Wenn Vorbilder fallen – die Last der Namen:
Straßennamen und die Benennung von Ehrenpreisen
Dipl.-Ing. (FH) Clemens Schickel, Geschäftsführer Technik BTGA e. V.
Bild: BTGA e. V., Schickel
Aktuell wird intensiv die Frage diskutiert, ob hochangesehene Persönlichkeiten weiterhin als Namensgeber für Straßen, Plätze und Ehrenpreise dienen sollen: Werden Verfehlungen ehemals angesehener Personen bekannt, erleben wir immer wieder, dass öffentliche Orte umbenannt, Statuen entfernt oder die Namen von Hochschulen angepasst werden. Können den Namensgebern aus heutiger Sicht nachweislich Verfehlungen angelastet werden, dürfen sie nicht länger in der positiven öffentlichen Wahrnehmung verbleiben – das würde dem Zweck der Ehrung oder der Namensvergabe widersprechen und muss korrigiert werden. So wurde beispielsweise die „Beuth Hochschule“ in Berlin im Jahr 2021 in „Berliner Hochschule für Technik“ umbenannt. Grund für die Umbenennung waren die 2017 bekannt gewordenen antisemitischen Äußerungen und Handlungen des Namensgebers der Hochschule.
Umbenennung auch ohne Verfehlungen?
Erstaunlich ist, dass inzwischen eine Änderung der Benennung auch bei etablierten Ehrungen diskutiert wird, deren Namensgeber herausragende Leistungen erbracht haben und denen keine Verfehlungen vorgeworfen werden. Vor diesem Hintergrund könnte beispielsweise auch der bereits seit 1901 weltweit renommierte Nobelpreis sprachlich von seinem Stifter entkoppelt werden. Das geschähe völlig unabhängig von konkreten Anlässen oder Erkenntnissen, die auf ein persönlich verschuldetes Missverhalten hindeuten würden. Ein solches Vorgehen würde übergreifend die Ehrenhaftigkeit von Personen ohne eine belastbare Begründung infrage stellen und ein ehrendes Andenken an deren Lebenswerk einschränken.
Eine derart pauschale Herangehensweise wäre meines Erachtens unangebracht: Auch zukünftig sollten honorable Personen, die in der Vergangenheit Herausragendes geleistet haben, Pate für die Namenswahl bei Auszeichnungen, Straßen, Plätzen und Einrichtungen sein dürfen. Leitfiguren und Vorbilder können in der Wissenschaft, in der Kunst oder im Sport – um nur einige Beispiele zu nennen – Orientierung bieten und Anreize für nachfolgende Generationen schaffen, ihnen nachzueifern. Menschen, die aktuell Exzellenz in ihren Tätigkeitsbereichen beweisen, hatten womöglich ebenfalls Vorbilder, die sie inspiriert haben.
Fazit
Zweifellos sind Menschen fehlbar und können zuweilen schrecklich irren. Stellt sich heraus, dass ein bislang gesellschaftlich anerkanntes Vorbild inakzeptables Verhalten gezeigt hat, muss die öffentliche Wahrnehmung dieser Person korrigiert werden. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem dies mit Gewissheit feststeht, sollte sie jedoch die Ehrung erfahren, die ihr aufgrund ihrer herausragenden Leistungen zusteht.
Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.