Nachhaltigkeit als Wachstumsmotor

Wie die Lüftungs- und Klimatechnik von der Krise profitiert

Nachhaltigkeit gilt als wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige Entwicklung. Die damit einhergehende Abwägung ökologischer, ökonomischer und sozialer Faktoren bringt jedoch schon bei der Projektplanung für alle Beteiligten eine sehr hohe Komplexität mit sich. Können auf dieser Basis tatsächlich Impulse für unsere Branche entstehen oder handelt es sich letztendlich doch um viel heiße Luft? Die TAB sprach anlässlich des 30jährigen Bestehens der Menerga GmbH mit den beiden Geschäftsführern Dr. Jürgen Röben und Richard van Egdom darüber, wie Nachhaltigkeit in der Praxis aussehen kann und welche Rolle die Lüftungs- und Klimatechnik hier einnimmt.

TAB: Herr Dr. Röben, wie sehen Sie die Entwicklungen des letzten Jahres? Setzt sich der Nachhaltigkeitsgedanke bei Ihren Kunden durch oder wurde der gerade erst aufkeimende Trend durch die Realitäten der Wirtschaftkrise sofort wieder erstickt?

 

Dr. Jürgen Röben: Das letzte Jahr war für uns sehr spannend. Es hat einen breiten Bewusstseinswandel bei den Bauherren und Investoren gegeben, der in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten war. Und zwar wurde der Anfang 2009 aufkommende Trend in Richtung nachhaltiges Bauen durch die Zwänge der Wirtschaftskrise noch einmal erheblich verstärkt. Dies hört sich zunächst widersprüchlich an. Aber auf einmal wurde vielen Entscheidern bewusst, dass es ein böses Erwachen geben kann, wenn man bei langfristigen Projekten nur auf den kurzfristigen Gewinn setzt. Für die Gebäudetechnik heißt dies, das kritische Faktoren, deren Auswirkungen erst über die Zeit transparent werden, wie z. B. die Energiepreisentwicklung oder die Lebenszykluskosten, jetzt deutlich stärker ins Gewicht fallen.

TAB: Aber ist es nicht so, dass die schwierige Kreditsituation viele Projekte belastet und den Kostendruck gerade auch im Bereich der Gebäudetechnik verschärft hat?


Richard van Egdom: Auch wenn jetzt an den Finanzmärkten schon wieder gezockt wird, als hätte es die Krise nie gegeben, sind die Banken bei der Kreditvergabe deutlich konservativer geworden. Es kommt aber darauf an, über was für Projekte wir reden. Die Interessen von Kreditnehmern und Kreditgebern lassen sich hier durchaus in Einklang bringen. Die gleichen Argumente, mit denen wir unseren Kunden zeigen, wie sinnvoll es ist, auf energieeffiziente Technik zu setzen, helfen diesen wiederum ihre Projekte zu finanzieren. In Zeiten sich weltweit durchsetzender Gebäudezertifizierungssysteme ist eine entsprechend gute Bewertung auch ein Garant für eine langfristige Vermietbarkeit und geringe Betriebskosten. Hier ist die fondsgetriebene Dynamik, möglichst viel Fläche mit möglichst geringen Kosten auf den Markt zu werfen, komplett zum Erliegen gekommen. Finanziert werden heutzutage fast ausschließlich hochwertige Projekte, die sich auch langfristig am Markt behaupten können.

 

TAB: Ein derartiger Paradigmenwechsel wird für gewöhnlich nicht von heute auf morgen spürbar. Ist dieses neue Investitionsbewusstsein schon bei Ihren Kunden angekommen?

 

Richard van Egdom: Etwa seit der Mitte des letzten Jahres beobachten wir, dass der Markt unsere Lüftungs- und Klimageräte erheblich stärker nachfragt, und wir darüber hinaus auch bei immer mehr Großprojekten im Gespräch sind. Gerade hier zeigt sich ein deutlich höheres Interesse an Nachhaltigkeit, Effizienz und innovativen Lösungen.

Allerdings haben wir Anfang 2009 den gerade beschriebenen Umstellungsprozess der Finanzwirtschaft schon gespürt. Wir hatten einen großen Angebotsbestand mit sehr hochwertigen und viel versprechenden Projekten, denen aber zunächst nur wenige Aufträge folgten. Als dann wieder Bewegung in die Kapitalmärkte kam und sich zeigte, dass nahezu alle Projekte auch realisiert wurden, hatten wir quasi über Nacht wieder volle Auftragsbücher. So konnten wir im Sommer 2009 den höchsten Auftragseingang unserer 30-jährigen Unternehmensgeschichte verzeichnen. Wir haben also maßgeblich von dem durch die Krise verstärkten Bewusstseinswandel zur nachhaltigen Wirtschaftlichkeit profitiert.

