Planungssicherheit in der Kältetechnik

Erfolgreiches tab-Fachforum Kältetechnik

F-Gas-Verordnung, AwSV, Bundesimmissionsschutzgesetz, Betriebssicherheitsverordnung, ErP-Richtlinien, Digitalisierung und, und, und: Es ist derzeit keine leichte Aufgabe, eine Kälteanlage zu planen, zu installieren und zu betreiben, die den vielfältigen Anforderungen der Gesetze, Verordnungen und Richtlinien entspricht, die derzeit auf die Kältebranche einprasseln. Wie es dennoch gelingen kann, eine rechtskonforme und zukunftssichere Kälteanlage zu planen, machten die Referenten auf dem diesjährigen tab-Fachforum Kältetechnik deutlich.

Im Oktober 2017 veranstaltete die tab – Das Fachmedium der TGA-Branche gemeinsam mit den Firmen Bitzer, Chemours, Combitherm, ebm-papst und Güntner das Fachforum Kältetechnik 2017 in Schwerte, Leipzig, Fürth, Stuttgart und Wiesbaden. Nach der erfolgreichen ersten Kältefachforen-Staffel der tab in 2015 konnten in diesem Jahr die Teilnehmerzahlen noch einmal merklich gesteigert werden. Dies ist sicher ein Beleg für die hohe Unsicherheit bei allen Beteiligten (Planer, Anlagenbauer und Betreiber), weil viele nicht wissen, wie sie künftig in der Kältetechnik sicher agieren sollen. Das Programm des Fachforums versprach hier die nötigen Antworten.

Verdichter mit eingebauter Intelligenz

Der Vortragsreigen wurde er­öff­net von Andreas Riesch, Direk­tor Vertrieb Deutschland und Schweiz bei der Firma Bitzer (www.bitzer.de). Er zeigte anhand der Entwicklungen im Bereich der Verdichertechnik auf, in welchem Maße der technische Fortschritt auch in der Kältetechnik Einzug gehalten hat. Die Motoren wurden weiterentwickelt, die Verdichter haben z. T. integrierte Frequenzumrichter und liefern durch eingebaute Intelligenz permanent Daten über Betriebszustände. War ein Bitzer-Verdichter früher nur durch eine Serialnummer identi­fizierbar, so hat heute jedes Gerät einen QR-Code, der, über eine entsprechende App aufgerufen, Informationen zum Verdichter liefert. Moderne Bitzer-Verdichter mit IQ-Modul bieten verschiedenste Kommunikationsmöglichkeiten mit Sensoren, anderen Komponenten der Kälteanlage und auch mit einer übergeordneten Steuerung. Sie kommunizieren über Bussysteme wie Modbus und künftig auch über Bluetooth und ermöglichen so die Diagnose und Fernwartung von jedem beliebigen Standort aus. Die „BEST“-Software ist in diesem Zusammenhang das universelle Software-Tool, um alle Bitzer-IQ-Produkte zu managen.

AwSV und Bundesimmissionsschutzgesetz

Sven Arnold, Produktmanager bei Güntner (www.guentner.de), lenkte den Blick der Teilnehmer auf zwei wichtige Regelungen, die in diesem Jahr in Kraft getreten sind: die AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) und die 42. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immis­sions­schutzgesetzes). Beide Verordnungen haben Auswir­kungen auf die Planung bzw. Aufstellung von Rückkühlern.

