Hürden auf dem Weg zur Energieplanung

Die Veränderung des globalen Klimas, sei sie nun von Menschen verursacht oder nicht, ist eine messbare Realität. Dem gesunden Menschenverstand ist es geschuldet, künftig verantwortlich mit den Ressourcen umzugehen. Eine ganze Reihe von Gesetzen wurde in Deutschland erlassen, um dieses Ziel zu unterstützen. Die Bau- und Planungsbranche ist hiervon intensiv betroffen, denn sogar die Aufwendungen für Herstellung und Transport von Baustoffen finden, z. B. in CO2-Bilanzen über den Lebenszyklus, immer mehr Berücksichtigung.


Der Energieplaner

Es entsteht derzeit ein neues Bau-Berufsbild, das des Energieplaners. Manche Ingenieurunter­nehmen richten ganze Planungs­abteilungen hierfür ein, so ist der Autor dieses Artikels z. B. Leiter des neuen „Fachbereiches Energie+Umwelt“ bei der „Car­pus+Partner AG“. Er hat die Aufgabe, mit seinem Team die Vorgaben durch die EnEV und das EEWG im Bauprozess zu erfüllen. Hierbei geht es um deren Anwendung im Neubau genauso wie für den Gebäudebestand.

Vor dem Hintergrund der Verantwortung für die nächsten Generationen erscheinen die neuen Gesetze als Chance, wenngleich sie noch nicht optimal auf die Planungsanforderungen abgestimmt sind. Ebenso spiegeln sich die gewandelten Realitäten des Bauens nicht angemessen in der „HOAI“ wider.

Die Gebäudehülle und die Nutzungsart sowie die verwendete Anlagentechnik führen gemäß der EnEV zu einem zulässigen Primärverbrauch. Das EEWG definiert wiederum, dass der Anteil für die Wärme/Kälte gering zu halten ist, indem regenerative Brennstoffe verwendet werden oder der Gesamtverbrauch gesenkt wird. Das Vorgehen dabei ist wenig differenziert (gekühlt oder ungekühlt, dazwischen gibt es nichts) und erlaubt teilweise auch nicht, wichtige und bestens erprobte Technologien zu berücksichtigen.

Nehmen wir zum z. B. Erdkanäle (seit Jahrtausenden im Einsatz), Latentspeicher (Erhöhung der Speichermasse auf kleinstem Raum zur Kompensation von Schwankungen) oder die adiabate Kühlung, welche eine Grundkühlung wirtschaftlich sicherstellen kann. All diese Anwendungen sind nachhaltig und zur Verwendung geboten, aber gemeinsam ist ihnen auch, dass sie derzeit nicht im Rahmen der Genehmigungsnachweise berücksichtigt werden können. So müssen diese Techniken immer eine Zusatzinvestition neben den gängigen Installationen bleiben und können den Bauherren nicht helfen, die Vorgaben alternativ zu erreichen.


Alternative Verfahren zulassen

Die Gesetzgebung sollte also Möglichkeiten und Anreize schaffen, alternative Verfahren zur Berechnung zuzulassen und diesen Prozess nicht noch erschweren.

Für die Planer mindestens genauso prekär ist es, die gebotene Energieplanungsleistung nicht angemessen vergütet zu bekommen. Die Vergütung für den EnEV-Nachweis orientiert sich auch nach der Novellierung der HOAI immer noch an der Wärme­schutzverordnung von 1976, obwohl die Anforderungen – zu Recht – mehrfach angehoben und der rechnerische Nachweis gemäß der 1000 Seiten umfassenden DIN 18 599 um ein Vielfaches komplexer geworden ist.

Zwar ist gemäß der neuen HOAI § 3 Absatz 1 die Beratungsleistung nicht mehr verbindlich geregelt, dennoch werden in der Anlage 1, Abschnitt 1.2 die Leistungen der thermischen Bauphysik mit einer Honorartabelle versehen, die für Nichtwohngebäude weder auskömmlich ist, noch das vollständige Leistungsbild enthält.

Hinzu kommt der heutzutage übliche, beschleunigte Planungsprozess, der wenig Raum lässt für eine individuell angepasste und somit effiziente Energiekon­zeption. Diese nämlich ist innerhalb der Vorplanung in Form von Varianten zu diskutieren und mit Versorgungsingenieuren sowie Architekten abzuwägen. Bei einem Zeitrahmen von häufig nur sechs bis acht Wochen werden Kreativität und optimale Lösung dann leicht durch einen etablierten, aber eben nicht angepassten Standard ersetzt. Dabei ist es sehr wichtig, in der Frühphase eines Projekts angemessene Zeit für die Präzisierung der Aufgabenstellung und die Projektierung zu erhalten, denn eine energetische Optimierung des Entwurfs führt in den allermeisten Fällen ebenfalls zu einer Reduzierung der Baukosten.

Die Energieplaner müssen kreativ an die Aufgabe herangehen und jedes Konzept individuell gestalten. Das kostet nun einmal Zeit. Nehmen wir z. B. die Simulation des gesamten Energieflusses. In ihr wird deutlich, wo wie viel Energie benötigt und umgewandelt wird. Alle geplanten Anlagen, z. B. Kältemaschinen, Warmwassererzeugung, Lüftung, Druckluft­erzeuger werden mit Hilfe ihrer Kennzahlen (z. B. Wirkungsgrad) über einen bestimmten Zeitraum (meist ein Jahr) simuliert. So können z. B. durch Austausch einzelner Komponenten und Anlagen so lange Variationen des Energiesystems durchgeführt werden, bis das energetische Optimum erreicht ist.

Die Simulation des Energieflusses hat also erhebliche Auswirkungen auf die weitere Gebäudeplanung (Layout, Raumfolge, Anlagentechnik, Dimensionierung der Medien etc.) und gehört an den Anfang des Planungsprozesses.

„Greenbuilding“ und Nachhaltigkeit sind weitere Versuche, mit noch mehr Orientierungs-, Vergleichs- und Rechenwerken dem Ziel einer „gesunden Baukultur“ näher zu kommen. Die Zertifikate der Organisationen „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)“ oder „Green Building Council“ mit „Leadership in Energy and Environmental Design (LEED)“ sollen marktfähige Transparenz herstellen. Sie zielen auch auf die Qualität des Planungsprozesses, da erkannt wurde, dass die komplexen, baulichen, werkstofflichen und energetischen Zusammenhänge nur durch einen hinreichenden und integralen Planungsprozess bedient werden können.

 

Fazit

Wir bauen nicht mehr für die Ewigkeit, jedoch werden die Folgen unseres Handelns noch Generationen nach uns beeinflussen. Nachhaltigkeit zu beachten, sollte daher Bauherren wie Planern eine Selbstverständlichkeit sein. Es werden zu wenige alternative Verfahren zur Berechnung zugelassen, daher müssen die aktuellen Gesetzgebungen zügig weiter optimiert werden. Sie entsprechen also derzeit nicht den Realitäten des Planungsablaufs und einer angemessenem Vergütung. Die Energieplaner müssen von Anbeginn des Projekts gemeinsam mit Architekten wie Versorgungsingenieuren kreativ zusammenarbeiten und jedes Konzept individuell gestalten. Durch die Bauherren sollte hierfür eine angemessene Zeit für die Präzisierung der Aufgabenstellung und deren Durchplanung vorgesehen werden.


Johannes Weitzel, Carpus+Partner AG,

Bereichsleiter Energie+Umwelt

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