Langfristigkeit als Basis der Nachhaltigkeit
tab: „Die gesamte Unternehmenskultur von ebm-papst sowie die Produkte und Produktion sind nachhaltig ausgerichtet.“, so heißt es auf der ebm-papst-Webseite. Welche Motivation steckt dahinter?
Johannes Pfeffer: ebm-papst ist schon seit jeher der Nachhaltigkeit verpflichtet. Das gehört zu den Wurzeln unserer Firma. Wir sind als nachhaltiges Unternehmen gegründet worden und haben den Begriff schon gelebt, als er den meisten noch gar nicht geläufig war. Unser Firmengründer Gerhard Sturm hat bereits Anfang der 1960er Jahre gefordert, dass jedes neue Produkt, das wir auf den Markt bringen, das vorherige nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus ökologischer Sicht übertreffen muss. Dabei standen sowohl die Energieeffizienz als auch die Ressourcenschonung im Fokus. Nachhaltigkeit ist nichts, was wir aus Marketinggründen postulieren, sondern es ist eine intrinsische Motivation. Das ist wirklich etwas ganz Besonderes bei ebm-papst. Jede Entscheidung im Unternehmen wird vor dem Hintergrund einer langfristigen Perspektive und Zielsetzung getroffen. Wir wollen selbstverständlich wachsen und mehr Umsatz generieren. Aber dabei steht kein kurzfristiger Gewinn im Fokus, sondern wir streben ein qualitatives Wachstum mit immer besseren und höherwertigeren Produkten an.
tab: Sind die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit auf die Unternehmensgrenzen beschränkt oder setzen Sie als Firma auch Impulse darüber hinaus?
Johannes Pfeffer: Wir sind in vielen Verbänden, Hochschulen und Organisationen engagiert und gut vernetzt. Dort spricht man selbstverständlich auch über das Thema Nachhaltigkeit. Wir sind aber nicht missionarisch unterwegs und wollen andere bekehren, es ebm-papst nachzumachen. Wir geben mit Sicherheit ein gutes Beispiel ab und wenn sich andere daran orientieren sollten, würde uns das freuen. Wir wollen und werden uns aber in solchen Gremien nicht damit brüsten, was wir leisten. Nachhaltiges Handeln muss in anderen Unternehmen – genau wie bei uns – von innen heraus, aus eigener Überzeugung geschehen.
tab: ebm-papst wurde als „Klimaschutzunternehmen“ und als „Träger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises“ ausgezeichnet und erhielt den „Deutschen Corporate Social Responsibility Preis“. Sind Sie stolz darauf?
Johannes Pfeffer: Dazu passt das eben von mir Gesagte. Wir wollen uns gar nicht mit solchen Auszeichnungen brüsten. Natürlich freuen wir uns darüber, aber wir sind keine „Preisjäger“. Ansonsten könnten wir uns mit den vielen guten Dingen, die wir vor dem Hintergrund des nachhaltigen Handels leisten, bei etlichen anderen Wettbewerben mit sehr guten Chancen auf Erfolg beteiligen. Ich möchte hier vielmehr auf die Hintergründe eingehen, die zu solchen Auszeichnungen geführt haben. Es geht darum, dass etwas getan wird und nicht darum, ob es andere würdigen.
tab: Dann nennen Sie doch bitte ein paar konkrete Beispiele.
Johannes Pfeffer: Einer der Kernleitsätze von ebm-papst lautet: Local for local. Wir wollen dort produzieren, wo unsere Kunden sind. Das hat sowohl ökonomische, ökologische als auch soziale Vorteile. Wir verhindern dadurch, soweit es möglich ist, die unsäglich vielen Materialtransporte. Das reduziert die ansonsten hierbei anfallenden CO2-Emissionen, sorgt aber auch dafür, dass weniger Lkw unsere Straßen verstopfen. Gleichzeitig vermeiden wir Verpackungsmüll und können die aufwendige Lagerhaltung minimieren.
Dann hat sich ebm-papst einer Lean-Philosophie verpflichtet. Wir wollen langfristig das Unternehmen zu einem wirklichen „Lean Champion“ machen. Es geht darum, Verschwendung zu eliminieren und mit den vorhandenen Ressourcen – Rohstoffen, Platz, Kapital und Zeit – so schonend wie möglich umzugehen. Es dreht sich alles um die effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette in einem Unternehmen. Mich fasziniert diese Philosophie und wenn man nach ihr lebt, ist man fast schon von alleine nachhaltig unterwegs.
tab: Steht auch die Belegschaft bei ebm-papst hinter den von Ihnen formulierten Zielen?
