Moderne Beleuchtung am Arbeitsplatz
Der Mensch steht im MittelpunktBei der Planung der klassischen Arbeitsplatzbeleuchtung spielte ihre Wirkung auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter bisher eher eine untergeordnete Rolle. Aber durch neue Erkenntnisse aus der Chronobiologie und mit der Vergabe des Nobelpreises für Medizin 2017 an die Entdecker der „inneren Uhr“ muss auch ein neuer Blick auf die Arbeitsplatzbeleuchtung gerichtet werden.
Für die Entstehung des Lebens auf der Erde ist maßgeblich die größte uns bekannte Strahlungsquelle, die Sonne, verantwortlich. Die Sonnenstrahlung, die durch die Atmosphäre auf die Erde auftrifft, wird als optische Strahlung bezeichnet und umfasst ein breites Spektrum, das sich von der Ultraviolettstrahlung bis hin zur Wärmestrahlung erstreckt.
Diese Sonnenstrahlung steuert viele lebenswichtige Funktionen bei uns Menschen, wie beispielsweise die Vitamin-D-Bildung oder die Wärmestrahlung, die Leben auf der Erde erst ermöglicht.
Im gesamten Spektrum der Sonnenstrahlung befindet sich aber nur ein kleiner Strahlungsbereich, der für den Menschen sichtbar ist. Dieser Spektralbereich wird Licht genannt und wird nur einfarbig weiß wahrgenommen.
Wenn man genauer hinschaut, ist das für uns wahrnehmbare weiße Licht aber eine Mischung aus verschiedenen Spektralfarben. Besonders eindrucksvoll ist das bei einem Regenbogen zu beobachten. Durch die Wassertropfen in der Atmosphäre wird das Licht in seine Bestandteile aufgebrochen und es sind die Spektralfarben und deren Nuancen von Violett, Blau, Grün, Gelb bis hin zu Rot, die wir erkennen. Nur die Mischung dieser spektralen Farben erzeugt das Tageslicht.
Physikalisch betrachtet ist Licht eine Überlagerung vieler elektromagnetischer Wellen, die u.a. über die Wellenlänge beschrieben werden. Die Wellenlänge wird mit der Einheit Nanometer [nm] angegeben. Jeder Farbe ist eine bestimmte Wellenlänge zugeordnet, so dass sich das sichtbare Licht im Wellenlängenintervall zwischen 380 und 780 nm befindet. Eine Erhöhung des numerischen Wertes der Wellenlänge bedeutet eine Verschiebung hin zur Farbe Rot.
Der blaue spektrale Anteil des Lichts liegt im Bereich zwischen 450 und 480 nm (Bild 1).
Der Lichtkreislauf
Das Tageslicht ist dynamisch, denn durch atmosphärische Bedingungen, wie z.B. Wetter, Sonnenstand oder Streuung an Partikeln in der Luft, ändert sich die Zusammensetzung der Spektralfarben im Verlauf des Tages.
Bei strahlend blauem Himmel sind die Spektralfarben Violett und Blau des Tageslichtspektrums stärker vertreten als am Abend. Wegen der Veränderung des Sonnenstands und der Streuung von Partikeln in der Luft, sind die Spektralfarben Orange und Rot am Abend stärker vertreten, so dass man vom Abendrot spricht.
Die Lichtfarbe, also das Weiß des Tageslichts, erscheint uns deshalb je nach Tageszeit als „warmweiß“ (rötlich) oder „kaltweiß“ (bläulich) und wird durch die Farbtemperatur charakterisiert.
Auch die Intensität des Lichts am Auge verändert sich im Tagesverlauf. So ist bei strahlend blauem, klarem Himmel eine Beleuchtungsstärke von ca. 100.000 Lux festzustellen, während diese am Abend lediglich ca. 1.000 Lux beträgt (Bild 2).
Nicht nur die spektralen und lichttechnischen Eigenschaften des Tageslichts variieren im Tagesverlauf, sondern auch der Sonnenstand. Je nachdem, wo sich die Sonne im Tagesverlauf gerade befindet, verändert sich damit auch der Einfallswinkel des Lichts in das Auge.