 

TAB: Ähnliche Erfolgsgeschichten sind gegenwärtig eher selten anzutreffen. Warum gehört gerade die Lüftungs- und Klimatechnik zu den Gewinnern der Krise?

 

Dr. Jürgen Röben: Weil wir ganz wesentlich dazu beitragen, den Gebäudeenergieverbrauch zu reduzieren. Die Lüftungs- und Klimatechnik gibt uns eine Vielzahl von Möglichkeiten, hier mit kreativen Lösungen Einfluss zu nehmen. So wirkt sich die Effizienz von Energierückgewinnungssystemen entscheidend auf den Wärme- und Kältebedarf und somit auf die späteren Betriebskosten aus. Unsere Anlagen erreichen hier Temperaturwirkungsgrade von über 90 %. Damit können wir dem Investor etwa bei einer Modernisierung Energieeinsparungen von bis zu 25 % in Aussicht stellen. Vor dem Hintergrund der Gesamtbetrachtung der Energieflüsse eines Gebäudes gewinnt auch die gleichzeitige Bereitstellung von Kälte und Wärme zunehmend an Bedeutung. Ein weiteres Beispiel sind hybride Kaltwassererzeuger, in denen freie Kühlung, Verdunstungskühlung und mechanische Kälte in einem kompakten Gerät zusammengeführt werden. Oder die sorptionsgestützte Klimatisierung, mit der Solarwärme zur Luftentfeuchtung genutzt werden kann. In all diesen Bereichen bieten wir hocheffiziente Produkte, die genau in das Anforderungsprofil unserer Kunden passen. Mit aufeinander abgestimmten Systemkomponenten aus dem Lüftungs-, Klima- und Kältebereich lassen sich so maßgeschneiderte Lösungen für jedes Gebäude entwickeln.

 

TAB: Zu einer nachhaltigen Energieversorgung gehört allerdings auch, das Verhältnis zur Investition nicht aus dem Auge zu verlieren.

 

Dr. Jürgen Röben: Auch hier ist eine konsequente ganzheitliche Betrachtung des Gebäudes entscheidend. In der Regel werden die durch eine effizientere Technik erzielten Einsparungen mit der Mehrinvestition verrechnet und dann eine Amortisationszeit bestimmt. Dabei wird aber nur ein Aspekt der Gesamtlösung isoliert betrachtet und die Wechselwirkungen mit der weiteren technischen Gebäudeausrüstung nur unzureichend bis gar nicht berücksichtigt. Ein Lüftungsgerät hat erheblichen Einfluss auf den Energiebedarf eines Gebäudes und damit die notwendige Leistung der Wärme- und Kälteerzeuger. Dazu kommen weitere Aspekte wie die Dimensionierung der Rohrleitungsnetze oder die für den Betrieb aller Anlagen notwendige Stromversorgung. Rechnet man alle diese Kosten im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander auf, so zeigt unsere Erfahrung, dass die Mehrinvestition in hocheffiziente Lüftungstechnik in der Regel durch resultierende Einsparungen in anderen Teilen der Gebäudetechnik wieder ausgeglichen wird. Und damit reden wir bei vielen Projekten nicht mehr über Amortisationszeiten, sondern über eine direkte Reduzierung der Betriebskosten.

 

TAB: Für eine derartige ganzheitliche Betrachtung brauchen Planer und Investoren allerdings auch ein Menge an Know-how und Erfahrung. Inwieweit kann man hier als Hersteller unterstützen?

Richard van Egdom: Das bringt uns zum Stichwort Kundenorientierung. Als Hersteller lediglich die reine Gerätetechnik mit passenden Ausschreibungstexten anzubieten, entspricht heutzutage nicht mehr den Marktanforderungen. Vielmehr geht es darum, sich gemeinsam mit den Kunden schon in der Planungsphase der Herausforderung zu stellen, für das jeweilige Projekt die optimale Lösung zu finden. Dazu gehört beispielsweise auch, das entsprechende Know-how und die Instrumente für eine nachhaltige Betriebskostenanalyse zur Verfügung zu stellen. Unsere Kunden erwarten mittlerweile, dass wir uns aktiv an der Lösungsfindung beteiligen und ein entsprechendes Engineering-Consulting leisten.