Johannes Pfeffer: Wenn Sie einen Mitarbeiter von ebm-papst fragen, ob er die Nachhaltigkeitsziele seines Arbeitgebers unterstützt, wird er wahrscheinlich die Stirn runzeln und nicht sofort eine Antwort parat haben. Der Begriff Nachhaltigkeit ist den meisten nicht konkret genug gefasst. Fragen Sie den gleichen Mitarbeiter aber, ob er gerade an der Entwicklung eines besonders effizienten Ventilators arbeitet, ob er durch seine Arbeit dazu beiträgt, irgendwo auf der Welt CO2-Emissionen einzusparen, ob er in einem menschlichen Unternehmen arbeitet oder ob er durch sein Handeln Ressourcen einspart, dann kämen die Antworten wie aus der Pistole geschossen. Nachhaltiges Denken gehört durch unseren Gründervater Gerhard Sturm einfach zum Erbgut der Firma. Das leben auch die Mitarbeiter.
tab: Wo liegen bei Ihren Produktwelten noch besonders große Effizienzsteigerungspotentiale, die man mit künftigen Produktentwicklungen heben kann und wo sind sie bereits ausgereizt?
Johannes Pfeffer: Die Sättigungskurve in Bezug auf die Effizienzsteigerung unserer Produkte ist sicher noch nicht erreicht. Ich denke, dass zum Beispiel bei der Strömungsmechanik noch einiges rauszuholen ist. Auch die Antriebstechnik hat noch Potential. Aber wir sollten ein Produkt nicht in die einzelnen Hardware-Bestandteile zerlegen und für sich betrachten, sondern als System sehen und dabei auch die Software bzw. Elektronik mit in Betracht ziehen, die ein Produkt in der konkreten Anwendung bedarfsgerecht optimiert. Intelligente Regelungstechnik ist der wichtigste Schlüssel, um Energie einzusparen. Sie erinnern sich sicher, dass wir bereits 2010 die „GreenTech“-Initiative ins Leben gerufen haben. Dass wir diese jetzt Zug um Zug zur „GreenIntelligence“-Initiative ausweiten, zeigt, welche Bedeutung wir der Regelungstechnik und der Digitalisierung beimessen. Dazu zählt übrigens auch Predictive Maintenance – also die vorausschauende Wartung von Anlagen, die durch unsere intelligenten Produkte möglich wird.
tab: Die Ressourcen- und Energieeffizienz eines Produkts setzt bei der Entwicklung des Produktes und der Produktionsverfahren ein und endet bei der Recyclingfähigkeit am „Lebensende“ des Produkts. Haben Sie diese Aspekte ebenfalls im Blick?
Johannes Pfeffer: In der Produktentwicklung spielen der Materialeinsatz, die Ressourcenschonung und der mögliche Energieeffizienzgewinn eine sehr wichtige Rolle. Das haben wir immer im Blick und geben unser Bestes. Aber letztlich – und damit sind wir auch beim Punkt Lebenszyklusende – entwickeln wir Ventilatoren und Antriebe für unsere Kunden und wir sind zu einem gewissen Grad abhängig davon, was diese wünschen und einsetzen wollen. Es nützt ja nichts, wenn wir einen kompostierbaren Hightech-Werkstoff entwickeln, der optimal zu recyceln ist und gleichzeitig gute Effizienzwerte liefert, den aber niemand bezahlen kann bzw. will. Unsere Komponenten werden ja auch nicht für sich alleine eingesetzt, sondern sind Bestandteile eines größeren Systems.
Die Frage nach der Recyclingfähigkeit des Ventilators ist also von untergeordneter Bedeutung, wenn man z.B. ein komplettes Klima- und Kältesystem mit seiner Fülle an Komponenten betrachtet. Aber ich will nicht um den heißen Brei herumreden. Das Lebenszyklusende eines Produkts haben wir in der gesamten TGA-Branche – noch – nicht in ausreichender Weise auf dem Schirm. Da können wir alle noch besser werden. Ich würde mich aber freuen, wenn unsere Kunden das stärker von uns einfordern würden, denn man könnte von ebm-papst als Technologieführer sicher spannende Lösungen erwarten.
tab: Achten Sie auch bei Ihren Lieferanten auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen?
Johannes Pfeffer: Wir fordern von unseren Lieferanten eine ISO 9001- und eine ISO 14001-Zertifizierung. Die 50001-Norm und weitere ökologisch wertvolle Initiativen werden bei Vorhandensein als klarer Vorteil gewertet. Damit haben wir schon wichtige Aspekte abgedeckt. Wir treffen unsere Lieferantenentscheidungen aber natürlich nicht nur wegen Nachhaltigkeitsaspekten. Hohe Professionalität, Produktqualität, Liefertreue und Kostenlevel sind natürlich nicht minder wichtig. Und das muss vor dem Hintergrund unserer „Local for local“-Strategie für eigene Produktionsstätten genauso wie für unsere Lieferanten weltweit umgesetzt werden. Auch in einem ebm-papst-Werk in Rumänien, Ungarn oder China werden die gleichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Grundregeln eingehalten wie in einem Werk hierzulande. Was mir ganz wichtig ist: Langfristigkeit ist unser Ziel. Das gilt für unsere Kunden- und Lieferantenbeziehungen, das gilt für Produkteigenschaften, für Strategien des Managements und für die Zusammenarbeit mit unseren rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
tab: Welche realisierten Projekte würden Sie vor dem Hintergrund der geschilderten Nachhaltigkeitsbemühungen besonders erwähnen wollen?