Die innere Uhr
Diese zyklischen Veränderungen des Tageslichts haben Einfluss auf verschiedene biologische Rhythmen im menschlichen Organismus. Man spricht hier von der inneren Uhr, die autark abläuft und durch exogene Zeitgeber getaktet wird.
Das dynamische Tageslicht ist einer der wichtigsten Zeitgeber für die innere Uhr.
Der Rhythmus, der mit einer Frequenz von einem Tag abläuft, wird Circadianer-Rhythmus genannt. Der Schlaf-/Wachrhythmus ist der wichtigste der inneren Prozesse, die mit der Frequenz eines Tages ablaufen. Er wird über die Hemmung und Ausschüttung des Hormons Melatonin gesteuert.
Mit der Entdeckung eines weiteren lichtempfindlichen Rezeptors (retinale Ganglienzellen, ipRGC) in der Netzhaut des Auges im Jahr 2002, konnte der Melatonin-Regelkreis in zahlreichen klinischen Studien genauer beschrieben werden. Es konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass die neuen lichtempfindlichen Rezeptoren, die sich im unteren Bereich der Netzhaut gehäuft befinden, vor allem auf die Blauanteile im Tageslicht sensibel reagieren (Bild 3).
Durch Nervenleitungen sind diese blauempfindlichen Rezeptoren mit der Zirbeldrüse des Gehirns verbunden, in denen das Hormon Melatonin synthetisiert wird.
Durch eine Aktivierung der blauempfindlichen Rezeptoren durch die blauen Lichtanteile im Wellenlängenbereich zwischen 450 und 480 nm wird die Ausschüttung des Hormons in den Blutkreislauf verhindert und bewirkt, dass wir wach, agil und leistungsfähig sind.
Beim Fehlen der blauen Lichtreize oder in Dunkelheit wird die Hemmung der Melatonin-Ausschüttung aufgehoben; wir werden müde und der Erholungsprozess in der Nacht wird eingeleitet.
Störungen dieses natürlichen und für unser Wohlbefinden so wichtigen Kreislaufes, beispielsweise durch Nachtarbeit oder falsche Arbeitsplatzbeleuchtung, können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und zur Herabsetzung der Arbeitsleistung führen. Einige Quellen sehen einen Zusammenhang zu Krebserkrankungen und der Störung des circadianen Rhythmus’ durch eine Lichtexposition in der Nacht. [3]
Die künstliche Beleuchtung am Arbeitsplatz
Wegen der Bedeutsamkeit des Tageslichts hat der Gesetzgeber in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.4 vorgegeben, dass „die Beleuchtung der Arbeitsplätze mit Tageslicht der Beleuchtung mit ausschließlich künstlichem Licht vorzuziehen“ ist. Deshalb sollte zunächst bei der Errichtung und Planung von Arbeitsplätzen die Tageslichtversorgung möglichst sichergestellt werden.
Da es in der Arbeitswelt aber in weiten Teilen nicht möglich ist, jedem Arbeitnehmer Tageslicht anzubieten, muss die künstliche Beleuchtung so gestaltet werden, dass sie dem Tageslicht adäquat entspricht, den biologischen Rhythmus unterstützt und nicht negativ beeinflusst.
An den allermeisten Arbeitsplätzen wird jedoch immer noch eine generalisierte Standardbeleuchtung verwendet, die deren negative biologische Wirkung nicht berücksichtigt. Denn ungeeignetes Licht zum falschen Zeitpunkt verabreicht kann zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen.
Auf der Fachmesse Light+Building (L+B) 2018 in Frankfurt am Main stand das Thema „Human Centric Lighting“ (HCL) ganz im Fokus. HCL ist ein ganzheitlicher Ansatz für die Beleuchtung von Arbeitsstätten, bei dem der Mensch im Zentrum des technischen Wirkens steht. Dabei wird die visuelle und nicht visuelle Wirkung des Lichts auf den Menschen gleichermaßen berücksichtigt.
Neben den visuellen Anforderungen an die Beleuchtung, wie Mindestbeleuchtungsstärken und lichttechnische Gütemerkmale, stehen mehr und mehr auch Aspekte der Gesundheit und des Wohlbefindens im Mittelpunkt. Aber auch die Arbeitsleistung steigt und die Fehlerquote sinkt (Bild 4).
