Mehr Effizienz durch vernetzte Anlagen

Energiemanagement ist einer der aktuellen Trends im Bauwesen. Die zunehmende Nachfrage merkt auch die Vrielmann GmbH in Nordhorn, die Dienstleistungen in diesem Bereich sowie im ebenfalls wachsenden Segment der Elektromobilität und in der Elektrotechnik anbietet. Eine steigende Mitarbeiterzahl hat dazu geführt, dass die Gebäude am alten Standort zu klein wurden. Daher hat das Unternehmen 2020 einen Neubau in Nordhorn-Klausheide bezogen. Die bebaute Fläche auf dem neuen Areal beträgt etwa 4.000 m², davon entfallen 3.000 m² auf die Produktion und das Lager, für Büros und Schulungsräume stehen über 1.000 m² zur Verfügung.

Eine der Vorgaben für den Neubau war eine moderne, zeitgemäße Einrichtung. Gleiches galt für die gebäudetechnischen Systeme, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen sollten. „Zu Beginn des Planungsprozesses hieß es noch ‚keep it simple‘, zunächst war nur eine Fußbodenheizung plus Lüftungsanlage oder alternativ Klimadeckengeräte zum Heizen oder Kühlen vorgesehen“, beschreibt Hendrik Greskamp, Geschäftsführer der IGA Projektplan GmbH aus Lingen. „Letztlich ist es ein energetisches Gesamtkonzept zum Heizen, Kühlen und Lüften geworden, mit modernen Anlagen, deren Betriebsparameter über die Gebäudeleittechnik erfasst und analysiert werden.“

In den Büros kommen Heiz-/Kühlflächensysteme zum Einsatz, die in Kombination mit einer Lüftungsanlage ein gesundes und komfortables Raumklima schaffen. In der Produktion gewährleisten eine Industriefußbodenheizung und Lufterhitzer eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Und in öffentlichen Bereichen wie z. B. Besprechungsräumen und der Kantine sorgen neben den Heiz-Kühldecken Ventilatorkonvektoren bei Bedarf für zusätzliche Wärme. Komplettiert wird die Gebäudetechnik durch drei Luft-Wärmepumpen und eine Photovoltaikanlage.

Die einzelnen Systeme und Anlagen sind durch eine übergeordnete Gebäudeleittechnik miteinander vernetzt, die Vrielmann-Mitarbeiter gemeinsam mit dem TGA-Fachplanungsbüro und dem Hersteller realisiert haben. Die konstante Überwachung der Systeme sowie Datenerfassung und -analyse ermöglicht jederzeit eine bedarfsgerechte Versorgung des Gebäudes und dadurch einen energieoptimierten Betrieb. Daher konnte mit diesem Gesamtpaket moderner Technologien eine maximale Energieeffizienz erreicht werden, sodass der komplette Neubau inkl. Halle die Vorgaben für den KfW‑55‑Standard erfüllt. Im Bürogebäude beträgt die berechnete Heizlast 70 KW und die Kühllast 50 KW, in der Produktion werden 60 KW Heizlast abgedeckt. „Für einen Industriekomplex den KfW‑55‑Standard zu erreichen ist schon etwas Besonderes, dafür ist eine exakte und innovative Planung notwendig“, betont Frank Heidrich, Leiter Key-Account Kälte-Klima bei Kampmann.

Einfache Vernetzung und Kommunikation

Die eingesetzten Systeme zum Heizen, Lüften und Kühlen stammen weitestgehend von der Kampmann GmbH & Co. KG. Als TGA-Fachplaner konnte die IGA Projektplan GmbH gewonnen werden. Wie bei jedem Objekt mit unterschiedlichen gebäudetechnischen Systemen war eine der Anforderungen an den Planer die bestmögliche Abstimmung der einzelnen Komponenten für einen effizienten und störungsfreien Betrieb. So muss in den Büros bspw. die gekühlte Luft, die das Lüftungsgerät dem Raum zuführt, mit der Kühlleistung der Heiz‑Kühldecke korrespondieren, damit es für die Anwesenden nicht zu kalt wird. Ein großer Vorteil aus Sicht des Planungsbüros war dabei die Zusammenarbeit mit dem Systemanbieter aus Lingen. „Die Abstimmungen zwischen den einzelnen Disziplinen Heizung, Kühlung, Lüftung und MSR werden immer komplexer und da ist es für einen Planer einfacher, wenn es statt vieler verschiedener Ansprechpartner nur einen gibt, so wie bei diesem Projekt Herrn Heidrich“, erklärt Greskamp.  