Dies ist eine Aufgabe, die wir gerne übernehmen. Zum einen weil es zeigt, das unserer Kompetenz als Lüftungs- und Klimatechnikhersteller großes Vertrauen geschenkt wird und unsere Kunden gerne auf unsere Erfahrung zurückgreifen. Zum anderen bleiben wir damit immer genau am Puls des Marktes. Wir wollen auch in zehn Jahren innovative Lösungen anbieten, welche die zukünftigen Markterfordernisse in höchstem Maße erfüllen. Die Grundlage dafür ist der stetige Dialog mit unseren Kunden.

 

TAB: Wie bereiten Sie sich selbst und Ihre Kunden darauf vor?

 

Richard van Egdom: Zunächst einmal tragen wir dem gestiegenen Beratungsbedarf durch den weiteren Ausbau unserer eigenen Engineering-Kompetenz Rechnung. So haben wir ein Produktmanagement aufgebaut, das der Vertriebsebene nachgeordnet ist und für die verschiedenen Produktsegmente länderspezifische Anforderungsprofile erstellt, die direkt mit der Forschung und Entwicklung abgestimmt werden. Darüber hinaus brauchen insbesondere größere Projekte und Bauvorhaben eine intensive ingenieurtechnische Betreuung, die wir über unsere Produktmanager und technischen Berater bereitstellen.

Dr. Jürgen Röben: Und gerade hier können wir unseren Expertenstatus in der Branche voll ausspielen. Kundenorientierung heißt in diesen Zusammenhang jedem Ansprechpartner – ganz gleich ob es sich um einen Architekten, Anlagenbauer, Planer oder Betreiber handelt – dabei zu helfen, in seinem Bereich eine erfolgreiche Lösung zu finden. Um dieses Wissen auch gezielt zu unseren Kunden zu bringen, haben wir unsere bisherigen Schulungsaktivitäten mit der Einführung der Menerga Akademie weiter entwickelt. Analog zu unseren individuell nach Kundenanforderungen gefertigten Produkten setzen wir hier ein Konzept um, mit dem wir Workshops und Seminare ganz auf die Bedürfnisse des Kunden zuschneiden. Wir streben dabei einen nutzer- und nutzenorientierten Wissenstransfer an.

 

TAB: Können Sie ein konkretes Beispiel für einen derartigen Wissens-trend nennen?

 

Dr. Jürgen Röben: Zukünftig wird es immer wichtiger sein, bei Lüftungs- und Klimaanlagen auch ein umfassendes Monitoring mit anzubieten. Bisher wurde vorab bei der Gebäudeplanung sehr darauf geachtet, die einschlägigen Verordnungen und Richtlinien gerade in Bezug auf die Energieeffizienz zu erfüllen. Was dann später im Betrieb passiert, und ob die gewünschten Einsparungen auch tatsächlich erreicht werden, war eher von untergeordneter Bedeutung. Heute ist es für Investoren entscheidend zu wissen, ob die nachhaltige Wirtschaftlichkeit eines Projektes auch tatsächlich gegeben ist und wo eventuell noch Optimierungspotentiale liegen.

Dieses Monitoring für ein einzelnes System innerhalb der gesamten Gebäudetechnik durchzuführen und anschließend eine plausible Aussage über die Wirtschaftlichkeit zu machen, ist eine sehr komplexe Aufgabe. Über die Messdaten der einzelnen Energiezähler hinaus ist hierfür ein detailliertes Wissen über die Steuerung und Regelung der Geräte sowie deren Zusammenspiel mit der Gebäudeleittechnik erforderlich. Da wir uns schon sehr lange mit diesem Thema beschäftigen, sind unsere Anlagencontroller mit allen für diesen Zweck notwendigen Funktionen – wie etwa Langzeitdatenerfassung sowie Fernüberwachung und ‑zugriff – ausgestattet.

 

Richard van Egdom: Dementsprechend erfüllen unsere Lüftungs- und Klimageräte bereits alle Voraussetzungen für ein umfassendes Monitoring und wir setzen dieses gerne gemeinsam mit unseren Kunden um. Die Ergebnisse der Vergangenheit haben hier gezeigt, dass sowohl die Anlageneffizienz als auch die realisierten Einsparungen meistens noch einmal deutlich über unseren eigenen Prognosen liegen. Dieser Praxisbezug ist für uns eine sehr spannende Entwicklung, weil die Hersteller hier an ihren Versprechen gemessen werden und sich damit in absehbarer Zeit auch die Spreu vom Weizen trennen wird.

 

TAB: Herr Dr. Röben, Herr van Egdom, vielen Dank für das informative Gespräch.

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