Erstmalig werden die Erkenntnisse über die nicht visuelle, biologische Wirkung des Lichts auf den Organismus aktiv in die Entwicklung neuer Beleuchtungsprodukte umgesetzt. Dazu stellte die Beleuchtungsindustrie auf der Messe neue Produkte vor, die die Beleuchtung und das visuelle sowie nicht visuelle System des Menschen harmonisieren sollen.
Allerdings sind die Erkenntnisse der biologischen Wirkung der Beleuchtung auf den Organismus nicht ganz neu, denn mit der biologischen Wirksamkeit der Beleuchtung befasst sich bereits die DIN SPEC 67600 aus dem Jahr 2014.
Diese Norm gibt Planungsempfehlungen für eine tageszeitabhängige Lichtdynamik für unterschiedliche Arbeitsbereiche vor. Dabei ist es Ziel, die Beleuchtung mit dem circadianen Rhythmus (Schlaf-/Wachrhythmus) zu synchronisieren.
Auch die Norm DIN EN 12464-1, als Planungswerkzeug für die Beleuchtung von Arbeitsplätzen, stellte bereits im Jahr 2011 fest, dass die Beleuchtung Einfluss auf den circadianen Rhythmus und den physischen sowie psychischen Zustand des Menschen hat und empfiehlt, die künstlichen Lichtbedingungen an den natürlichen Tageslichtzyklus anzupassen.
In der alltäglichen Planungspraxis werden die Aspekte der beiden Normen allerdings vielfach ignoriert, aus Unkenntnis oder weil eine dynamische Lichtsteuerung oder höhere Beleuchtungsniveaus mehr Investitionskosten beinhalten.
Die visuellen und lichttechnischen Anforderungen für die künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten sind in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.4 sowie in den Normen DIN EN 12464, Teil 1 für Innenräume und Teil 2 für Arbeitsstätten im Freien beschrieben.
Hier werden für die unterschiedlichen Arbeitsplätze mit deren jeweiligen Sehanforderungen Mindestbeleuchtungsstärken vorgegeben, die im Sinne des Arbeitsschutzes Arbeitsunfälle verhindern sollen. Die jeweils an die Komplexität der Sehaufgaben angepassten Beleuchtungsstärken sollen gleichwohl für eine geringe Ausschuss- und Fehlerquote sorgen.
Generell kann gesagt werden: Je größer die Anforderung an die Sehaufgabe ist desto höher muss die Beleuchtungsstärke am Arbeitsplatz sein.
Mit höheren Beleuchtungsstärken am Arbeitsplatz ist aber auch das Risiko der Blendung erhöht, die nicht zwingend zu einer messbaren Herabsetzung der Sehleistung führen muss. Auch eine psychologische Blendung beeinträchtigt die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, da hierbei die gesamte Aufmerksamkeit des Mitarbeiters auf die störende Lichtquelle und das subjektiv empfundene Blendgefühl gerichtet ist. Insofern fördert eine entsprechende Blendungsbegrenzung auch das Wohlbefinden am Arbeitsplatz.
Bei diesen normativen Vorgaben wird allerdings nicht berücksichtigt, dass sich in den kommenden Jahrzehnten immer mehr ältere Arbeitnehmer im Arbeitsprozess befinden werden. Da sich im Alter die Sehfunktionen verändern, benötigen ältere Arbeitnehmer ein höheres Beleuchtungsniveau als ihre jüngeren Kollegen.
So planen Lichtplaner und Auftraggeber/Arbeitgeber mit Blick auf die Investitionskosten meist nur auf der Basis der von den Normen vorgegeben Mindestbeleuchtungsstärken. Jede Erhöhung des Beleuchtungsniveaus ist mit Mehrkosten verbunden und in der Regel nicht gewollt.
Möglichkeiten der technischen Umsetzung des HCL
Das Ziel einer modernen, nachhaltigen Arbeitsplatzbeleuchtung in Innenräumen oder Bereichen, in denen nicht ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht, sollte also sein, mit technischen Möglichkeiten das Tageslicht möglichst getreu nachzuempfinden und dabei darauf zu achten, dass keine beeinträchtigende Blendwirkung entsteht.
