Wirtschaftliche Energie-Eigenerzeugung für ein Rechenzentrum
Der Energiebedarf der 50 000 Rechenzentren in Deutschland belief sich 2006 auf 8,67 Mrd. kWh. Damit hat sich der Energiebedarf seit 2000 verdoppelt. Weil bis zu 40 % der Betriebskosten in Rechenzentren auf den Energieverbrauch entfallen, besteht hier ein besonders großes Einsparpotential. Meist wird die Hälfte der Energie für die Kühlung der Server benötigt. Mit den steigenden Strompreisen wird es für Betreiber von Rechenzentren immer wichtiger, ihre Anlagen auf dem Stand der Technik zu halten, um wirtschaftlich effizient zu bleiben. Das Beispiel einer Wirtschaftlichkeitsanalyse von TÜV Süd Industrie Service zeigt, wie Betreiber ihre Energieversorgung sichern und geplante Investitionen auf eine solide Entscheidungsgrundlage stellen können:
Für den Ausbau des Rechenzentrums eines führenden Internet Service Providers hat TÜV Süd Industrie Service (www.tuev-sued.de) eine integrierte Wirtschaftlichkeitsanalyse zur Stromeigenerzeugung erarbeitet. Das Energiekonzept dient dann als Entscheidungsgrundlage für die Investitionsplanung des Auftraggebers: Vorgesehen ist in diesem Projekt der Einsatz eines Blockheizkraftwerks (BHKW) mit Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung.
Der Auftraggeber ist ein in einer deutschen Großstadt ansässiges Rechenzentrum, das seine Kapazitäten von derzeit knapp 7000 auf rund 29 000 Server-Stellplätze erweitern möchte. Der Stromverbrauch wird wesentlich durch den Betrieb der Server und der RLT-Anlagen bestimmt: Selbst in den Wintermonaten benötigt die Klimatechnik noch ein Drittel der gesamten Elektroenergie, in den Sommermonaten rund 40 %. Die Elektroenergie wird aus dem öffentlichen Netz bezogen, zwei Kompressionskältemaschinen (KKM) liefern die Kälte zur Kühlung der Serverräume.
Mit dem geplanten Ausbau des Rechenzentrums wird der Energiebedarf für die Rechner und die dafür nötige Kühlung linear ansteigen. Vor dem Hintergrund steigender Strompreise erwägt der Betreiber des Rechenzentrums ein BHKW auf Erdgasbasis zu installieren und so unabhängiger von der Energieversorgung aus dem öffentlichen Netz zu werden.
Innovative Anlagentechnik
Da im Rechenzentrum während des ganzen Jahres ein hoher Kühlbedarf besteht, empfehlen die TÜV Süd-Experten die Abwärme des BHKW mittels Absorptionskältemaschinen (AKM) zur Kühlung zu nutzen. Möglich wird dies durch die Kombination des BHKW mit dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK). Dabei kann die Abwärme des BHKW für die AKM benutzt werden.
Die AKM kann mit Wärme Kälte erzeugen, ohne hierfür wie die KKM Elektroenergie zu benötigen. Insbesondere in den Sommermonaten, in denen die Abwärme nicht wie im Winter zum Beheizen eingesetzt wird, können Ausgaben für den Betrieb der AKM eingespart werden. Weitere Vorteile sind der geringere Wartungs- und Instandhaltungsaufwand sowie die hohe Laufruhe. Allerdings sind die Investitionskosten der AKM gegenüber KKM höher.
Varianten
für die Anlagentechnik
Für die integrierte Wirtschaftlichkeitsanalyse vergleichen die TÜV Süd-Experten mehrere Anlagenvarianten. Vergleichsgröße für den wirtschaftlichen Effekt der geplanten Anlagentechnik ist stets das derzeitige Stromkonzept, umgerechnet auf die zukünftigen Anforderungen. Zur Diskussion stehen in diesem Fall BHKW von insgesamt 4000 und 6000 kW elektrischer Leistung. Wichtige Parameter für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind etwa die Investitionsförderungen, Instandhaltungs- und Personalkosten. Zusätzlich werden noch die Betriebs- und Investitionskosten sowie die Erlöse aus verkauften Überschüssen an Strom oder Wärme gegenübergestellt. In einer Sensitivitätsanalyse werden verschiedene Szenarien errechnet, wie sich einzelne Größen z. B. der Strom- oder Erdgaspreis auf das wirtschaftliche Ergebnis auswirken.
Bei der technischen Planung des BHKW müssen die bereits vorliegenden elektrischen Gegebenheiten im Rechenzentrum einbezogen werden. An den zwei vorhandenen Sammelschienen auf Niederspannungsebene mit einer Leistung von je 3000 kVA lassen sich für das geplante BHKW vier Module gleicher Leistungsgröße anbringen (Bild auf Seite 13). Auf eine Sammelschiene können je zwei Module geschaltet werden. Die AKM beziehen ihre Wärmeleistung aus jeweils zwei BHKW-Modulen. Zur Gewährleistung der unterbrechungsfreien Kälteversorgung dienen die bereits vorhandenen KKM als Backup-Lösung, die zugeschaltet werden können, falls die AKM außer Betrieb gehen (z. B. bei Wartungsarbeiten). Das BHKW muss daher so ausgelegt werden, dass auch die KKM im Bedarfsfall noch mit Strom versorgt werden können.
Künftiges Einsparungspotential
Von dem vergrößerten Serverpark ausgehend, würde der Strombedarf der Server beim Fremdbezug künftig rund 2700 kW betragen – die benötigte Kälteenergie rund 2800 kW. Die Energiekosten würden sich damit auf insgesamt 2,4 Mio. € für ca. 30 000 MWh/a belaufen. Nach der Kalkulation des Strombedarfs bei Eigenerzeugung mit einem BHKW ergibt sich ein elektrischer Gesamtleistungsaufwand von weniger als 4000 kW, einschließlich der Versorgung der KKM bei Ausfall der AKM.
Die Investitionskosten hierfür belaufen sich auf ca. 2,5 Mio. €. Für die AKM sind einschließlich Rückkühlwerk rund 300 000 € zu investieren. Mit dem Verkauf des Überschusses an Elektro- und Wärmeenergie können rund 450 000 € eingenommen werden; für den Betrieb der Anlage müssten etwa 200 000 € weniger aufgewendet werden als für die bisherigen Energiekosten.
Insgesamt stehen damit der Gesamtinvestition von 2,8 Mio. € jährliche Einsparungen in Höhe von 650 000 € gegenüber.
Integriertes Energiekonzept
Für das erweiterte Rechenzentrum erweist sich das kleinere BHKW mit 4000 kW in Kombination mit zwei AKM als die wirtschaftlichste Variante.
Mit den beiden AKM lässt sich der hohe Kältebedarf für die Klimatisierung energetisch optimal lösen. Bereits nach einem Betrieb der Anlage von weniger als vier Jahren haben sich die Investitionskosten amortisiert.
Aufgrund der Erlöse aus dem Verkauf der überschüssigen Elektro- und Wärmeenergie, würde sich eine Erhöhung des Erdgaspreises den Amortisationszeitraum kaum auswirken.