärmerückgewinnungssystems greift beim GSWT-System zu kurz. Bezogen auf das neue Gebäude im Dräxlmaier-Technologie-Zentrum ergeben sich über die Energieeinsparungen hinaus folgende Entlastungen bzw. Gewinne:
Durch die höhere Kaltwassertemperatur konnte außerdem die Kältemaschine kleiner dimensioniert werden, so dass weniger treibhausrelevantes Kältemittel im Umlauf ist. Dadurch reduzieren sich auch die Wartungskosten für die Kältemaschinen. Da kein Rückkühlwerk vorhanden ist, entfallen auch hierfür Wartungskosten.
Nach dem jetzigen Stand lassen sich im Dräxlmaier-Technologie-Zentrum durch das GSWT-System und die realisierten Ein- und Auskopplungen von Abwärme rund 90 % der Wärme zurückgewinnen und etwa 50 bis 60 % der Gesamtkühlarbeit über Freikühlung und adiabatische Kühlung generieren.
Fazit
In Gebäuden mit ganzjährigem Klimatisierungsbedarf kann durch den Einbau eines Kreislaufverbundsystems in Gegenstrom-Schicht-Wärmeaustauscher-Bauweise auf die getrennte Wärme- und Kälteerzeugung verzichtet werden. Bei dem hier beschriebenen Bauvorhaben übernahm das Kreislaufverbundsystem außerdem die Funktionen Vorwärmer, Nachwärmer, Freikühler und Rückkühler. Zusätzliches Kältepotential wird durch die funktionale Einkopplung von adiabatischer Verdunstungskühlung generiert. Durch die Einbindung der Rückkühlfunktion in das GSWT-System konnten im vorliegenden Objekt mehr als 200 m2 an Technikfläche eingespart werden.