Für die Erzeugung von Licht stehen verschiedene Systeme zur Verfügung.
Mithilfe optischer Messverfahren ist es möglich, die spektrale Zusammensetzung der jeweiligen Lichtquellen sichtbar zu machen. Wie schwierig es aber ist Tageslicht technisch nachzuempfinden zeigt Bild 5.
Hier sind exemplarisch verschiedene Lichtquellen dargestellt, die für die Arbeitsplatzbeleuchtung verwendet werden können. Bei genauerer Betrachtung ist hier zu erkennen, dass die spektrale Zusammensetzung der jeweiligen Lichtquellen stark von der natürlichen Zusammensetzung das Tageslicht abweicht.
Nur wenige Sonderlichtquellen, die der Zusammensetzung des Tageslichts viel mehr entsprechen, werden beispielsweise in der grafischen Industrie zur Farbabmusterung verwendet. Diese Lichtquellen werden mit einem hohen energetischen Einsatz betrieben und sind auch wegen der hohen Lichtintensitäten für Büroarbeitsplätze nicht geeignet.
In der Beleuchtung von Arbeitsplätzen hat sich in den letzten Jahren der Einsatz von LED’s etabliert. Sie sind gegenüber den konventionellen Leuchtmitteln flexibler im Einbau in die Leuchtenkörper, energieeffizienter und der Wartungsaufwand durch den regelmäßigen Austausch von Leuchtmitteln ist erst nach einem längeren Zeitintervall erforderlich.
Auf der Messe L+B wurde von einem Hersteller eine neue LED-Technologie vorgestellt, die das Tageslicht deutlich besser nachempfinden kann als die bisher auf dem Markt erhältlichen LED’s. Diese neuen LED’s werden sonnenlichtähnlich oder „sunlike“ genannt.
Bereits vor der Messe wurden von den Herstellern Leuchten für die Arbeitsplatzbeleuchtung mit sogenannten Tunable White-LED’s angeboten. Dabei handelt es sich um LED’s, bei denen die Lichtfarbe zwischen warmweiß (2.700 K) und kaltweiß (5.000 K) beliebig variiert werden kann.
Damit glaubt man, eine technische Lösung zur Umsetzung des Prinzips des Human Centric Lighting gefunden zu haben. Die Idee dahinter ist, dass man den Mitarbeitern am Vormittag zur Aktivierung und Steigerung der Leistungsfähigkeit kaltweißes Licht mit einem hohen Blauanteil anbietet und zum Feierabend hin die Lichtfarbe auf warmweiß mit wenig Blauanteil umstellt, um dann die Mitarbeiter auf den Abend und auf den Beginn der Schlaf- und Erholungsphase vorzubereiten.
Durch moderne Steuerungstechnik ist es ebenfalls möglich auf die tageszyklische Veränderung der Beleuchtungsstärken zu reagieren. Mit Tageslichtsensoren und individuell steuerbare Leuchten kann das Beleuchtungsniveau entsprechend des Tagesverlaufs gedimmt werden. Es ist steuerungstechnisch auch möglich die Einstellmöglichkeiten am Arbeitsplatz individuell vom Mitarbeiter vornehmen zu lassen, damit dieser sich die Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz schafft die er benötigt.
Eine tageslichtähnliche und biologisch wirksame Beleuchtung ist auch abhängig von der Größe und Position der Lichtquelle im Gesichtsfeld. Bereits in Bild 3 wurde gezeigt, dass die Rezeptoren für die Melatonin-Sekretion flächig über einen Teilbereich der unteren Netzhaut angeordnet sind. Durch die optische Abbildung der Augenlinse wird die Mehrzahl dieser Rezeptoren durch eine flächige Beleuchtung aktiviert. Für den Arbeitsplatz sind daher Flächenleuchten besonders geeignet, da sie durch die großflächige Aktivierung der Netzhaut-Rezeptoren eine hohe biologische Wirkung haben.
