Das Softwaretool „MindLW 8“
Mindestluftwechsel für die Lüftung berechnen – Teil 2Das Programm „MindLW“ berechnet Luftvolumenströme zur Realisierung eines Lüftungskonzeptes. Die Auslegung kann erfolgen nach der Hygienelüftung, Feuchteschutzlüftung und der Entlüftung von Nassräumen. Neben der vorausgesetzten ventilatorgestützten Lüftung ist die Fensterlüftung (manuell oder automatisiert) als Untersuchungsvariante möglich. Ist der notwendige bzw. erreichbare Luftvolumenstrom bekannt, kann zum Nachweis der Raumluftqualität eine Simulation erfolgen, in der die CO2-Konzentration und die sich näherungsweise einstellende Raumluftfeuchte ermittelt wird.
Feuchteschutzlüftung
Die Feuchteschutzlüftung hat die Aufgabe, raumseitige Schimmelpilzbildung an den Wärmebrücken zu vermeiden. Die Algorithmen hierfür sind in der DIN/TS 4108-8 [7, Anhang H] enthalten. Obwohl „MindLW“ die Summe der täglichen Andauer der Feuchtebelastung in min/d abfragt, handelt es sich um ein stationäres Berechnungsverfahren. Die Feuchtelast, die in dieser Zeit anfällt, wird auf den Tag verteilt. Zulässig ist dies, weil eine Schimmelpilzbildung erst nach einigen aufeinanderfolgenden Tagen mit gleichbleibender Feuchtebelastung eintritt. Ein zeitweises Überschreiten des kritischen Feuchtegehaltes an der Wärmebrücke kann daher in Kauf genommen werden, wenn in den anderen Zeiten eine Austrocknung erfolgt.
Soll der kritische Feuchtegehalt während der gesamten Belastungszeit nicht überschritten werden, muss der notwendige Zuluftvolumenstrom instationär ermittelt werden, z. B. zur Tauwasservermeidung. Ist die Belastungszeit jedoch so groß, dass ein stationärer Zustand erreicht wird, liefert „MindLW“ auch hierfür die korrekten Ergebnisse.
Der Einfluss der Wärme- und/oder Feuchterückgewinnung auf den notwendigen Zuluftvolumenstrom kann in „MindLW“ durch die Eingabe der Rückwärme- bzw. Rückfeuchtezahl untersucht werden.
Weiterhin wird die Zuströmung aus einem Nachbarraum berücksichtigt, der je nach Feuchtegehalt auch eine Trocknung des betrachteten Raumes bewirken kann.
Fensterlüftung
Die Fensterlüftung gilt immer noch als Alternative zur ventilatorgestützten Lüftung und wird von manchen Richtlinien auch favorisiert bzw. in Erwägung gezogen. Neue Algorithmen für den Volumenstrom durch geöffnete Fenster sind ebenfalls in der DIN/TS 4108-8 [7, Anhang G] angegeben und wurden für den Fall der einseitigen Lüftung in „MindLW“ programmiert. Das Besondere an diesen Algorithmen ist, dass der thermisch induzierte zum windinduzierten Luftvolumenstrom vektoriell in einer Ebene addiert wird und als resultierender Volumenstrom der Betrag gebildet wird. Im Forschungsprojekt [8] wurde nachgewiesen, dass diese Algorithmen im Vergleich mit anderen die beste Übereinstimmung mit Messergebnissen lieferten.
In „MindLW“ erfolgt eine Ergänzung hinsichtlich der sich ändernden Raumlufttemperatur während einer relativ kurzen Öffnungszeit. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die raumseitigen Oberflächentemperaturen der Bauteile nicht ändern und der Raumlufttemperatur vor dem Lüften weitgehend entsprechen. Durch Verringerung der Temperaturdifferenz zwischen innen und außen nimmt der thermisch induzierte Anteil ab.
Durch das große konvektive Potenzial im Raum wird auch nach einer kurzen Fensterlüftung die Raumlufttemperatur wieder schnell ansteigen. „MindLW“ berechnet für eine vorgebbare Zeit nach der Lüftung die sich einstellende Raumlufttemperatur. Dadurch kann z.B. für die Schullüftung beurteilt werden, ob die Fensterlüftung bei niedrigen Außenlufttemperaturen zumutbar ist.
Für einen gegebenen Soll-Volumenstrom berechnet MindLW die minimalen Öffnungszeiten. Dieser Summenwert ist bei der manuellen Fensterlüftung mehrmals auf den Tag zu verteilen. Für den Zweck der Feuchteschutzlüftung ist diese unterbrochene Lüftung aufgrund des Schimmelpilzkriteriums und der Feuchtepufferung in den Bauteilen möglich [9].
Die Ergebnisse sind auch geeignet, realistische Volumenströme für die Nachtlüftung beim sommerlichen Wärmeschutz zu erhalten.
Schullüftung
Neben der Forderung, dass 1.000 ppm mittlere CO2-Konzentration während der Unterrichtszeit einzuhalten sind, geht aus den Kernbotschaften in [5] auch hervor, dass eine Zusatzlüftung über Fenster in den Schulpausen dringend empfohlen wird. Außerdem soll eine Wärme- und Feuchterückgewinnung vorhanden sein und für die relative Feuchte wird ein Bereich von 30 bis 60 % genannt. Lüftungskonzepte sind raumweise für den Sommer- und Winterbetrieb getrennt zu erstellen. Mit „MindLW“ können diese Anforderungen rechnerisch untersucht und somit gegenüber den Behörden nachgewiesen werden.
