Die aktuelle Entscheidung
Leistungsverweigerungsrecht bei verjährten Mängeln?Im Rahmen der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 hat der Gesetzgeber geregelt, dass die Verjährung die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht ausschließt, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals die Leistung verweigert werden konnte. Seither ist unklar, ob ein Bauherr ein Leistungsverweigerungsrecht (= Zurückbehaltungsrecht) nur auf Mängel stützen kann, die er vor Eintritt der Verjährung gegenüber dem Bauunternehmer geltend gemacht hat oder auch auf solche Mängel stützen kann, die bereits vor Eintritt der Verjährung in Erscheinung getreten, jedoch erst später geltend gemacht worden sind.
Vorab die Antwort: Der BGH sagt NEIN!
Zum Fall:
Ein Bauherr beauftragte im Jahre 2008 einen Unternehmer mit Bauarbeiten. Im Oktober 2008 erklärte er die Abnahme. Der Unternehmer hat vor dem Landgericht Kleve auf Zahlung von offenem Werklohn geklagt. Das Landgericht gab der Klage statt.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens sprach das OLG Düsseldorf dem Unternehmer nur einen Teil des Werklohns zu. Den weiteren Teil des Werklohns sprach es ihm nur Zug um Zug gegen Beseitigung von Mängeln zu. Es hat klargestellt, dass der Bauherr kein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen kann wegen Mängeln, die er erst nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist geltend gemacht hat.
Zur Entscheidung:
Dies hat der BGH anders gesehen. In seinem Urteil hat der BGH klargestellt, dass der Bauherr wegen eines Baumangels ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Unternehmer nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche geltend machen kann, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten ist und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit hätte geltend gemacht werden können. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Bauherr vor Eintritt der Verjährung seiner Mangelansprüche tatsächlich ein Leistungsverweigerungsrecht wegen dieses Mangels geltend gemacht hat.
Entscheidend für das Vorliegen eines Leistungsverweigerungsrechts ist also allein, ob der Mangel vor Eintritt der Verjährung in Erscheinung getreten ist und nicht ob der Mangel bereits geltend gemacht worden ist.
Grundlage dieser Entscheidung ist, dass ein Bauherr (Schuldner), dem ein Gegenanspruch zusteht, kraft dessen er die Inanspruchnahme durch den Unternehmer (Gläubiger) erfolgreich abwehren kann, sich als hinreichend gesichert ansehen darf und durch die Verjährungsregeln nicht zur frühzeitigen Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Klageerhebung gedrängt werden soll.
Praxishinweis:
Selbst nach Ablauf der fünfjährigen Mängelverjährung besteht also keine abschließende Sicherheit im Hinblick auf Zurückbehaltungsrechte des Bauherrn, weil Mängel zu diesem Zeitpunkt möglicherweise schon vorhanden, jedoch nicht geltend gemacht worden sind.
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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