Flächige Leuchten sind ebenfalls blendfrei, da sie die Netzhaut homogen beleuchten und hier große Helligkeitsunterschiede vermeiden.
Eine flächige Beleuchtung kann noch weiter unterstützt werden, indem die Raumflächen, wie Decken und Wände, beleuchtet werden und über eine diffuse Reflexion den gesamten Arbeitsbereich aufhellen. Hierdurch kann also ein künstlicher Himmel erzeugt werden, was den Tageslichtbedingungen weiter entspricht.
Viele Decken- oder Stehleuchten für die Arbeitsplatzbeleuchtung werden so konstruiert, dass der direkte Lichtanteil die Arbeitsfläche beleuchtet und der indirekte Lichtanteil die Decke aufhellt und somit einen großen „leuchtenden“ Raum herstellt.
Wenn man sich noch einmal den natürlichen Verlauf des Tageslichts anschaut, dann ist festzustellen, dass sich zu entsprechender Tageszeit auch die Lichtrichtung verändert. Am Tag steht die Sonne hoch am Himmel und zum Ende des Tages wird der Sonnenstand immer tiefer – bis sie schließlich am Horizont verschwindet.
Im Hinblick auf die Arbeitsplatzbeleuchtung kann der tiefe Sonnenstand am Abend beispielsweise durch Schreibtischlampen nachempfunden werden. Durch die Position und Lichtrichtung der Schreibtischlampe wird der Bereich der Netzhaut belichtet, in dem sich wenig biologisch wirksame Netzhaut-Rezeptoren befinden. Dieser Prozess kann unterstützt werden, indem zum Feierabend hin zunehmend nur die Wände diffus beleuchtet werden.
Auch hierfür gab es auch auf der L+B bereits ein vielversprechendes neues Beleuchtungssystem, das eine direkte Beleuchtung der Arbeitsfläche, eine indirekte Beleuchtung der Decke und oberen Wandanteile sowie eine seitliche Lichtverteilung für die indirekte Wandbeleuchtung in einer Leuchte vereint. Durch eine intelligente Steuerung könnte somit der natürliche Verlauf des Tageslichts nachempfunden werden.
Eine dem Tageslicht angepasste künstliche Beleuchtung berücksichtigt auch die natürliche Wiedergabe von Farben. Unter einer Beleuchtung mit einer Leuchtstofflampe oder LED werden Farben deutlich unterschiedlicher wahrgenommen als unter natürlichen Tageslicht.
Wie sehr Farben unter einer künstlichen Beleuchtung naturgetreu wiedergegeben werden, drückt der Farbwiedergabeindex Ra (engl. Color Rendering Index CRI) aus. Dabei ist das Tageslicht der Referenzwert und beträgt 100 %. Der Farbwiedergabeindex Ra für die Arbeitsplatzbeleuchtung sollte mehr als 90 betragen.
Kritische Bewertung und Risiken
Beeinflussung des Biorhythmus
Die Unterstützung des Biorhythmus’ durch eine entsprechende Beleuchtung mit einem hohen spektralen Blauanteil kann tagsüber durchaus gewünscht sein, um positive Effekte wie Wachheit und Leistungsfähigkeit zu unterstützen.
Eine generalisierte flächendeckende Standardbeleuchtung, die Einfluss auf den circadianen Rhythmus nehmen kann, sollte allerdings mit Vorsicht betrachtet werden, da alle Prozesse, die den circadianen Rhythmus beeinflussen können, nicht vollständig erforscht und die Langzeitfolgen noch nicht abschätzbar sind.
Jeder Mensch kann je nach Verlauf seiner individuellen inneren Uhr einem bestimmten Chronotypen zugeordnet werden. Menschen, die in den frühen Morgenstunden gerne aufstehen und deren Leistungsspitze am Vormittag ist, werden dem Chronotypen „Lerchen“ zugeordnet. Der Abendtype, die „Eulen“, sind eher Morgenmuffel und deren Tageshöchstform beginnt erst am Abend. Das zeigt die Herausforderung an das HCL: Beide Typen müssen mit der entsprechenden Beleuchtung bedient werden. Eine generalisierte Standard-Arbeitsplatzbeleuchtung ist hier nicht der optimale Ansatz.
