Raumluftführung im Pergamonmuseum

Bis ins Detail geplant

Das Pergamonmuseum wird aufwendig renoviert und für die Herausforderungen der Gegenwart ertüchtigt. Der Gebäudekomplex wird in zwei Bauabschnitten unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes saniert. Wie wichtig es dabei ist, bis ins Detail vorzugehen, zeigt ein Beispiel anhand der Raumluftführung und der Schlitzauslässe.

Nach der Eröffnung der James-Simon-Galerie im Sommer 2019 nach Plänen des britischen Architekten David Chipperfield als zentralem Eingangsgebäude erfolgt aktuell die Generalsanierung des 1930 eröffneten Pergamonmuseums – und das im laufenden Betrieb. Dieses ist Teil des Bauensembles auf der Berliner Museumsinsel und gehört damit zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Neben den bekannten Ausstellungsstücken Ischtartor aus Babylon und Pergamonaltar bietet das Museum eine Vielzahl an  Exponaten in den drei Bereichen Antikensammlung, Vorderasiatisches Museum und Museum für Islamische Kunst. Dabei waren die gegenüber einer Gemäldesammlung geringeren konservatorischen Anforderungen durchaus ein Vorteil bei der Planung, was die Zielsetzung der Einhaltung von Raumtemperatur und Raumluftfeuchte betrifft.

In zwei Bauabschnitten, die sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erstrecken, wird das Pergamonmuseum umfassend saniert. Im ersten Bauabschnitt werden Nordflügel und Mittelbau saniert. Im zweiten Bauschnitt werden der Südflügel und der Bau eines vierten Gebäudeflügels folgen, der bereits in einer frühen Planungsphase vorgesehen war, aber nie zur Ausführung kam. Damit – so die Planung – wird für die Besucher künftig ein kompletter Rundgang durch das Pergamonmuseum möglich sein.

Von Planungsbeginn an wurde sehr akribisch und mit der notwendigen Liebe zum Detail vorgegangen, um optimale Lösungen für den in die Jahre gekommenen Museumsbau zu entwickeln. Mit einem Planungs- und Ausführungszeitraum von mehr als zehn Jahren zeigt sich der hohe Anspruch, der an die Sanierung des Bauwerks gestellt wird.

Das Projekt stellt zudem einmal mehr unter Beweis, wie wichtig es ist, möglichst viele Projektbeteiligte frühzeitig in einen Planungsprozess einzubinden. Zudem ist ein solches Vorhaben nicht in einem kurzen Projektbericht abzubilden. Daher soll anhand eines Details der Raumlufttechnik und dabei konkret der Luftführung für die Ausstellungsräume gezeigt werden, wie wichtig es insbesondere bei einem denkmalgeschützten Gebäude ist, bis ins Detail zu planen.

Blick auf die
Raumlufttechnik

Während in den Sonderräumen, wie dem Raum mit dem Pergamonaltar aufgrund seiner Größe mit Weitwurfelementen gearbeitet wird, kommt in den klassischen Ausstellungsräumen, die den Großteil des Museums umfassen, die Luftführung von Kiefer Klimatechnik in Form von Schlitzdurchlässen zum Tragen. Dabei kann das technische Prinzip prinzipiell von einem Raum auf den anderen übertragen werden, wenn auch unterschiedliche Raumhöhen zu Änderungen in den Detail führen.

„Wir wurden sehr früh vom TGA-Fachplaner auf diese Aufgabenstellungen angesprochen“, erklärt Norbert Hinderer, Vertriebsingenieur Kiefer Klimatechnik, „Der ebenfalls mit Kiefer-Luftauslässen ausgeführte Wiederaufbau des Neuen Museums auf der Museumsinsel ergab den notwendigen Vertrauensvorschuss.“

In mehreren Detailierungsschritten wurden die Grundideen der Zulufteinbringung stetig verfeinert und mit den Abhängigkeiten Denkmalschutz, einer bestehenden Gebäudesubstanz und sich verändernden Kühllasten und Luftmengen während des Planungsprozesses angepasst. Die Abstimmung erfolgte dann zu rund 5 % mit dem Bauherrn, zu 25 % mit den Architekten und zum überwiegenden Teil mit den TGA-Fachingenieuren. Hervorzuheben ist von Seiten Norbert Hinderers gerade hierbei die intensive und konstruktive Zusammenarbeit.

