Kleine Investition, große Wirkung

Dynamische Ventile im Rathaus Leer

Das alte Rathaus in Leer/Ostfriesland gilt als eines der Schmuckstücke der Altstadt. Heute sitzen dort nur noch das Standesamt und das Ordnungsamt, die anderen Mitarbeiter der Verwaltung sind Mitte der 1990er Jahre in den benachbarten Neubau gezogen. Auf über 4.000 m2 sind im neuen Rathaus Bauverwaltung, Sozialamt, Stadtmarketing und vieles mehr untergebracht. 2005 wollte man den Stromverbrauch reduzieren, ohne hohe Investi­tio­nen zu tätigen und die Heizung komplett zu erneuern. Tatsächlich konnte das Ziel einfach und zu geringen Kosten erreicht werden: Man setzte dynamische Volumenstromregler von Frese ein. Heute ist man immer noch stolz auf diesen geschickten Zug und den geringen Verbrauch.

Die Ausgangslage

Das Gebäude hat einen maximalen spezifischen Heizwärmebedarf von 46 W/m². Damit liegt es unter dem Richtwert von 50 bis 60 W/m2 für Gebäude, die nach 1995 errichtet wurden. Die zu beheizende Nutzfläche beträgt 4.378 m², daraus ergibt sich ein Norm-Heizlastbedarf von 46 W/m² x 4.378 m², also gesamt 201 kW. Beheizt wurde das Gebäude zunächst mit einer Anlage bestehend aus zwei 200-kW-Gasbrennwertgeräten, Kesselkreispumpen, einer hydraulischen Weiche sowie einem Heizungsverteiler mit zehn Regelkreisen, zehn Umwälzpumpen und zehn Regelventilen. Wie bei vielen anderen Heizungsanlagen war auch die Anlage im Rathaus Leer nicht hydraulisch abgeglichen, obwohl dies schon lange vorgeschrieben ist.

In Leer betrug die Vorlauftemperatur 70 °C, die Rücklauftemperatur 68 °C, das ΔT lag also bei nur 2 K. Eine Brennwertnutzung war nicht möglich. Bei dem benötigten Heizwasservolumenstrom von 86,2 m3/h wurden 39.300 m3 Gas pro Jahr verbraucht bzw. 22,2 m3 Gas pro Gradtag.

Die Lösung

Mit relativ kleinen Änderungen an der Anlage konnte ein großer Effekt erzielt werden: Der Heizwasser-Volumenstrom wird durch einen hydraulischen Abgleich reduziert. Dabei wird nicht mit den bisher genutzten statischen Ventilen gearbeitet. Dies wäre zwar möglich, doch relativ aufwendig und hat den Nachteil, dass bei jeder Änderung an der Heizungsanlage komplett neu einreguliert werden muss. Stattdessen wurden zehn dynamische Volumenstromregler von Frese verbaut, die einen einfa­chen hydrau­lischen Abgleich ermöglichen. Diese Regler dienen in Heizungs-, Klima- und Kälte­anlagen dazu, den Volumenstrom einfach und zuverlässig in die verschiedenen Systemabschnitte zu verteilen, und zwar unabhängig von Schwankungen im Differenzdruck des Systems.

Arbeit als Durchflussbegrenzer

Die Begrenzer werden auf einen gewünschten Volumenstrom eingestellt und verhindern, dass ein höherer Volumenstrom durchgelassen wird. Erhöht sich der Druck vor dem Ventil, schließt das Ventil durch die integrierte Feder etwas, so dass der Druckverlust über das Ventil entsprechend zunimmt. So bleibt der gewünschte Volumenstrom im vorgegebenen Bereich. Ein möglichst wirtschaftlicher Betrieb ist sichergestellt. Zusätzliche Regelventile am Hauptkreis oder an den Abzweigungen sind nicht erforderlich. Das System ist flexibel, da der ursprüngliche Systemkreis bei späteren Erweiterungen nicht neu einreguliert werden muss.

Die hydraulische Weiche wird nicht mehr benötigt, denn die Umlaufwassermenge wird durch den Einsatz der dynamischen Ventile konstant gehalten. Auch auf die zehn Umwälzpumpen kann verzichtet werden – sie wurden durch eine Kesselkreispumpe ersetzt. Außerdem konnte einer der beiden Kessel weggeschaltet werden, der lediglich als Notkessel erhalten bleibt.

Das Ergebnis

Durch den hydraulischen Abgleich ist die Heizungsanlage richtig eingestellt, das heiße Wasser in der Anlage erreicht auch die weit von der Pumpe entfernten Gebäudeteile bzw. Räume. Alle Räume sind gleichermaßen angenehm temperiert. Durch die dynamischen Ventile ließ sich der Volumenstrom bei Teillast deutlich reduzieren: von 86,2 m³/h auf 8,6 m³/h, also auf ein Zehntel. Um den gleichen Faktor konnte die Temperaturabgabe ΔT gesteigert werden: Das sanierte System läuft mit einer Vorlauftemperatur von 70 °C und einer Rücklauftemperatur von 50 °C, das ΔT konnte also von 2 K auf 20 K erhöht werden.

Diese Ersparnis macht sich auch finanziell bemerkbar: Durch den Wegfall der zehn Umwälzpumpen werden allein rund 3.600 kW/h pro Jahr gespart. Im Jahr 2015 lag der Strompreis bei 28,81 Cent, das heißt in diesem Jahr konnten rund 1.040 € eingespart werden. Da auch wesentlich weniger Heizwasser verbraucht wird, konnte zudem der Gasverbrauch reduziert werden, um 5.800 m3/Jahr bzw. ca. 58.400 kWh/a. Das entspricht beim Gaspreis von 3,6 Cent/kWh (Jahr 2014) einer Einsparung von rund 2.100 €. Nach nicht einmal einem Jahr hatte sich die neue Anlage amortisiert. Die Gemeinde hatte 2.700 € in­ves­tiert (1.400 € Materialkosten für zehn Frese-S-Ventile, 1.300 € Installationskosten). Bei einer jährlichen Einsparung von mehr als 3.100 € konnten so bis heute über 30.000 € eingespart werden. Zudem wurden über die zehn Jahre hinweg insgesamt 166 t CO2 eingespart.

René Effelsberg, Geschäftsführer Frese Armaturen GmbH

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