Für die CO2-Berechnung werden die CO2-Emissionen der Personen benötigt, welche sich aus der Atemluftrate errechnen. Diese wiederum ist von Aktivität und Alter abhängig. In „MindLW“ sind mehrere Quellen hierfür auswählbar. Die detailliertesten Angaben finden sich in den Standards zur Expositionsabschätzung [10], welche auch für Kitas benutzt werden könnten. Für die Schullüftung kann man auch die Angaben für zwei verschiedene Jahrgangsstufen aus der VDI 6040 Blatt 2 wählen.
Zur Prüfung, ob der angenommene CO2-Ausgangszustand vor dem Unterricht in der Pause wiederhergestellt werden kann, setzt man für den geplanten Zuluftvolumenstrom im Reiter für die Simulation den CO2-Wert am Anfang der Schulpause gleich dem Endwert der Unterrichtsstunde und die Aktivität auf Null. Gegebenenfalls ist die Auslegung mit einem höheren Anfangswert vor dem Unterricht zu wiederholen. Eine Fensterlüftung in der Pause sollte mit verschiedenen Außenluftzuständen untersucht werden.
Wohnungslüftung
Die DIN EN 16798-1 bietet im Anhang B auch die Möglichkeit, Außenluftvolumenströme für die Wohnungslüftung zu berechnen. Im Entwurf zum Nationalen Anhang dieser Norm DIN EN 16798-1/NA [11] wird jedoch für die Wohnungslüftung bis zu einer bestimmten Größe auf die DIN 1946-6 [12] verwiesen. Dem Einspruch [13], dass die nationalen Anhänge einer Euronorm die Struktur des normativen Anhanges A übernehmen müssen, wurde nicht stattgegeben. Eine vom DIN erwünschte schriftliche Stellungnahme, dass der Anhang A in der Euronorm nicht beachtet werden muss, blieb leider trotz mehrfacher Nachfrage unbeantwortet.
Die DIN 1946-6 scheitert schon an gefangenen Räumen oder mehreren nicht zusammenhängenden Fluren in einer Nutzungseinheit. Ebenso bei einer Zu-/Abluftanlage, wenn einige Räume der Nutzungseinheit Zu- und Abluftauslässe erhalten. Die marktführenden Push-Pull-Geräte (Pendellüfter) werden in dieser Norm überhaupt nicht betrachtet.
Desgleichen kann man mit der DIN 1946-6 keine Kategorien mit dem Bauherrn vereinbaren und die Abfuhr von Baustoffemissionen wird auch nur explizit bei der Kellerlüftung im informativen Anhang F behandelt. Es kann nicht sein, dass der Bauherr keine Information über die Raumluftqualität der geplanten Lüftungsanlage bekommt. Auch nicht darüber, ob eventuell ein höherer Volumenstrom zur Abfuhr von Feuchte oder Baustoffemissionen gegenüber der Hygienelüftung notwendig wäre. So ist z.B. besonders bei kleinen Wohnungen der notwendige Volumenstrom für die Feuchteschutzlüftung nach DIN/TS 4108-8 Anhang H größer als die Lüftung zum Feuchteschutz nach DIN 1946-6 [9, Bild 4]. Die DIN 1946-6 berücksichtigt kein Wäschetrocknen und gilt bis auf die Kellerlüftung nur in der Heizzeit, in der die Außenluft relativ trocken ist. Im Herbst ist die Außenluft feucht und es errechnen sich höhere Volumenströme zur Feuchteschutzlüftung.
Für Neubauten von Einfamilienhäusern und Wohnungen in Mehrfamilienhäuser über 60 m² ist auch der Volumenstrom zur dauerhaften Abfuhr von Baustoffemissionen und zur Verringerung der Luftfeuchte nach DIN EN 16798-1 größer, als die dauerhaft betriebene Lüftung zum Feuchteschutz nach DIN 1946-6. Die rot markierten Werte in Tabelle 1 für die flächenbezogene Lüftung zum Feuchteschutz unterschreiten die Werte nach DIN EN 16798-1.
Eine Auslegung der Wohnungslüftung nach DIN EN 16798-1 und DIN/TS 4108-8 ist daher sehr zu empfehlen. Auch der noch DIN-interne Entwurf der europäischen Wohnungslüftungsnorm EN 15665 empfiehlt die EN 16798-1 für die Auslegung der Volumenströme.
Das Maximum aus der von „MindLW“ errechneten Hygiene- und Feuchteschutzlüftung ist in die „Excel“-Tabelle für die Lüftungszone raumweise zu übertragen. Hinzu kommen die Mindestanforderungen für Ablufträume aus dem Reiter AblAusl.
In einer weiteren Tabelle wird der planmäßige Luftströmungsweg durch die Lüftungszone festgelegt, wodurch sich je nach Lüftungssystem Überströmvolumenströme ergeben. Im Falle von Überströmungen mit bereits verbrauchter Luft aus anderen Räumen sind die Anforderungen des jeweiligen Einströmraumes zu beachten. Gegebenenfalls ist der Frischluftanteil zu erhöhen, wobei die Gleichzeitigkeit der Raumnutzung berücksichtigt werden sollte.