Kessel reduziert CO2-Emissionen kontinuierlich
tab: „Kessel ist klimaneutral.“ So heißt es in der aktuellen Pressemitteilung Ihres Unternehmens. Was bedeutet dies konkret?
Edgar Thiemt: Wir verstehen uns als Macher – auch in Sachen Nachhaltigkeit. Anstatt zu versprechen, in 10, 20 oder 30 Jahren klimaneutral zu werden, haben wir es einfach gemacht. Das ist zu einem großen Teil unserem motivierten Nachhaltigkeitsteam zu verdanken, in das sich unsere Mitarbeitenden mit eigenen Ideen einbringen können. Diese Ideen fließen dann kontinuierlich in unsere Nachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Maßnahmen in den vier Handlungsfeldern Markt, Umwelt, Mitarbeitende und Gemeinwesen ein.
Klimaneutralität bedeutet bei uns noch nicht Null-Emission, sondern, dass die durch Energieverbrauch entstandenen CO2-Emissionen am Standort ausgeglichen werden. Die nach Einsparmaßnahmen bei Energieträgern verbleibenden, unvermeidbaren Emissionen kompensiert Kessel, indem wir uns an einem der zertifizierten Klimaschutzprojekte von ClimatePartner beteiligen. Die Unterstützung dieser verifizierten Klimaschutzprojekte und Zertifizierungen mit internationalen Standards (z.B. Gold Standard oder Verified Carbon Standard) stellt sicher, dass nicht nur CO2 eingespart wird, sondern gleichzeitig auch die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) gefördert werden. Davon profitieren u.a. Tierschutz oder Biodiversität – und vor allem die Lebenssituation der Menschen vor Ort.
tab: Welche Motivation steckt dahinter?
Edgar Thiemt: Als Anbieter von Produkten, die nachhaltig Sicherheit schaffen sollen, haben wir ein großes Interesse daran, unserer unternehmerischen Verantwortung ganzheitlich gerecht zu werden. Wir verpflichten uns zur Klimaneutralität sowie der Umwelt- und Sozialverträglichkeit unseres gesamten Geschäftsbetriebs. Zudem soll nachhaltiges Denken und Handeln als Teil der Unternehmenskultur von allen Mitarbeitenden wahrgenommen werden. Der Vorstand der Kessel AG unterstützt mit Überzeugung das Erreichen unserer Nachhaltigkeitsziele.
Nachhaltiges Handeln ist Bestandteil unserer täglichen Arbeit bei Kessel. Wir sind uns bewusst, dass sich unsere Geschäftstätigkeit auch stark auf verschiedene Nachhaltigkeitsthemen auswirkt. Dem stellen wir uns tagtäglich. Zum Beispiel haben Themen wie die Begrenztheit von Ressourcen oder die Abkehr von fossilen Energieträgern Folgen für unsere Arbeit. Für die Herstellung unserer Produkte benötigen wir Kunststoffe, die heute noch überwiegend aus Erdöl oder -gas gewonnen werden. Wir wissen, dass diese Ressource begrenzt ist und suchen bzw. prüfen regelmäßig alternative Werkstoffe, welche langfristig verfügbar sind und den Ansprüchen unserer Anwendungen sowie der Sicherheit im laufenden Betrieb genügen. Gleichzeitig stellen wir fest, dass unser Geschäft durch das allgegenwärtige Nachhaltigkeitsthema und den Klimawandel zunehmend beeinflusst wird. Denn durch die globale Erwärmung kommt es immer häufiger zu Starkregenereignissen, bei denen unsere Produkte als Rückstauschutz dringend benötigt werden.
