VDI 4646 – Großwärmepumpen

Hinweise zur Planung, Bewertung und zum Betrieb von Großwärmepumpenanlagen

Im Zuge der Energiewende erhalten Großwärmepumpen eine immer stärkere Bedeutung. Im Januar 2024 ist vor diesem Hintergrund die VDI-Richtlinie 4646 als Entwurf erschienen. Neben einer Beschreibung der wichtigsten Systeme und Komponenten enthält Richtlinie Hinweise und Vorlagen für die Grundlagenermittlung, die Vorplanung sowie die energetische und wirtschaftliche Bewertung. Dabei legen die Richtlinienautoren Wert auf die Erfassung sämtlicher Wärme- und Kältequellen und -senken einer Anlage. Der Beitrag gibt einen Überblick zum Inhalt Richtlinie.

Für die Planung, Installation und Wartung von Wärmepumpen, wie sie üblicherweise in Wohngebäuden eingesetzt werden, ist im April 2023 die Richtlinie VDI 4645 mit dem Titel „Heizungsanlagen mit Wärmepumpen in Ein- und Mehrfamilienhäusern“ erschienen. Seit Januar 2024 gibt es nun auch einen Richtlinienentwurf für Wärmepumpen in Industrie und Gewerbe sowie der Wärmeversorgung in Quartieren: VDI 4646 E mit dem Titel „Anwendung von Großwärmepumpen“.

Entstehungsgeschichte

Egbert Tippelt ist Produktmanager für Wärmepumpen bei Viessmann Deutschland und Sprecher für das Ressort Technik beim Bundesverband Wärmepumpe (BWP). Er war einer der Initiatoren der Richtlinie VDI 4645. „Nachdem die Arbeit an VDI 4645 beendet war, haben wir uns gleich Gedanken darüber gemacht, wie man eine Standardisierung auf dem Gebiet der Großwärmepumpen erreichen kann“, erklärt Tippelt. Denn Großwärmepumpenanlagen werden in der Regel von den Anbietern individuell für ihre Kunden geplant. Wie Tippelt berichtet, sei anfangs nicht einmal klargewesen, was denn als Großwärmepumpe zu betrachten sei. Für Unternehmen wie Hitachi oder Siemens waren es Wärmepumpen mit einer thermischen Leistung von 10 MW aufwärts. Doch im Ausschuss zur Erarbeitung der VDI-Richtlinie 4646 E setzte sich die Auffassung durch, dass Wärmepumpen ab einer thermischen Leistung von 100 kW als Großwärmepumpen gelten sollen.

Großwärmepumpen unterscheiden sich von den Wärmepumpen in VDI 4645 zum einen dadurch, dass neben der Gebäudebeheizung und der Trinkwassererwärmung auch die Prozesswärme als Wärmesenke fungiert. Zum anderen werden neben Luft, Erdreich und Wasser auch Kühlkreisläufe und Abwärme als Wärmequellen genutzt.

Wesentliche Inhalte

Der erste inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der relevanten Wärmepumpensysteme samt ihrer Komponenten. Es folgt die Grundlagenermittlung, einerseits bei vorhandenen Wärme- und Kälteanlagen, die durch ein Wärmepumpensystem ersetzt werden sollen. Hierfür bietet die Richtlinie einen umfangreichen Datenerfassungsbogen an. Für Neuanlagen kann andererseits die Amortisation gegen ein System, das Wärme und Kälte getrennt erzeugt, gerechnet werden.

Der Abschnitt über die Vorplanung enthält einen größeren Entscheidungsbaum für die Wahl des Integrationspunkts und des Wärmepumpensystems. Speziell wird auch auf die Pinchanalyse eingegangen, mit der alle auftretenden Energieströme erfasst und grafisch, nach Temperatur und Leistung geordnet, dargestellt werden. Daraus ergibt sich die Grobdimensionierung der Anlage. Eine Exceltabelle zur Anwendung der Pinchmethode ist der Richtlinie als Datenträger beigefügt.

Für die energetische Bewertung der Koppelprodukte zum Heizen und Kühlen gibt es keine Methode, die „nach thermodynamischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien gleichermaßen zwingend anzuwenden wäre“, wie es in VDI 4661 heißt. Der Richtlinienausschuss passte deshalb die sogenannte „finnische Methode“, die bei der Kraftwärmekopplung zur Allokation des Brennstoffeinsatzes auf die erzeugte Wärme und elektrischen Energie verwendet wird, an die Anwendung bei Großwärmepumpen an. Zudem werden die wirtschaftliche Bewertung und die Bewertung der direkten CO2-Emissionen dargestellt.

Abschnitt 8 beschreibt die exemplarische Anwendung der Richtlinie. Weitere konkrete Beispiele sind auf 14 Seiten in Anhang D zu finden. Abschließend gibt es noch Hinweise zu Planung und Betrieb. Da bei Großwärmepumpen unterschiedlichste Kältemittel eingesetzt werden, wird auf die Normenreihe DIN EN 378 und weitere normative Grundlagen für die Planung und Ausführung verwiesen. Der Anhang bietet zudem eine Kältemitteltabelle, eine COP-Abschätzung zu verschiedenen Wärmepumpentypen, eine Wirtschaftlichkeitsabschätzung mittels Nomogramms sowie die Vorlage für den Datenerfassungsbogen.

Kombisysteme

Großen Wert legen die Richtlinienautoren auf die Erfassung aller vorhandenen Heiz- und Kühlkreisläufe eines Betriebs oder einer Anlage, um diese im Anlagenbetrieb der Wärmepumpe nutzbar zu machen. Egbert Tippelt: „Um eine Anlage so effizient wie möglich zu betreiben, sollten potenzielle Wärmequellen des Projekts betrachtet werden. Das kann dann auch schon mal die Abwärme aus der Kälteerzeugung des benachbarten Supermarkts sein.“

Die Richtlinie nennt in Tabelle 1 mögliche Wärmequellen für eine Großwärmepumpe. So kann beispielsweise die Trocknerabluft bei der Verarbeitung von Lebensmitteln und Getränken je nach Prozess Wärme zwischen 20 °C und 120 °C zur Verfügung stellen. Bei der Destillation in der chemischen Industrie kann sogar nutzbare Wärme bis zu einer Temperatur von 150 °C zustande kommen.

Praxisnähe

„Die Praxisnähe der Richtlinie war dem Ausschuss ein wichtiges Anliegen, letztlich auch der Mitglieder aus dem akademischen Bereich. Vor allem sollte Planern das Handwerkszeug an die Hand gegeben werden, damit sie ‚ohne Angst loslegen können‘“, wie Tippelt es ausdrückt und ergänzt: „Praktische Instrumente, wie der Datenerfassungsbogen oder die Exceltabelle zur Pinchmethode, unterstreichen das ebenso wie die zahlreichen Beispiele, die die Anwendung der Richtlinie veranschaulichen.“

Die VDI 4645 wurde um ein eigenes Schulungskonzept zur Qualifikation im Umgang mit Wärmepumpen für Planer und Installateure mit abschließender Prüfungsmöglichkeit als eigenständige Richtlinie erweitert. In Hinblick auf die VDI 4646 E sei es nicht notwendig, dies in der gleichen Form zu tun, da sich die Richtlinie in erster Linie an die Planer solcher Anlagen wendet, hebt Tippelt hervor. Der BWP wird jedoch voraussichtlich ab dem Sommer Schulungen anbieten, die die Planung von Großwärmepumpen in Anlehnung an die VDI 4646 zum Inhalt hat.

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