Die BImSchV ist eine Verordnung für Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider – sie betrifft also alle benetzten Rückkühler. Anlagen im Anwendungsbereich dieser Verordnung sind so auszulegen, zu errichten und zu betreiben, dass Verunreinigungen des Nutzwassers durch Mikroorganismen, insbesondere Legionellen, nach dem Stand der Technik vermieden werden. Güntner hat in Bezug auf Konstruktion und den Einsatz von Materialien bei seinen Rückkühlern einiges dafür geleistet, um dem Legionellenwachstum vorzubeugen. Benetzte Güntner-Rückkühler wie der „HydroSpray“ verwenden spezielle Flachkopf-Strahldüsen, die größere und daher nicht-lungengängige Tröpfchen erzeugen. Es wird kein rezirkulierendes Benetzungswasser verwendet und die Benetzung erfolgt mit Überschuss, um Ablagerungen zu vermeiden. Durch eine selbsttätige Absaugentleerung kann auch kein stehendes Wasser entstehen.

Bei der AwSV dreht sich alles um den Gewässerschutz. Rückkühler – auch trockene – sind dann von der AwSV betroffen, wenn im Kältekreis Glykol zirkuliert. Glykolhaltige Gemische besitzen die Wassergefährdungsklasse 1 und entsprechende Rückkühler benötigen unter gewissen Umständen ein Rückhaltesystem, um bei Leckagen das Glykol aufzufangen und kontrolliert abzuleiten. Mit dem „Güntner Glycol Guard“-System ist man als Betreiber aber in jedem Fall auf der sicheren Seite, machte Sven Arnold deutlich.

Der zukunftssichere Ventilator

Martin Schulz, Vertriebsleiter Kältetechnik bei ebm-papst (www.ebm-papst.de), schilderte in seinem Vortrag, wie moderne Venti­latoren in vernetzte Systeme eingebunden werden können und welche Auswirkungen die ErP-Richtlinie auf die Entwicklung von Ventilatoren hat. Bei Ventilatoren ist es auch heute noch Usus, Sollwertvorgaben und Fehlermeldungen über ein 0-10V-Signal zu übertragen. Martin Schulz warb jedoch dafür, hier künftig stattdessen auf eine Vernetzung mit Modbus zu setzen. Der Modbus ist ein weit verbreiteter Standard und nahezu alle EC-Ventilatoren von ebm-papst sind mit einer entsprechenden Schnittstelle verfügbar. Alle Planer sollten sich mit dieser zukunftssicheren Lö­sung befassen, um Ventilatoren (und andere Komponenten einer Kälteanlage) einfach und sicher in übergeordnete Systeme einbinden zu können.

Die europäischen ErP-Richtlinien stellen Mindesteffizienzanforderungen an Geräte und Anlagen. Hiervon sind auch schon seit einigen Jahren die Ventilatoren betroffen und Qualitätshersteller wie ebm-papst haben ihre Hausaufgaben rechtzeitig gemacht, um ihre Produkte auch künftig in der EU verkaufen zu können. 2020 ist für Ventilatoren mit einer weiteren Verschärfung der ErP-Richtlinie für Ventilatoren zu rechnen. Doch wo steckt noch das Optimierungspotential hierfür? ebm-papst hat sich in seiner Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf die Aerodynamik konzentriert. Das Ergebnis heißt „AxiBlade“ – ein Axial-Ventilator, mit dem sich signifikante Leistungssteigerungen verbunden mit einer deutlichen Geräuschreduzierung erzielen lassen.

Kältetechnik am Scheideweg

Steffen Klein, Geschäftsführer Combitherm (www.combitherm.de), machte in seinem Vortrag auf die Sprengkraft aufmerksam, die vor allem in der F-Gas-Verordnung und der neuen ErP-Richtlinie 2281/2016 für Kälteanlagen steckt: „Die Kältetechnik steht am Scheideweg. Allein diese beiden EU-Vorgaben stellen den größten Markteingriff in der 150-jährigen Geschichte der Kältetechnik dar.“ Mit den beiden genannten Verordnungen ist es ja nicht getan – ein wahres Trommelfeuer an alten und neuen Verordnungen und Richtlinien, mit denen sich die Kältebranche beschäftigen muss, prasselt auf Betreiber, Planer, Anlagenbauer und die Industrie ein. Diese machen es Planern und Anlagenbauern zunehmend schwer, sämtliche Kundenwünsche erfüllen zu können. Die rechtlichen Leitplanken, an denen man sich orientieren muss, reduzieren die Bandbreite der technisch möglichen Optionen drastisch. Vor allem die F-Gas-Verordnung, die schon 2017 zu einer massiven Verknappung und Verteuerung von Kälte­mitteln mit hohem GWP geführt hat, wird die Kältebranche im kommenden Jahr massiv beeinflussen und hemmen, sowie zu einem planerischen Umdenken führen (müssen).