tab: Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Edgar Thiemt: Zur Berechnung der eigenen Klimabilanz, des sogenannten Corporate Carbon Footprint (CCF), haben wir gemeinsam mit den Klimaschutzexperten von ClimatePartner drei Kategorien von Emissionen (Scopes) erfasst und Daten dazu über das ganze Unternehmen gesammelt. Scope 1 betrifft die direkten Emissionen eines Unternehmens wie zum Beispiel das Erdgas unseres Blockheizkraftwerkes oder den Kraftstoffverbrauch unserer Fahrzeugflotte. Scope 2 beschreibt indirekte Emissionen aus der Nutzung von zugekaufter Energie wie den Kraftstrom für unsere Produktionsanlagen. Scope 3 umfasst eine Vielzahl von indirekten Emissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette vor und nach unserem Unternehmen anfallen – darunter u.a. Produktionsmaterial, Logistik, Mitarbeiteranfahrt, Dienstreisen und vieles mehr. Mit dieser Definition unseres „Fußabdrucks“ gehen wir weit über die gängige Betrachtung für Klimaneutralität hinaus, bei der häufig nur die ersten beiden Stufen berücksichtigt werden. Anschließend wurden die Aktivitätsdaten in CO2-Äquivalente umgerechnet. So lässt sich erkennen, wie sich unser CO2-Fußabdruck zusammensetzt, welche Auswirkungen einzelne Bereiche haben und woran wir in der Zukunft weiter arbeiten werden. Der erste Schritt zur Klimaneutralität nach dem Erfassen der Emissionen war, weitere Einsparpotentiale im Unternehmen zu erkennen und bestmöglich auszunutzen. Die nach den Einsparmaßnahmen verbleibenden, unvermeidbaren Emissionen kompensieren wir, indem wir uns an einem der zertifizierten Klimaschutzprojekte von ClimatePartner beteiligen. Bei diesen Projekten werden Treibhausgase an anderer Stelle auf der Welt eingespart oder gebunden – zum Beispiel, indem Bäume gepflanzt oder Alternativen für CO2-intensive Aktivitäten geschaffen werden. In „unserem“ Projekt wird in Uganda der Zugang zu sauberem Trinkwasser gesichert. So ist die Bevölkerung nicht mehr darauf angewiesen, Bäume abzuholzen, um das Trinkwasser mit dem gewonnenen Holz über offenen Feuern abzukochen.
tab: Zu welchen konkreten Maßnahmen hat dies geführt?
Edgar Thiemt: Mit einer klaren Nachhaltigkeitsstrategie, vielen kleinen und manchen großen Maßnahmen, treiben wir unsere Bemühungen um einen immer nachhaltigeren Geschäftsbetrieb schon seit vielen Jahren planvoll voran. Dazu zählen beispielsweise Solarpanels auf den Dächern unserer Werkshallen. Diese wandeln Sonnenlicht in Ökostrom um, der wiederum für die eigene Versorgung verwendet oder ins öffentliche Netz eingespeist wird. Das eigene 2016 errichtete Blockheizkraftwerk deckt darüber hinaus die gesamte Strom-Grundlast ab. Die dabei entstehende Abwärme nutzen wir für Produktionsanlagen und Betriebsgebäude. Der gerade entstehende Neubau des multifunktionalen Bürogebäudes am Standort Lenting besticht durch Energieeffizienz nach KfW-55-Standard, umweltfreundliche Grünflächen und nachhaltige Materialien. Der gesamte Standort Lenting ist auf eine energiesparende, elektronisch gesteuerte Pumpentechnik, die Beleuchtung auf LED-Technik umgestellt.
Aber auch bei kleineren Vorhaben behalten wir unseren CO2-Fußabdruck im Blick. Bei der auf Papier gedruckten Programmübersicht 2021 wurden mit Print & Forest 270 Bäume in Paraguay gepflanzt, die zur Erhaltung von Waldflächen beitragen. Langfristig erwarten wir mit allen unseren Maßnahmen bis zu 45 % unserer bisherigen Emissionen einsparen zu können.
tab: Wenn Sie die geplanten Ziele erreicht haben, was bleibt dann noch zu tun?
Edgar Thiemt: Wir haben Nachhaltigkeitsziele definiert, die kontinuierlich verfolgt werden. Zuständig für die Verfolgung der Ziele ist das Nachhaltigkeitsteam, in dem die Beauftragten der verschiedenen Managementsysteme für ihre jeweiligen Bereiche (Qualitätsmanagement nach ISO 9001, Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement nach ISO 45001, Energiemanagement nach ISO 50001 und Umweltschutzmanagement nach ISO 14001) die Fortschritte überprüfen. Die im Factsheet zusammengefassten Ziele wurden vom Nachhaltigkeitsteam gemeinsam mit dem Vorstand des Unternehmens festgelegt und auf unserer Webseite unter www.kessel.de/unternehmen veröffentlicht. Wichtig war dabei, dass die Ziele messbar und aussagekräftig sind.
Über diese in erster Linie aus den Managementsystemen stammenden Ziele hinaus haben wir ein Ziel besonders hoch priorisiert. Nämlich die langfristige Unabhängigkeit vom Rohstoff Erdöl. Als Zwischenschritt werden wir verstärkt Rezyklate und, wenn sinnvoll, Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen einsetzen. Langfristig wird Nachhaltigkeit aber erst mit Rohstoffen aus erneuerbaren Energiequellen zu erreichen sein. Es gibt für unsere Zukunft weiterhin noch einiges zu tun.
tab: Eine Frage zum Schluss: Welche Tipps können Sie Unternehmen geben, wenn sie diesen Zielen nacheifern wollen bzw. gibt es auch Fehler, die auf dem Weg vermieden werden sollten?
