Vielfältige Eindrücke von der ISH 2017
Die Digitalisierung hält Einzug in alle Bereiche der Gebäudetechnik. Sei es die Wirtschaftsinitiative „Smart Living“, dessen Gründung durch die Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ auf der ISH angebahnt wurde, oder die Allianz „Connected Comfort“, Unternehmen und Verbände versuchen verstärkt die Vorteile digital vernetzter Techniken gewerkeübergreifend zu argumentieren. Die Digitalisierung der Gebäudetechnik kann aber nur gelingen, wenn Gewerkegrenzen überwunden werden und letztlich ein funktionierendes Gebäude entsteht, das vom Tag der Übergabe an perfekt funktioniert. Damit kommt man zum Stichwort Building Information Modeling (BIM), das auf der ISH ebenfalls häufig benutzt wurde. Doch noch gehen die Wege und Ziele nicht in eine Richtung, so dass noch einige Zeit ins Land gehen dürfte, bis durchgängige BIM-Planungen Standard werden. Beschäftigen mit dem Thema sollte man sich dennoch bereits jetzt.
Dies waren einige wesentliche Erkenntnisse aus dem Besuch der ISH 2017 in den Hallen der Messe Frankfurt. Ob Heizung, Sanitär, Lüftung oder Klima – gefühlt jeder Anbieter hatte ein digitales Tool oder entsprechende Services in seinem Produktportfolio präsentiert. Dabei gab es über das Thema hinaus auch noch das ein oder andere an den Messeständen der 2.482 Aussteller zu entdecken. Das Interesse der 200.114 Besucher war dementsprechend groß und so lohnt sich auch ein Blick auf weitere Themen in der TGA.
Digital unterstützte Wasserwohlfühlwelten
Die Sanitärbranche zeigt sich nicht nur mit ihren Designneuheiten und technischen Detailverbesserungen an ihren Produkten von der besten Seite, sondern verfügt auch über gute Marktzahlen. So hat Hansgrohe zum ersten Mal die Umsatzmilliarde überschritten. Auch Ideal Standard, mit neuem Firmenlogo, und die Oras-Gruppe mit der Marke Hansa verkündeten eine positive Umsatzentwicklung. In diesem positiv gestimmten Umfeld präsentierten die Sanitärhersteller mit spektakulären Lichteffekten in Szene gesetzte Waschtischarmaturen und Deckenduschen ebenso wie bodenebene Duschen, technisch noch ausgereiftere Dusch-WCs und auffällig geformte Waschbecken. Weiter in den Hintergrund treten Badewannen. Dafür wird dem Aspekt der Barrierefreiheit in optischer Eleganz mehr und mehr Raum gegeben – und auch der Sicherheit. Dieser widmen sich Grohe-„Sense“ und Grohe-„Sense Guard“. Während Ersteres Hausbesitzer im Fall von Leckagen, Überschwemmungen und unerwünschter Luftfeuchtigkeit warnt, sorgt das zweite Produkt dafür, dass die Wasserversorgung im Falle eines Rohrbruchs sofort abgeschaltet und Schäden im Haus so verhindert werden. In der Wassertechnik war das Thema Enthärtung, etwa bei Judo mit der „i-soft“-Serie unter dem Motto „WunschWasser“, ebenso präsent wie die Wärmerückgewinnung aus Grauwasser, etwa aus dem Duschwasser in Hotels.
Von Pumpen und Ventilatoren
Für die Förderung von Wasser und anderen flüssigen Medien sind Pumpen unersetzlich. Dabei haben sich Pumpen von elektrisch angetriebenen Maschinen zu Hochtechnologieprodukten entwickelt. Mit den Hocheffizienzpumpen „IE4“ und durch verbesserte Elektromotoren bereits möglichen IE5-klassifizierten Antrieben, wie sie u.a. Grundfos, KSB und Wilo bereits im Portfolio haben, sollte bei Planung und Ausführung noch mehr Wert auf ein effizientes Pumpensystem gelegt werden. Denn es kommt nicht allein darauf an, die besten Antriebe zu nutzen, die Pumpensysteme müssen in sich und miteinander effizient funktionieren. Auch hierbei spielt die Digitalisierung der Produkte eine wichtige Rolle. Künftig sollen Pumpen vernetzt, einfach zu installieren und leicht einzustellen sein. Dabei haben Wartung und Instandhaltung eine weitere hohe Bedeutung im Lebenszyklus der Produkte.
