Digitalisierung des Bauens
„BIMeta“ als gemeinsame Meta-Datenbank für das BauwesenSeit Anfang 2021 ist die offene digitale Plattform „BIMeta“ online: Hier werden Merkmale und Daten der verschiedenen Komponenten im Bauwesen für die Anwendung der Methode „Building Information Modeling“ (BIM) strukturiert und harmonisiert abgebildet. „BIMeta“ ist die erste Datenbank der Baubranche, die Merkmalsdefinitionen aus verschiedenen Normen, Richtlinien und Standards in einem einheitlichen System verknüpft und als übergreifende Zusammenfassung bereitstellt.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat im Dezember 2015 den „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“ veröffentlicht. Weite Kreise der Baubranche beschäftigte das Thema „Building Information Modeling“ (BIM) allerdings schon weitaus früher. Der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt meinte, dass mit BIM die Beteiligten Zugriff auf virtuelle Pläne und Bauwerksmodelle und auf die Steuerung von Prozessen hätten. Alle würden Hand in Hand arbeiten. Mit Hilfe des digitalen Abbildes eines Bauwerks könnten Planungsvarianten visualisiert werden, Prozesse standardisiert, eine realistische Risikokalkulation erreicht sowie Bauzeiten und Baukosten erheblich reduziert werden. Insbesondere große Bauprojekte würden von dieser strukturierten und transparenten Arbeitsweise profitieren – schöne neue Bau-Welt!
Bemerkenswert ist, dass sich das damalige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) unter der Leitung von Dr. Barbara Hendricks zunächst nicht sonderlich für dieses Positionspapier zur Digitalisierung zu interessieren schien. Daher schmückte den Stufenplan auch ein Infrastrukturprojekt als Titelbild (Bild 1) – von Gebäuden keine Spur. Derweil hatte buildingSMART Deutschland e. V. die damals noch wenigen Experten unter den Bau-Fachleuten längst unter seinem Dach vereint, allen voran die Softwareentwickler, und mit der unerlässlichen Entwicklung von Grundlagen für gemeinschaftliches Arbeiten begonnen.
Etablierte Prozesse müssen sich ändern
Die Einführung der BIM-Methode erfordert neben einheitlichen Standards auch eine Änderung der über Jahrzehnte etablierten Prozesse. Die handelnden Personen müssen bereit sein, Neues zu lernen und Änderungen der eingespielten Handlungsabläufe zuzulassen. Wie bereits von Bundesminister Alexander Dobrindt angekündigt, ist dabei von besonderer Bedeutung, dass alle Beteiligten „Hand in Hand arbeiten“. Die Prozesse werden transparent und nachverfolgbar, es gibt kaum noch eine Möglichkeit, unbemerkt aus der vorgegebenen und vertraglich vereinbarten Termin- und Kostenstruktur auszuscheren. Das gilt auch für im laufenden Planungsprozess vorgenommene Änderungen der Grundlagen, zu deren Auswirkungen nun bereits vor einer Entscheidungsfindung umfassende Analysen möglich werden. Der Bauausführende muss sich auf die Qualität und Exaktheit der Ausführungsplanung von Architekten, Statikern und TGA-Planern verlassen, das eigene Nachtragsmanagement muss neu gedacht werden und der Bauherr muss auf die Qualität, die Peis- und die Termintreue der Baufirmen vertrauen. Deutliche Änderungen zu dem heute noch gelebten Miteinander im Bauwesen sind unumgänglich.
Zuverlässiger und verlustfreier Datentransfer
Sind die Beteiligten bereit, diese Änderungen zu vollziehen, kommt die nächste Hürde: Digital begleitetes Bauen braucht einen einheitlichen, möglichst verlustfreien Datenfluss durch alle Prozesse. Die Produktdaten der Komponentenhersteller müssen vom Handel verarbeitet werden können und gelangen in die Planung, in deren Rahmen die unterschiedlichsten Rechen- und Simulationswerkzeuge zum Einsatz kommen. Danach bilden sie die Grundlage für die Bauausführung, bei der gänzlich andere Prozesse eine Rolle spielen, beispielsweise Materialmanagement, Terminkoordination oder Qualitätskontrolle an der verbauten Komponente. In der Betriebsphase werden wieder andere Informationen benötigt, beispielsweise zu Wartungsintervallen, zu Ersatzteillisten, bezüglichlich zu reinigenden Flächen oder zu behördlich vorgeschriebenen Prüffristen. Bei jedem dieser Schritte entstehen Daten, die das BIM-Modell anreichern und die nicht verloren gehen dürfen.
Werden Planung und Ausführung innerhalb enger organisatorischer Grenzen durchgeführt, gelingt der mehr oder weniger verlustfreie Datentransfer bereits recht gut. Gemeint ist hier das „closed BIM“, bei dem alle Beteiligten mit Datenstrukturen und Softwareschnittstellen arbeiten, die auf einer gemeinsamen Basis entwickelt und abgestimmt wurden. Das eigentliche Ziel muss jedoch eine offene, system- und softwareunabhängige Datenweitergabe innerhalb des Lebenszyklus von Gebäuden sein. Das würde in der Konsequenz einem „open BIM“ im Bauwesen entsprechen. Ein solches Bauprojekt, in dem zuverlässig und verlustfrei alle Daten eines BIM-Modells transportiert und durch die Projektbeteiligten für ihre jeweiligen, individuellen Zwecke eingesetzt werden konnten, ist mir bislang nicht bekannt.