Um die Anforderungen des Gesetzgebers und die Wünsche des Kunden bestmöglich unter einen Hut zu bekommen, setzt Combitherm auf eine gründliche Anwendungsanalyse in der Pla­nungsphase, die Pflege und die intensive Beschäftigung mit einer Wissensdatenbank aller relevanten Vorschriften, eine inten­sive Kundenkommunikation, eine detaillierte Dokumentation über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage hinweg und auf ständig aktualisierte Gefährdungsanalysen. Die Antwort heißt bei Combitherm „Ansor-Konzept“. Dabei handelt es sich um eine individuelle Komplettlösung für den Kunden mit dem Schwerpunkt Energieeffizienz und -flexibilität.

Kältemittel werden knapper und teurer

Joachim Gerstel und Luigi Pirrone, Chemours (www.chemours.com), gaben in ihrem Vortrag einen Rückblick auf die Geschichte der F-Gas-Verordnung sowie den aktuellen Stand deren Umsetzung. „Es war klar, was kommt. Aber wenige wollten zuhören. Und noch weniger haben gehandelt“, beklagte Joachim Gerstel. Er brachte die Zuhörer zunächst mit einer Vorstellung der aktuellen Zahlen auf den Stand der Dinge. 205 Mio. t CO2-Äqivalente standen uns bislang in der EU als Kältemittelmenge zur Verfügung; 2018 werden dies etwa 90 Mio. t weniger sein. Das ist eine Herkulesaufgabe, die die Branche gemeinsam stemmen muss – und eine Aufgabe, die eigentlich viel zu spät angegangen wird.

Drei Hebel gibt es, die angesetzt werden müssen: Neuanlagen sollten nur noch mit Niedrig-GWP-Kältemittel geplant, Bestandsanlagen auf Kältemittel mit geringerem GWP umgerüstet und Kältemittel aus Bestandsanlagen nahezu vollständig und zwar sortenrein zurückgewonnen werden. Weitere Stellschrauben sind eine Reduzierung der Füllmengen sowie die unbedingte Vermeidung von Leckagen.

Kältemittellieferanten wie Chemours haben eine Fülle von Kältemittelalternativen für die verschiedensten Anwendungsbereiche entwickelt. Hierzu gehören bei Chemours vor allem die „Opteon XP“- und „Opteon XL“-Produktfamilien, die auf dem Fachforum im Detail vorgestellt wurden. Alle nötigen Infos über diese Kältemittel finden sich auf der Webseite www.opteon.com/de.

Fazit und Ausblick

Die vielen Fragen nach den Vor­trägen und die intensiven Diskussionen in den Pausen an den Ausstellungsständen der Partner des Fachforums zeigten, dass die tab und die Firmen Bitzer, Chemours, Combitherm, ebm-papst und Güntner bei der Auswahl der Themen ins Schwarze getroffen haben.

Wer keine Möglichkeit hatte, bei einem der fünf Fachforen teilzunehmen, kann sich online zumindest die Vortragsunterlagen unter http://bauverlag-events.de/event/tab-fachforum-kaeltetechnik-2017 herunterladen oder den Film unter https://youtu.be/aZFjjPeZbC0 anschauen.

Wer sich über künftige Fachforen des Bauverlags – auch zu anderen Themen als Kältetechnik – informieren möchte, findet unter www.bauverlag-events.de alle weiteren Informationen.

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