Bei den Ventilatoren stehen Optimierungen bei der aerodynamischen Konstruktion der Laufräder und eine, wie bei den Pumpen, verbesserte Motorentechnik zur Verfügung. Hier zeigen sich die Hersteller technisch wie konstruktiv kreativ.
Heiztechnik trifft Digitalisierung
Was in der Industrie „Industrie 4.0“ und „Internet of Things“ genannt wird, hält auch in der Gebäudetechnik Einzug. Gerade in der Heizungstechnik soll sich die Digitalisierung in den nächsten Jahren durchsetzen. Dies betrifft die ganze Dienstleistungs- und Servicekette von der Anlagenplanung über den Einbau bis hin zu Services und nicht zuletzt der Nutzung.
Doch nach wie vor leidet die Heizungsbranche darunter, dass die Austauschquote zu gering ist. So steigt das Durchschnittsalter der verbauten Anlagen weiter an. Die Austauschquote liegt nur bei 1 %. Bei einer Beibehaltung des Austauschtempos alter und veralteter Heizungsanlagen dauert ein Wechsel auf effiziente Techniken 100 Jahre. Das liegt weit über dem gesetzten Zeitrahmen, den Gebäudebestand hin zu Nettonullenergiehäusern zu entwickeln, geschweige denn einen CO2-neutralen Gebäudebestand zu erhalten. Auch die direkte Warmwassererzeugung vor Ort spielt eine wichtige Rolle. Bei Clage wurden dazu E-Durchlauferhitzer für Handwaschbecken, Küchenspülen und Bäder gezeigt. Die energiesparenden Geräte konnten direkt am Stand ausprobiert werden. Mit der App-Steuerung „Smart Control“ lassen sich diese auch direkt per Tablet oder Smartphone steuern.
Um eine rasche Installation zu ermöglichen, bieten die Heizungshersteller nicht nur digitale Services an, die eine rasche Konfiguration und Einstellung neuer Heizgeräte per Tools und Apps über Smartphones und Tablet-PC erlauben, sondern auch besonders montageleichte Geräte. Dazu wurden Neuheiten bei den Wärmeerzeugern vor allem in Form von Gasbrennwertgeräten und Wärmepumpen präsentiert. Beides Wachstumssegmente im letzten Jahr. Daneben wächst das Angebot an Wohnungsstationen zur Wärmeübergabe in Wohnungen aufgrund der steigenden Verbreitung von Nah- und Fernwärmenetzen.
Auch das Thema Brennstoffzellenheizgeräte spielte auf der Messe eine Rolle. So legt Vaillant die eigenen Pläne zur Markteinführung erst einmal auf Eis, während Viessmann diese als eine Zukunftstechnologie mit Marktpotential ansieht. Die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) sind gar in die Offensive gegangen und haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die das Ziel hat, stationäre Brennstoffzellensysteme noch schneller im Markt zu etablieren.
Manfred Greis, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), weist diesbezüglich darauf hin, dass „gasförmige und flüssige Brennstoffe mit wachsendem Anteil an Power-to-X auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Wärmemarkt spielen werden“. Sie dienten in Ergänzung zu dem zukünftig deutlich höheren Angebot an Strom aus erneuerbaren Quellen der Deckung der Spitzenlastnachfrage in Phasen der kalten dunklen Flaute. Hier richten sich auch die Erwartungen an die Politik, auch künftig auf Technologieoffenheit zu setzen, um die ganze Innovationskraft der Industrie für den Erfolg der Energiewende zu nutzen. Denn auch Lösungen wie PV-Anlagen in Kombination mit Batteriespeichern und Wärmepumpen können Gebäude weitgehend autark mit Wärme und Strom versorgen. Ähnliches gilt für die gezeigten Brennstoffzellenheizgeräte. Diese entlasten durch gleichzeitige Erzeugung durch Strom und Wärme ebenfalls die Stromnetze. Technologieoffenheit beflügelt auch Ideen wie die der HE Energy GmbH. Diese arbeitet mit Partnern aus Wissenschaft und Forschung an der Entwicklung eines e-Kaminofens, der auf Basis der Holzvergasertechnik über einen thermoelektrischen Generator (TEG), wie er in der Raumfahrt genutzt wird, auch Strom erzeugt – bis zu 0,5 kW werden angestrebt. Diese Kombination macht den e-Kaminofen bei Stromausfall relativ unabhängig im Betrieb und könnte zukünftig auch noch den häuslichen Stromeigenbedarf decken.