Die Dämmerung signalisiert den Übergang zwischen Tag und Nacht und ist ein wichtiger Taktgeber für Wachheit und Schlaf.
Vor allem in der Winterzeit, bei der Feierabend und Dämmerung etwa zeitgleich verlaufen, ist eine Arbeitsplatzbeleuchtung mit warmweißen LED’s mit einer Farbtemperatur von 2.700 K riskant. Denn technologiebedingt haben auch warmweiße LED’s einen blauen Spektralanteil im Bereich um 450 nm. Dieser Blauanteil ist 2 bis 2,6 höher als bei natürlichem Tageslicht bei Sonnenuntergang und ist damit biologisch wirksamer (Bild 6).
Das bedeutet, dass eine Applikation von warmweißem LED-Licht in der Dämmerungszeit den Wach-/ Schlafrhythmus negativ beeinflussen kann. Und die Langzeitwirkungen bei einer permanenten Beeinflussung des Wach-/Schlafrhythmus’ durch Licht mit einem höheren Blauanteil sind noch nicht absehbar bzw. noch nicht hinreichend erforscht (Bild 6).
Photobiologische Gefährdung
Die Wechselwirkungen zwischen optischer Strahlung (Bild 7) und menschlichem Gewebe sind photobiologische Wirkungen; von der optischen Strahlung gehen auch Gefahren für das menschliche Gewebe aus.
Da die optische Strahlung nur oberflächlich in menschliches Gewebe eindringt, ist eine schädigende Wirkung auf die Augen und die Haut begrenzt (Bild 8).
UV-Strahlung kann auf der Haut zu einer beschleunigten Hautalterung und zu einer geschwächten Immunabwehr sowie zur Bildung von Hautkarzinomen führen. Am Auge kann diese Strahlung eine strahlungsbedingte Horn- und Bindehautentzündung sowie eine Trübung der Augenlinse hervorrufen.
Infrarotstrahlung ist Wärmestrahlung und kann am Auge sowie auf der Haut zu Verbrennungserscheinungen führen. Auch hier wird eine Trübung der Augenlinse beschrieben, die als Berufserkrankung bei Arbeitern in der Glasindustrie und an Hochöfen anerkannt ist.
Da alle bekannten weißen Lichtquellen ebenfalls künstliche optische Strahlung erzeugen, ist eine Risikobewertung auch für die allgemeine Arbeitsplatzbeleuchtung relevant.
Vor allem bei der LED-Beleuchtung besteht eine Gefährdung durch den blauen Spektralanteil bei etwa 450 nm. Wegen der Eindringtiefen gelangt das sichtbare Licht, und damit auch der blaue Anteil, bis auf die Netzhaut und kann über eine photochemische Reaktion die Regenerationsfähigkeit des Sehfarbstoffs irreversibel schädigen.
Bei Leuchtstofflampen für die Allgemeinbeleuchtung besteht eine Gefährdung durch UV-A-Strahlung, wobei durch einen entsprechenden Beleuchtungsabstand die Gefährdung deutlich reduziert wird.
Eine Bewertung von Lampen und Lampensystemen hinsichtlich einer photobiologischen Gefährdung erfolgt nach Lampensicherheitsnorm DIN EN 62471:2009. Nach dieser Norm werden die Beleuchtungssysteme vermessen und in Risikogruppen klassifiziert. Entsprechend ihres Gefährdungspotentials werden die Lampen und Lampensysteme in eine von vier Risikogruppen eingeteilt:
Der Hersteller eines Produktes für den europäischen Binnenmarkt hat gemäß der Richtlinie 2001/95/EG eine CE-Konformitätsbewertung durchzuführen, um damit die Sicherheit des Produktes zu bestätigen. Insofern muss der Leuchtenhersteller die Risikogruppe im Datenblatt der Leuchten angeben.
Die Technischen Regeln zur Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (TROS) geben neben einer Gefährdungsbeurteilung auch Maßnahmen zum Schutz vor optischer Strahlung an.