In den Büros wurden 1.200 m² des Kontaktkühl- und Heizflächensystems „GKA50WT“ von Kampmann installiert. Das Produkt ist speziell für die Kombination mit gelochten Gipskartonplatten vorgesehen und ermöglicht eine individuelle Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten. Im Vrielmann-Objekt wurden bspw. Einbauleuchten, Lautsprecher und Luftdurchlässe in die gelochte, geschlossene Akustikdecke mit Heiz‑Kühlsystem integriert. Die Platzierung der Systeme war eine Herausforderung für die Planung. „Weil anfangs nur Klima- und Lüftungsanlagen vorgesehen waren, wurden auch die Abhanghöhen der Decken entsprechend ausgelegt. Dadurch war die Abhanghöhe viel zu gering für die stattdessen gewählten Flächensysteme. Letztlich ließ sich der Wunsch durch die sehr exakte Planung allerdings doch noch realisieren“, erinnert sich Greskamp.

Aufgrund des eingesetzten 4-Leiter-Systems ist gleichzeitiges Heizen und Kühlen im Gebäude möglich. „Die Regelung ob wir heizen oder kühlen richtet sich nach der Außentemperatur und dem CO₂-Wert, zur besseren Planung nehmen wir die Temperaturen aus dem Netz“, beschreibt Heiko Ensink, Geschäftsführer der Vrielmann GmbH. „Die Raumtemperaturen sind individuell einstellbar. Wenn das Büro z. B. an Wochenenden nicht besetzt ist, erfolgt eine automatische Reduzierung der Temperatur und Belüftung. Für unsere Besprechungsräume haben wir ein Belegungssystem, und bei einer Buchung wird der entsprechende Raum mit einer gewissen Vorlaufzeit bedarfsgerecht klimatisiert.“

Wärmeversorgung in der Produktion über Lufterhitzer

Öffentliche Bereiche wie die Kantine, Besprechungsräume oder Flure werden (unterstützend) mit Konvektoren beheizt. Wegen des größeren Wärmebedarfs kommen in den Fluren sechs Haubenkonvektoren der Serie „Powerkon“ zum Einsatz. Die Kantine und die Besprechungsräume werden neben dem Heiz-/Kühlsystem zusätzlich über sieben „Venkon“ Fan Coils mit Schnellkühl- und -aufheizfunktion versorgt, u.a. um eine zügige Temperaturänderung in den großen Räumen zu ermöglichen. Dazu wurden die Ventilatorkonvektoren in die Zwischendecke eingefügt. Die Wärmeversorgung der Produktionshallen übernehmen acht „TOP“ Lufterhitzer des Herstellers, die mit dem speziellen Luftauslass „KaMax“ ergänzt wurden, der trotz der Hallenhöhe eine komfortable Luftverteilung von der Decke bis zum Aufenthaltsbereich der Mitarbeiter sicherstellt.

Das eingesetzte Lüftungssystem stammt ebenfalls von der Kampmann Group. Die beiden RLT-Geräte des Tochterunternehmens Nova Apparate GmbH mit einer Leistung von 8.000 m³/h sowie 3.300 m³/h versorgen das Gebäude effizient mit Frischluft. Für eine ansprechende Gesamtoptik aus Fassade, Dach und Anlage wurde das Gerät auf dem Dach seitens des Herstellers in dem Grauton RAL 9007 lackiert. Durch diese Dienstleistung waren nur geringe Mehrkosten und ein überschaubarer Arbeitsaufwand für die Lackierung nötig.

Die Lufteinbringung im Verwaltungstrakt erfolgt über 55 Schlitzluftdurchlässe des Typ „SAL 35“, die in der Zwischendecke platziert wurden. Die Luftdurchlässe befinden sich an der Fensterseite, um eine effiziente und komfortable Frischluftzufuhr sicherzustellen. Dabei sind die Schlitzluftdurchlässe, die Venkons und das Heiz-Kühlsystem optimal aufeinander abgestimmt, sodass eine gleichmäßige Versorgung garantiert ist. Die Belüftung erfolgt automatisch anhand der CO₂‑Werte im Raum. In den Hallen befinden sich zudem 13 Drallluftdurchlässe des Typ „DAL 359“.

Fazit und Ausblick

Maximale Energieeffizienz durch den Einsatz moderner Systeme zeichnet die neue Unternehmenszentrale der Vrielmann GmbH aus. „Wir sind sehr zufrieden mit dem gebäudetechnischen Konzept und dessen Umsetzung, alle Systeme sind optimal aufeinander abgestimmt und gewährleisten so die bedarfsgerechte Versorgung der Räumlichkeiten“, resümiert Ensink. Darum nutzt das Unternehmen den Neubau auch als Anschauungsobjekt, um Kunden und Partnern das Potenzial einer perfekten Gebäudeautomation und der daraus resultierenden Energieeinsparung zu zeigen. „Der Bereich Gebäudeautomation hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Heutzutage soll jede noch so kleine Komponente kommunizieren, von außen steuerbar sein, Werte aufzeichnen und zurückgeben“, so der Geschäftsführer. „Energiemanagement ist ein Thema, das die Baubranche in den kommenden Jahren noch viel beschäftigen wird, unter anderem weil die immer strengeren Energieeffizienz-Vorschriften alle Unternehmen unabhängig von der Branche und Größe betreffen.“