Lüftung und Klima – Komplexe Lösungen
Von ausgetüftelten Produkten zur variablen Einstellung von Luftströmen über die Verbindung von Lüftung und Klimatisierung mit unterschiedlichen Regelungskonzepten bis hin zur Digitalisierung und damit leichten Fernüberwachung und -wartung der Systeme bot die Aircontec vielfältige Eindrücke. Dabei fielen bei den Geräteherstellern insbesondere die großen RLT-Anlagen auf.
So stellten u.a. rund 100 Verbandsmitglieder des Fachverbands Gebäude-Klima (FGK) ihre Produkte und Leistungen vor. Schwerpunkt waren die Innenraumluftqualität und die Behaglichkeit in Gebäuden. Auf dem 7. Klima-Forum (ein Video dazu gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=zYCudSmShXM) stand die Informationskampagne „Ventilatortausch macht’s effizient“, die der FGK zusammen mit internationalen Herstellern von Ventilatoren unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ins Leben gerufen hat, im Mittelpunkt. Dazu kamen ein eigener Ausstellungsbereich sowie Vorträge und Podiumsdiskussionen.
Auf Produktseite spielte auch auf der Aircontec die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Jan-Philip Wagner, Vertriebsleiter der Menerga GmbH betont dazu: „Mit der überwiegend digitalen Darstellung konnten wir unser gesamtes Produktspektrum in allen Marktsegmenten abbilden und somit deutlich machen, dass Menerga nicht nur im Schwimmbadbereich ein starker Partner ist.“
Die „AL-KO Aircloud“ wiederum setzt darauf, dass die Auslegung eines RLT-Geräts mit nur fünf Klicks möglich ist. Die Auslegung stützt sich nicht auf vorgefertigte Gerätekonfigurationen (Templates), sondern greift in Echtzeit auf die umfangreiche Datenbank des „AL-KO Klim@Soft“-Gerätekonfigurators zurück. Aufgrund der regelgeprüften Produktkonfiguration erhalten Nutzer belastbare Planungsdaten wie projektspezifische Abmessungen, Budgetpreise und Leistungsdaten. Diese sind dann auch direkt für Ausschreibungen verfügbar.
Der „emcoair IVA“ von emco Klima ist ein runder Verdrängungsluftdurchlass zur Realisierung einer Mischlüftung. Er zeichnet sich durch eine stufenlose Einstellung der Strömungsrichtung zwischen Vertikal- und horizontalem Radialstrahl aus. Auf diese Weise kann sowohl im Heiz- als auch im Kühlfall stets eine optimale, behagliche Raumdurchströmung erreicht werden. Der Luftdurchlass erzeugt dabei aufgrund seiner speziellen Ausführung und Konstruktion hohe Eindringtiefen von über 12 m und lange Wurfweiten von über 7 m bei geringen Schallleistungspegeln. Damit eignet sich die Produktneuheit vor allem für den Einsatz in groß dimensionierten Räumen und Hallen.
Die FläktGroup trat erstmals auf der Aircontec auf. Das Unternehmen bietet seit dem Zusammenschluss von DencoHappel und Fläkt Woods im Herbst 2016 ein breites Angebot in der Gebäudelüftung und -klimatisierung ebenso wie in der Präzisionsklimatisierung. Eine besondere Rolle spielten die Anbindungsmöglichkeiten an die Gebäudeleittechnik mit den Reglerfamilien „ISYtec“ und „Ipsum“. Zusammen bieten diese Möglichkeiten der Verknüpfung der RLT-Geräte des Herstellers miteinander ebenso wie eine Systemüberwachung und der Schaffung eines Wohlfühlklimas bei niedrigen Betriebskosten.
LTG stellte im Bereich der dezentralen Klimatisierung neben pulsierenden Fassadenlüftungsgeräten zum Bodeneinbau nun auch eine Brüstungslösung an.