Flimmern
Bei der Planung und Einrichtung von Beleuchtungssystemen für den Arbeitsplatz muss gemäß DIN EN 12464-1 Flimmern (engl. flicker) vermieden werden. Flimmern ist eine periodische Schwankung der Helligkeit und kann je nach Frequenz sichtbar sein.
Flimmern bei niedrigen Frequenzen bis ca. 100 Hz kann bei empfindlichen Personen mit bloßem Auge wahrgenommen werden. Es kann zu Störungen des Wohlbefindens und zu Sehbeeinträchtigungen führen – in extremen Fällen sogar Auslöser von epileptischen Anfällen sein.
Außerdem kann Flimmern höherer Frequenzen zu Stroboskopeffekten führen. Durch die Überlagerung der Flimmer- und der Rotationsfrequenz von Maschinen kann der Eindruck entstehen, dass sich die Maschine im Ruhezustand befindet, was zu gefährlichen Fehleinschätzungen führen kann.
Auch bei einer LED-Beleuchtung besteht die Gefahr eines hochfrequenten Flimmerns mit Frequenzen von bis zu 400 Hz. Die Flimmerfrequenz ist eine Eigenschaft des Betriebsgerätes. Angaben zur Flimmerfrequenz sollten im Datenblatt der Leuchten angegeben sein. Hier ist auf einen Flicker-Index von ≤ 5 % zu achten.
Was ist zu tun?
Bei der Planung von Arbeitsplätzen sollten alle organisatorischen und baulichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Tageslichtversorgung der Mitarbeiter sicherzustellen.
Es sollte eine Vor-Ort-Analyse durchgeführt werden, um die Gegebenheiten an den jeweiligen Arbeitsstätten zu erfassen. Das beinhaltet auch die Analyse der jeweiligen Tätigkeiten und die Sehaufgaben, die zu bewältigen sind.
Am stärksten ist die biologische Wirkung des Lichts, wenn sich eine großflächige Lichtquelle im oberen Gesichtsfeld in einem Winkel von 45 bis 90° befindet und einen hohen spektralen Blauanteil hat.
Der ganzheitliche Ansatz des HCL, bei dem der Mensch im Mittelpunkt der Beleuchtungsplanungen steht, ist grundsätzlich gut. Allerdings sollten die zum jetzigen Zeitpunkt noch euphorischen Angebote der Leuchtenindustrie und die gezielte Einflussnahme der Beleuchtung auf den Biorhythmus zurückhaltend betrachtet werden.
Die Langzeitwirkungen einer mit dem Biorhythmus nicht synchronisierten Beleuchtung sind jedoch derzeit noch nicht bekannt.
Grundsätzlich gilt bei einer biologisch wirksamen Beleuchtung aber, dass sie den circadianen Rhythmus unterstützt und nicht beeinflusst. Das gilt insbesondere für die Beleuchtung für Nachtschichtarbeiter.
Solange noch nicht abschließend geklärt ist, welchen Einfluss der Blauanteil bei warmweißen LED’s mit der Farbtemperatur von 2.700 K auf die abendliche Lichtapplikation hat, sollte die Beleuchtung am Abend mit Halogenlampen erfolgen.
In der modernen Beleuchtungssteuerung steht eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten zur Verfügung, um eine Arbeitsplatzbeleuchtung so individuell wie möglich zu gestalten. Um dies umzusetzen, müssen allerdings der Wille und das notwendige Budget bereitgestellt werden.
Die Erneuerung oder Sanierung einer bestehenden Beleuchtungsanlage für Arbeitsplätze sollte behutsam und in Kooperation mit den Mitarbeitern geplant und umgesetzt werden.
In der Planungspraxis konnte oft beobachtet werden, dass sich die Mitarbeiter an eine nicht mehr normgerechte Beleuchtungssituation gwöhnt haben und den Bedarf an eine Erneuerung nicht sehen. Hier sollte zunächst mit Testinstallationen eine Akzeptanz für eine neue Beleuchtung geschaffen werden.
Trotz aller technischen Möglichkeiten des Human Centric Lighting (HCL) kann die Beleuchtung nur ein Teil des ganzheitlichen Konzepts sein. Auch die Arbeitsorganisation und die Gestaltung von Arbeitsprozessen sollten dem Biorhythmus angepasst sein.