 

Raumplanung und Deckenarchitektur

Als technische Randbedingungen waren die Personenzahl und die Luftaustauschrate für jeden Raum zu berücksichtigen. Wie so häufig geht es dann letztlich darum, die Technik möglichst unsichtbar zur Geltung zu bringen. Die Aufmerksamkeit der Museumsbesucher soll schließlich ganz auf die Ausstellungsstücke gerichtet sein.

Kernstück für die TGA der Ausstellungsräume sind die Decken. Von der Decke erfolgt die Beleuchtung des Raumes. Um dies zu verwirklichen wird quasi die gesamte Decke zur leuchtenden Fläche. So wird der Raum blendfrei erhellt. An diese Lichtdecke schließt sich ein umlaufendes Randfries als Rabitzdecke (Drahtputzdecke) an. An diesem Materialübergang können technische Komponenten wie Schlitzdurchlässe für die Zuluftführung sowie Stromschienen zur Energieversorgung einer Akzentbeleuchtung optisch sehr dezent installiert werden. Dies bietet einen gelungenen Kompromiss zwischen technischen Notwendigkeiten und einem optisch unscheinbaren Einbau.

Um zu einem guten Gesamtergebnis Technik + Optik + Montage zu kommen, waren diverse technische Überarbeitungen und geometrische Sonderlösungen der Luftanschlusskästen notwendig. Mit Rauchversuchen im Labor wurde die geplante Luftführung bei Sondernutzungen überprüft und bestätigt.

Die teilweise vorgesehenen Wandteppiche als Ausstellungsgut erforderten einen Kompromiss aus gewünschtem hohen Austrittsimpuls der Zuluft über die Schlitzdurchlässe, dem Richtungsimpuls der Zuluft sowie einem schnellen Geschwindigkeitsabbau, um eine Eigenbewegung der Teppiche zu vermeiden.

Im Zuge des Planungsprozesses stellten die teils schallharten Ausführungen der Ausstellungsräume eine zusätzliche Hürde dar. Während bei Museumsneubauten eine mittlere Nachhallzeit von ca. 1,5 s als Grenzwert anzusetzen ist, wurden im Zuge der Planung bauakustische Messungen bzw. Simulationen für die Bestandsräume durchgeführt. Die zu erwartenden realen Nachhallzeiten von 3 s bis 8 s je Raum erforderten eine Überarbeitung der seitherigen RLT-Lösungen.

Präzise Ausführung bis ins Detail

Mit Ausführung und Installation der RLT-Arbeiten wurde Apleona Wolfferts, NL Berlin beauftragt. Direkt an den Übergangsstellen zwischen Lichtdecke und Drahtputz-Randfries werden die Luftauslässe vom Typ „Indul“ sorgfältig eingepasst.

Die umfassenden Planungsvorläufe wurden Anfang 2020 im ersten realen Ausbau des Telephossaales auf die Probe gestellt. Erschwerend waren hier noch komplexe Durchdringungen der verschiedenen Deckenebenen für Decken-RLT-Installationen zu berücksichtigen.

Dies konnte funktionell und ohne größere Überraschungen am Bau umgesetzt werden. Die ersten Eindrücke machen Lust auf Mehr.

In regelmäßigen Abständen ist Norbert Hinderer vor Ort, um die Baufortschritte zu prüfen und Details weiterzuentwickeln. Die Installation erfolgt von Raum zu Raum. Dieses Vorgehen ist u.a. der bewusst behutsamen Sanierung geschuldet. Denn in jedem Raum müssen Wände und Decken geöffnet werden, um die neue Technik installieren zu können.

Weitere Planung

Der erste Ausstellungsraum wurde in der Grundinstallation fertiggestellt. Alle drei bis vier Monate soll sukzessive ein weiterer Raum folgen. Bis 2025 soll der erste Bauabschnitt abgeschlossen werden.

Norbert Hinderer, schwärmt: „Die Detaillierung im Pergamonmuseum und einen Planungsvorlauf bis ins Detail habe ich so noch nicht gesehen.“
Info

Projektbeteiligte (Auswahl)

Projektanschrift: Pergamonmuseum Berlin,
Bodestraße 1-3, 10178 Berlin

Objektplaner: Werkgemeinschaft Pergamonmuseum GmbH

Bauherr: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Staatliche
Museen zu Berlin

Gesamtleitung: Bundesamt für Bauwesen
und Raumordnung (BBR)

Projektleitung: BBR Projektbereich Museumsinsel

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