Industrialisierung
Dr. Uwe Bolz
Stellv. Chefredakteur tab
Bild: tab
Wohnungsnot und die Klimaziele der Bundesregierung fordern eine erhebliche Erhöhung der Taktzahlen auf dem Bau. Neben dem Neubau – möglichst nur noch mit Gebäuden, die Netto mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen – steht auch die energetische Sanierung des Bestands im Fokus. Hier sollen sich die jährlichen Quoten verdoppeln.
Gefordert ist das schnell, gegen eine Umsetzung spricht hingegen Einiges: erhebliche Preissteigerungen, Materialengpässe und der Fachkräftemangel, der immer prekärer wird. Auf dem TGA Wirtschaftsforum des BTGA lag eine Folie auf, die nicht nur die an Zahl weitaus geringeren nachrückenden Jahrgänge im Vergleich zu den in den Ruhestand gehenden Jahrgängen aufzeigte. Drastisch verschärft wird dieses Problem noch dadurch, dass die nachwachsenden Jahrgänge wesentlich geringere Quoten für berufliche Qualifikationen mitbringen. Es gilt also, von den wenigen qualifizierten jungen Leuten möglichst viele für unsere Branche zu gewinnen. Begrüßenswert sind deshalb Engagements der Verbände und Betriebe mit diesem Ziel. Allerdings werden auch andere Branchen auf diese Idee kommen und sind es auch schon, unterm Strich werden sich Erfolge bei der Nachwuchswerbung also weitgehend aufheben.
Wie lässt sich also der Output der Baubranche mit schrumpfenden und alternden Belegschaften dennoch erhöhen? Die Antwort ist Rationalisierung und in der letzten Konsequenz die Industrialisierung des Baus. Das beginnt mit der handwerklichen Vorfertigung von Baugruppen. Vorteile sind bessere Arbeitsbedingungen in der Werkstatt im Vergleich zur Baustelle, was eine höhere Qualität zu geringeren Kosten bedeutet. Die nächste Stufe ist die Planung und Fertigung von größeren Baugruppen, was viele Industriebetriebe bereits regelmäßig praktizieren. Beispiele sind komplett ausgestattete Installationsschächte, Sanitärwände oder fertig montierte Hydraulik-Module für Wärmepumpenanlagen – in der tab hatten wir schon einige Beispiele hierfür. Der letzte Schritt sind vorgefertigte Häuserwände mit bereits integrierter Haustechnik. Auf der Baustelle lässt sich, wenn die Grundplatte fertig ist, mit solchen Modulen an einem Tag das ganze Haus hinstellen. Ab Tag 2 erfolgt dann das Verbinden der Schnittstellen für die Haustechnik und dann bleiben nur noch ein paar Feinarbeiten übrig. Auch von solchen Projekten liest man immer wieder und die Einsparpotenziale sollen im Vergleich zum konventionellen Bau deutlich über 50 % hinausgehen.
Wir finden dieses Thema zukunftsweisend und setzen uns für Sie in der tab damit vermehrt auseinander: Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe den Beitrag über den Energiesprong. Bei diesem Verfahren aus Holland werden ganze Fassaden industriell vorgefertigt und an sanierungsbedürftigen Häusern angebracht. Der Beitrag zeigt auch auf, welche Anforderungen solche Projekte an Planer und Architekten stellen. Die Haustechnik dazu kommt idealer Weise ebenfalls komplett vorgefertigt aus der Fabrikhalle direkt an die Baustelle. Wir stellen Wärmepumpenmodule vor, die als fertiges Technikhäuschen geliefert und neben dem Gebäude oder auf ein Flachdach gestellt werden. Die Integration in das vorhandene Wärmeverteilnetz im Haus ist in wenigen Stunden erledigt.
Ihr Uwe Bolz
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