Das Energiekonzept für ein Möbelhaus
Der IKEA-Neubau in Oldenburg gilt als ein Vorreiter für umweltfreundliche, energieeffiziente Handelsimmobilien. Bei Konzeptentwicklung und Planung wurde IKEA durch das Büro Canzler Ingenieure GmbH unterstützt. Als ganzheitlich denkende Planungs- und Beratungsgesellschaft entwickelt Canzler für seine Kunden nachhaltige und wirtschaftliche Lösungen für zukunftsorientierte Bauaufgaben. Das IKEA-Einrichtungshaus wurde am 18. Dezember 2007 eröffnet. Die Gesamtfläche beträgt 36 000 m² Bruttogrundrissfläche. Eine Besonderheit ist der verglaste Anbau, der für Pflanzen sowie Aktivitäts- und Saisonsortimente vorgesehen ist. IKEA hat schon immer besonderen Wert auf Umweltschutz gelegt: von der Rohstoffgewinnung über Herstellung und Transport bis zur Wiederverwertung der Produkte. Auch für die Einrichtungshäuser sind die Anforderungen entsprechend hoch. Gefordert waren bei diesem Projekt eine hohe Energieeffizienz und der Einsatz regenerativer Energien statt fossiler Energieträger zur CO2-Reduzierung.
Mit ausgeklügeltem Haustechnikkonzept
Das von Canzler für das Gebäude entwickelte Konzept basiert auf dem Grundsatz, dass die kostengünstigste und umweltfreundlichste Energie die ist, die gar nicht erst erzeugt und verbraucht wird. Der Energiebedarf sollte folglich so weit wie möglich reduziert und die eingebrachte Energie möglichst effizient genutzt werden. Im Canzler-Konzept für IKEA Oldenburg werden die verschiedenen Systeme der Energieerzeugung, Energieverteilung und Energierückgewinnung zu einem Ganzen zusammengeführt.
CO2-neutrale Wärme- und Kälteerzeugung
Der Grundbedarf der Wärme und Kälte wird durch Wärmepumpen erzeugt. Da einige Bereiche des Einrichtungshauses ein höheres Temperaturniveau benötigen, wird zusätzlich eine Holzpellets-Kesselanlage eingesetzt.
Ein Teil der Energie für das Warmwasser liefert eine Solaranlage. Im Sommer kann die Sonne bis zu 100 % des Bedarfs liefern, im Winter 10 bis 20 %. Dann wird die Warmwasserbereitung durch den Pelletskessel unterstützt. Im Jahresdurchschnitt wird so ein solarer Deckungsgrad von 40 bis 60 % erreicht.
Bedarfsabhängige Raumlüftung
Die Ausstellungs- und Verkaufsräume sowie die meisten anderen Räumen werden über Deckenstrahlplatten oder über eine Industriefußbodenheizung (Bauteilaktivierung) geheizt bzw. gekühlt:
Die Verwendung des Energieträgers Wasser senkt den Energieverbrauch, der für den Energietransport und die -verteilung aufgewendet werden muss. Durch den Einsatz der Flächensysteme zum Heizen und Kühlen können die Vorlauftemperaturen gesenkt bzw. im Kühlfall angehoben werden. Damit werden ideale Voraussetzungen für den Einsatz einer Wärmepumpe geschaffen, welche die erforderliche Wärme- und Kälteenergie liefert.
Da die Luft nicht mehr zum Wärmen oder Kühlen der Verkaufsräume gebraucht wird, kann die Luftmenge auf die Anzahl der in den Räumen sich aufhaltenden Personen ausgelegt werden, was zu einer erheblichen Senkung der Luftmenge führt. Die Entkopplung der Heiz-/Kühlfunktion von der Lüftung senkt den Energiebedarf und verbessert die Energieeffizienz. Zudem wird die Strahlungswärme vom Menschen als angenehm empfunden. Zugerscheinungen werden vermieden, was zu einer hohen thermischen Behaglichkeit führt.
Rückgewinnung
über die Lüftung
Die Lüftungsanlagen sind für einen reinen Außenluftbetrieb ohne Umluftanteil konzipiert. Zur Wärme- und Kälterückgewinnung ist in jeder RLT-Anlage ein Kreislaufverbundsystem mit Gegenstrom-Schicht-Wärmetauschern in der Außen- und Fortluft eingebaut. Im Winter wird mit diesem System der Abluft Wärme entzogen und damit die Außenluft erwärmt. 80 % der Abwärme können so wiedergewonnen werden. Reicht die Wärmerückgewinnung nicht aus, wird zusätzlich Heizenergie aus dem Wärmepumpenkreis zugeführt. Die gleiche Anlage sorgt im Sommer für eine Kälterückgewinnung. Dabei wird die Abluft aus den Räumen befeuchtet und durch den Verdunstungsvorgang gekühlt. Der Abluftwärmetauscher nimmt die Kälte auf, und der Wasserkreislauf überträgt die Kälte auf den Außenluftwärmetauscher, der wiederum die Außenluft kühlt. So ist im Sommer stets eine angenehme Temperierung auch ohne große Kältemaschinen gewährleistet. Die Wärme- und Kälterückgewinnung verbessert die Nutzung der eingesetzten Energie. Das Ergebnis sind verringerte Energiekosten, reduzierter Primärenergieeinsatz und verringerte Investitionskosten für Wärme- und Kälteerzeugungsanlagen.
Monitoring
Gemeinsam mit der Bauabteilung von IKEA hat Canzler Ingenieure das Anlagenverhalten über die installierte Leitwarte bis heute erfasst, analysiert, überwacht, gesteuert und dokumentiert. Dafür wurde ein Monitoringsystem aufgebaut, mit dessen Hilfe die Zielsetzung der langfristigen Energieverbrauchsoptimierung abgebildet werden konnte. Dabei war es möglich, Korrekturen und Optimierungen vorzunehmen sowie die Energieverbrauchswerte zu erfassen. So konnte der prognostizierte Energieverbrauch bestätigt und durch weitere Optimierungen nochmals gesenkt werden. Die Erkenntnisse werden daraufhin in bestehende und neue haustechnische Anlagen übertragen. Dies ermöglicht auch dort eine nachhaltige Effizienzsteigerung und Verfügbarkeitsoptimierung.
Andreas Masiorek,
Canzler Ingenieure GmbH,
60329 Frankfurt am Main