Edgar Thiemt: Wie bei so vielen Dingen liegt der Schlüssel einfach im Machen. Schon kleine Verbesserungen hinterlassen eine Wirkung und führen bei kontinuierlicher Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit zu immer weiteren Veränderungen und letztlich zu einem Großen und Ganzen. Wir bei Kessel hatten vor über zehn Jahren im Zusammenhang mit unseren Aktivitäten zu LEAN-Production erst einmal die Vermeidung von Verschwendung im Auge. Über die Jahre wurden damit in vielen Teams auch unzählige Maßnahmen zur Energieeinsparung und Umweltverträglichkeit umgesetzt. In der Folge haben sich daraus dann unsere Managementsysteme nach ISO 50001, 45001 und 14001 und letztlich, Stand heute, Kessel als klimaneutrales Unternehmen entwickelt. Den einzigen Fehler, den man machen kann, ist nichts zu machen.
tab: Herr Thiemt, dem können wir nur zustimmen. Vielen Dank für das Interview.
Kurzinfo
Nachhaltigkeit ist das übergreifende Motiv der Kessel AG: Seit 1963 schützen die Entwässerungslösungen Menschen und ihre Umwelt, indem sie Wasser ableiten, es von dort fernhalten, wo es Schaden anrichten kann und verhindern, dass schädliche Stoffe ins Abwasser gelangen. Zum 1. Mai 2021 konnte im Unternehmen ein weiterer Meilenstein erreicht werden: Kessel ist klimaneutral. Unter dem Motto „Klimaneutral bis 2030? Kann man machen, machen wir aber nicht!“ hat der Entwässerungsspezialist mit den Klimaschutzexperten von ClimatePartner eine Klimabilanz (Scope 1 bis 3) berechnet und anhand zahlreicher Maßnahmen, die zum Teil schon seit vielen Jahren laufen, die CO2-Emissionen kontinuierlich reduziert. Die nach den Einsparmaßnahmen verbleibenden, unvermeidbaren Emissionen kompensiert Kessel, indem es sich an einem der zertifizierten Klimaschutzprojekte von ClimatePartner beteiligt.
Weitere Informationen zur Klimaneutralität bei Kessel finden Sie unter www.kessel.de/de/unternehmen/unsere-verantwortung. Einen kompakten Überblick über alle Aktivitäten bietet auch das Nachhaltigkeitsvideo auf dieser Seite.
Nachgehakt
Warum Kunststoff?
Edgar Thiemt: Aus der Nachhaltigkeitsperspektive heraus wird der Werkstoff Kunststoff hin und wieder in Frage gestellt. Leider werden in solchen Diskussionen die verschiedenen Einsatzgebiete von Kunststoffen vermischt. Bei Wegwerfartikeln oder Verpackungen aus Plastik versuchen wir möglichst auf diesen Werkstoff zu verzichten. Bei unseren Produkten handelt es sich um langlebige Problemlösungen, bei denen Kunststoff als belastbares, korrosionsfreies und energieeffizient bearbeitbares Material derzeit die beste Wahl für Entwässerungslösungen darstellt, die so lange wie möglich funktionsfähig bleiben sollen. Das gilt natürlich nur bei erstklassiger Materialqualität, wie wir sie bieten. Dass wir dieses Versprechen auch halten können, zeigt unsere 20-jährige Garantie auf unsere Kunststoffbehälter.
Der Umwelt zuliebe wollen wir aber mittel- bis langfristig auf alternative Kunststoffe wie Recycling- und Bio-Kunststoff setzen. Wir prüfen deshalb laufend ihre Eignung für unsere Produktion und haben zu Testzwecken bereits erste Produkte aus solchen Werkstoffen hergestellt. Sobald wir ihre einwandfreie Qualität garantieren können, steht der Serienfertigung mit selbst produzierten oder zugekauften alternativen Kunststoffen nichts mehr im Wege.
Abfälle sind im produzierenden Gewerbe unvermeidlich – umso wichtiger, sie auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Um das zu erreichen, führen wir unseren Materialausschuss wieder in die Produktion zurück und setzen auch abseits der Fertigung konsequent auf Recycling. Noch besser als Abfälle wiederzuverwerten ist natürlich, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Deshalb digitalisieren wir immer mehr Prozesse, um beispielsweise unseren Büroalltag so papierlos wie möglich zu gestalten.