Ein Werkzeug für die Transformation
Die unterschiedlichen, heute marktüblichen Klassifizierungssys-teme entstanden aus den gut begründeten und nachvollziehbaren Anforderungen der Hersteller, des Handels, der Errichter oder Betreiber, beispielsweise etim, omniclass, DIN 276 oder VDI 3805. Sie werden dringend benötigt und stetig weiterentwickelt. Allerdings können gleiche Merkmale oder Einheiten aufgrund der deutlich unterschiedlichen Strukturen der Ordnungssysteme nicht ohne weiteres in dem jeweils anderen System den dort verwendeten Klassen und Merkmalen korrekt zugeordnet werden. Beispielsweise wird die Länge eines Bauteils einmal unter dem Merkmal „Laenge“, einmal unter „L“ oder auch als „length“ abgelegt. Das behindert die gemeinsame, computergestützte Verarbeitung der Daten außerhalb der engen Grenzen eines einzelnen Klassifizierungssystems. Ein digitales Zuordnen ist so nahezu unmöglich. Dafür ist die ein-eindeutige Zuordnung eines Datums unverzichtbar.
An dieser Stellte setzt das Projekt „BIMeta“ an (Bild 2). Im Rahmen der Initiative „Round Table der TGA-Verbände“ wurde im März 2019 vereinbart, eine gemeinsame, hersteller- und produktunabhängige Meta-Datenbank zu entwickeln. Mit dieser Plattform sollte ein Werkzeug geschaffen werden, dass bei der Transformation zwischen unterschiedlichen Ordnungssystemen hilft. Die Grundidee ist, die vorhandenen Klassifizierungssysteme auf diese Meta-Struktur direkt zu „mappen“. Über den „Umweg“ der „BIMeta“-Struktur wird so ein indirektes Mappen zwischen den einzelnen Klassifizierungssystemen möglich. Das bedeutet, dass die Klassen und Merkmale einer Komponente aus einem Klassifizierungssystem in ein zweites, fremdes System übertragen werden können. Eine weitere Funktion bietet die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Einheitensystemen umzurechnen. Aus Yard oder Fuß können Meter werden und umgekehrt. Zusätzlich werden die verschiedenen Maßeinheiten berücksichtigt und umgerechnet, beispielsweise Meter, Zentimeter oder Millimeter. Ein weiterer Vorteil des indirekten Mappens ist, dass bei der Erstellung von Produktdatenkatalogen die für unterschiedliche Softwareanwendungen benötigten Datenstrukturen auf einfache Weise abgeleitet und angeboten werden können.
„BIMeta“ hält keine Produkt- oder Herstellerdaten vor, diese sind weiterhin durch die Hersteller zu entwickeln und zu pflegen. Wichtig für die Initiative „BIMeta“ ist, dass das in den Fachverbänden vorhandene Expertenwissen zu den im Lebenszyklus benötigten Klassen und Merkmalen bei der Erarbeitung der Meta-Datensätze in einer neutralen Form einfließen kann. Die Verbände können als verantwortliche Träger des Projekts dafür Sorge tragen, dass die Belange der jeweiligen Branche berücksichtigt werden. Zusätzlich kann die Trägerschaft durch viele Verbände dazu beitragen, Vertrauen in die Nachhaltigkeit von „BIMeta“ aufzubauen (Bild 3).
Die Strukturen zu „BIMeta“ befinden sich aktuell im Aufbau, weitere interessierte Verbände und Unternehmen können sich mit ihren Ideen und Wünschen an dieser Pionierarbeit aktiv beteiligen und so auch die eigene digitale Zukunft gestalten. Weitere Informationen sind auf der Homepage des Projekts www.bimeta.de zu finden.
Ausblick
Die Digitalisierung des Bauwesens ist für seine nachhaltige ökonomische und ökologische Entwicklung unerlässlich. Die Anzahl der Projekte, bei denen die BIM-Methode angewendet wird, steigt stetig. Dafür sorgen nicht zuletzt einige Bundesländer, die ihre Auftragsvergabe bereits an die Anwendung der BIM-Methode binden. Je eher sich die Akteure mit den Chancen auseinandersetzen und die Voraussetzungen der Digitalisierung eigener Prozesse erkunden, desto rascher wird sich die gesamte Branche umstellen können. Die Entscheidung, den ersten Schritt zu tun, bedeutet immer ein unternehmerisches Wagnis. Vieles kann auf diesem Weg zunächst nicht vollständig eingeschätzt oder kalkuliert werden. Abzuwarten, bis ein „fertiges BIM“ eingekauft werden kann, ist jedoch nicht der richtige Ansatz.
Die Entwicklung läuft immer weiter, wie die Digitalisierungsprozesse in anderen Branchen gezeigt haben. Bestimmt ergeben sich zukünftig bisher noch nicht gedachte Anwendungsfälle und Geschäftsmodelle, die als Möglichkeit für die eigene Unternehmensentwicklung erkannt werden können. Ein Verharren in veralteten Strukturen verhindert die Entwicklung, ein vermeintlich bequemes „weiter so“ könnte zum Stolperstein für Planer und Unternehmer werden.