Johannes Pfeffer: Da fallen mir als erstes unsere Neubauprojekte ein. Das sind echte Highlights. Wir errichten gerade ein großes neues Werk in Xi’an in China. Dort agieren wir aus ökologischer Sicht – insbesondere für chinesische Verhältnisse – wirklich vorbildhaft. Wir erzeugen dort unseren kompletten Energiebedarf über Solaranlagen und insbesondere über Erdwärmetechnologien. Freiwillig! Das fordert in China niemand von uns. Zum einen wollen wir damit auch anderen Firmen in China ein Beispiel geben, was möglich ist. Das fällt dort übrigens auf fruchtbaren Boden. Die viel gescholtenen Chinesen nehme ich nämlich als viel offener und umweltbewusster wahr als so manch anderes Land. Zum anderen sind wir auch überzeugt, dass es – egal wo auf der Welt – sinnvoll ist, Energie umweltschonend, regenerativ und mit einem möglichst hohen Grad der Autarkie selbst zu erzeugen. Das ist ökonomisch und ökologisch der richtige Weg, weil Energie sicher teurer werden wird – auch in China.
Das zweite Werk, das ich erwähnen möchte, ist unsere Produktionsstätte für Getriebe in Lauf an der Pegnitz. Allein die Tatsache, dass wir uns in der größten Krise, die die Weltwirtschaft seit dem 2. Weltkrieg erlebt, entschieden haben, die Investition in den Neubau nicht zu stoppen, sondern die Maßnahmen vor Ort wie geplant durchzuführen, ist ein klares Statement von ebm-papst in Sachen Nachhaltigkeit. Wir geben zwei energie- und prozessseitig unwirtschaftliche Teilwerke, die nicht mehr dem ebm-papst-Standard entsprechen, sowie eine angemietete Lagerhalle in der Region auf und führen diese in einem modernen, energetisch optimierten Neubau zusammen. Allein die dadurch mögliche Einsparung von Hunderten von Fahrten zwischen den beiden alten Werken ist Nachhaltigkeit pur.
Es würde sicher den Rahmen dieses Interviews sprengen, wenn ich jetzt noch ausführlich auf die vielen kleineren Aktivitäten eingehen würde, bei denen ebm-papst sein Engagement für mehr Nachhaltigkeit unter Beweis stellt. Diese reichen von durch uns organisierten Bustransfers unserer Belegschaft zu den Werken über die jungen Energiescouts, die Energieeinsparmöglichkeiten im Unternehmen aufspüren, bis hin zu unserer attraktiven Kantine. Letztere haben nur wenige auf dem Schirm, aber ich finde, dass eine Kantine mit auch aus ökologischer Sicht sorgfältig ausgewählten Speisen eine wirklich nachhaltige Sache ist.
Und für die Kantine gilt eigentlich das Gleiche wie für unsere Produkte. Wir achten bei allem sehr auf allerhöchste Qualität. Und qualitativ hochwertige – und damit langlebige – Produkte, sind per se nachhaltig. Wie schon erwähnt: Langfristigkeit ist eine Säule unserer Firmenphilosophie und die Basis der Nachhaltigkeit.
tab: Herr Pfeffer, herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Unternehmen
Die ebm-papst-Gruppe, Familienunternehmen mit Hauptsitz in Mulfingen, Baden-Württemberg, ist weltweit führender Hersteller von Ventilatoren und Antrieben. Seit der Gründung 1963 setzt der Technologieführer mit seinen Kernkompetenzen Motortechnik, Elektronik und Aerodynamik internationale Marktstandards. Mit über 20.000 Produkten bietet ebm-papst passgenaue, energieeffiziente und intelligente Lösungen für praktisch jede Anforderung in der Luft- und Antriebstechnik.
Im Geschäftsjahr 2019/2020 erzielte der Hidden Champion einen Umsatz von 2,188 Mrd. € und beschäftigt knapp 15.000 Mitarbeiter an 29 Produktionsstätten (u.a. in Deutschland, China und den USA) sowie 48 Vertriebsstandorten weltweit. Den Benchmark bei Ventilatoren- und Antriebslösungen setzt ebm-papst in nahezu allen Branchen, wie z.B. in der Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik, Heiztechnik, Automotive, Informationstechnologie, Maschinenbau, Gastronomie und Haushaltsgeräte, Intralogistik sowie Medizintechnik.