Mitsubishi Electric wiederum zeigte mit dem Remote Monitoring Interface (RMI) die Möglichkeit, die „City Multi“-VRF-Systeme des Herstellers entweder von unterwegs oder einer zentralen Stelle im Gebäude aus zu regeln. Dafür können mobile Endgeräte, aber auch PC plattformunabhängig eingesetzt werden.
Trox hat mit „X-Tairminal“ ein System entwickelt, das vom Zentralgerät über Volumenstromregler, Raumregler und Fühler bis hin zu brandschutztechnischen Einrichtungen lüftungstechnische Anlagen überwacht und die Parameter auf der browsergestützte Bedienoberfläche zentral dargestellt.
Bei der Wolf GmbH schließlich wird das Schnittstellenmodul „ISM7e“ zu „Link Pro“ und „ISM7i“ zu „Link Home“ und integriert damit auch BHKW und Klimageräte in das „Smartset-System“.
Die Branche zeigte also deutlich, welche ausgefeilten RLT-Geräte sie liefern kann. Die passenden Regelungen greifen nicht nur tief in die Gerätetechnik ein, sondern liefern auf Wunsch auch die gewünschten Parameter an übergeordnete Leitsysteme und die Gebäudeautomation. Auch die Planungsunterstützung wird mit digitalen Hilfsmitteln unterstützt.
MSR und Gebäudeautomation gewinnen
Messgeräte, Messfühler, Steuerungstechnik bis hin zur Vernetzung von Systemen, die Aufschaltung auf Gebäudeleittechniken und Energiemanagement und Gebäudeautomation werden zu verbindenden Elementen der Gebäudetechnik. Hier spielt „die Musik“ in den Gebäuden des 21. Jahrhunderts. Dabei ist es weniger das „Klicken und Schalten“ der Bauelemente, sondern das permanente Blinken, das nicht nur einen regen Datenaustausch, sondern die ständige Kontrolle der Systeme anzeigt und Fehlermeldungen rasch auf Bedienoberflächen bringt.
„Multi Fan Control“ ist eine neue Funktion in den Frequenzumrichtern „VLT HVAC Drive FC102“ von Danfoss, mit der sich mehrere PM-Motoren durch einen Frequenzumrichter steuern und überwachen lassen. Verkabelt wird die Lösung mit einer „Daisy Chain“-Verbindung: Das bedeutet, dass nur ein Motorkabel vom Umrichter zum ersten Motor geführt und ab da von einem zum anderen Motor durchgeschleift wird – so spart die Lösung auch Kosten bei der Verkabelung.
Johnson Controls wiederum zeigte die aktuellste Version des Gebäudeautomationssystems „Metasys“ mit erweiterten Sicherheitsfunktionen und vereinfachten Bedienkonzepten sowie den „MAP“, einen Webserver im Taschenformat, der den mobilen Zugriff auf die Daten der Anlagenregler im Gebäudeautomationsnetzwerk ermöglicht.
Bei Sauter ist es das „Vision Center“, eine webbasierte Gebäudemanagementlösung im HTML5-Standard, die eine plattformunabhängige Bedienung und Visualisierung des Gebäudebetriebs auf Smartphones, Tablets oder Desktop-PCs ermöglicht.
„Desigo Control Point“ der Siemens-Division Building Technologies ermöglicht die Bedienung von Gebäudesystemen auf einer geräteunabhängigen, benutzerfreundlichen grafischen Oberfläche. Sein Einsatzbereich erstreckt sich von der Raumbedienung mit Dashboards bis hin zur Bedienung und Überwachung der Primäranlage.
Fazit
Die Digitalisierung erfasst die Gebäudetechnik in allen Bereichen. Das war der große Trend der ISH 2017. Welche Entwicklungen davon fortgeführt und realisiert werden, welche nur Episode bleiben, wird die Zukunft zeigen. Dennoch ist davon auszugehen, dass digitale Produkte und digitale Services in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Der Eingriff in die Technik aus der Ferne bietet eine Fülle an Vorteilen. Dabei sollte allerdings das Thema der Sicherheit der Systeme nicht vernachlässigt werden.
Die nächste ISH findet vom 12. bis 16. März 2019 in Frankfurt am Main statt.