Wohnungs-Wärmepumpen für Mehrfamilienhäuser

Dezentrale Luft/Luft-Wärmepumpenlösungen versorgen Wohneinheiten im Pilotprojekt „Klinke Viertel“

Dezentrale Haustechniklösungen können im Geschosswohnungsbau Vorteile in der Planung, Ausführung und im Betrieb mit sich bringen – so zeigt es das Pilotprojekt „Klinke Viertel“ im Südwesten Magdeburgs. Dort wurden in einem Apartmenthaus alle Wohnungen mit Luft/Luft-Wärmepumpen ausgestattet, um ein nahezu autarkes Heizen, Kühlen und Lüften für jede Wohneinheit zu ermöglichen. Bis 2027 soll das Viertel in überwiegend modularer Bauweise fertiggestellt sein und das dezentrale Technikkonzept in zehn Neubauten zum Tragen kommen.

Derzeit entsteht im Magdeburger Ortsteil Sudenburg das sogenannte Klinke Viertel, ein modernes Stadtquartier mit knapp 600 Wohnungen, Gewerbe und Gastronomie. Geplant ist ein elfteiliges Gebäude-Ensemble, das bis zum Jahr 2027 realisiert sein und dann Menschen unterschiedlicher Berufs- und Altersgruppen ein zukunftsfähiges Zuhause bieten soll. Maßgeblich dazu beitragen werden auch die dezentralen Gebäudetechniklösungen, die Bestandteil des ökologischen Konzepts für das gesamte Quartier sind. Dazu gehören Luft/Luft-Wärmepumpenmodule, um ein nahezu autarkes Heizen, Kühlen, Luftfiltern und Entfeuchten ohne fossile Energieträger zu ermöglichen.

Wärmepumpen eingehaust

Erfolgreich umgesetzt ist das modulare ­Wärmepumpensystem der Vivaero GmbH bereits im ersten Quartiersbaustein: einem Apartmenthaus mit Lofts und Microflats, das sich an internationale Mieter richtet und 2023 in Regelgeschossbauweise errichtet wurde. Jede der insgesamt 89 Wohneinheiten verfügt dort über eine eigene Luft/Luft-Wärmepumpe.

Untergebracht sind die Wärmepumpen jeweils auf dem Balkon im sogenannten „Vivaero Silent Cube Air“ (135 x 252 x 75 cm). In Holzoptik dienen die „Silent Cubes“ als architektonisches Gestaltungselement, vor allem aber schirmen sie die Luft/Luft-Wärmepumpe akustisch von ihrer unmittelbaren Umgebung ab: Im Betrieb liegt der messbare Schallpegel außerhalb der Boxen laut Herstellerangaben bei 32 dB(A). Um Schallübertragungen komplett zu vermeiden, sind alle Silent Cubes schallentkoppelt, d. h., nicht direkt mit der Fassade verbunden. Die Platzierung auf dem Balkon sorgt zudem für eine leichte Zugänglichkeit, während die geführte Luftströmung eine effiziente Nutzung der Umgebungsluft als Wärmequelle ermöglicht. Mit Heiz- und Kühlleistungen von bis zu 3000 Watt (in der kleinsten Gerätevariante) werden die Anforderungen des Effizienzhaus-Standards 40+ im fertiggestellten Haus des Klinke Viertels leicht erfüllt.

Dezentrale Haustechnik auf geringer Fläche

In den Mikroapartments beheizt und klimatisiert jeweils nur ein Wandkonvektor die gesamte Wohnfläche (26,7 m2). Dieser ist rückseitig zur Wärmepumpe installiert (Mono Split), sodass die verbindenden Kältemittel- und Kondensatleitungen ohne weitere Montageaufwände lediglich durch die Fassadenwand geführt werden mussten.

Teil des dezentralen Gebäudetechnikkonzepts sind darüber hinaus elektronische Durchlauferhitzer und kontrollierte Wohnraumlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, die in den Fertigbädern vormontiert wurden. Frischluftzufuhr und die Entfeuchtung erfolgen über horizontal verlaufende Rohrleitungen, die mit dem außenliegenden „Silent Cube Air“ verbunden sind und sich hinter einer abgehängten Decke verbergen. Die Abwärme der verbrauchten Luft kann so auf direktem Wege teilweise von der Wärmepumpe verwertet werden.

Montagevorteile / Flächenersparnisse

Konstruktionsbedingt ergeben sich Flächenersparnisse im Vergleich zu Wohnbauten mit einer herkömmlichen Haustechniklösung: So bedarf es keiner zentralen Heizungsanlage im Keller und keiner Trinkwasser-Zirkulation für eine konstante Trinkwarmwassertemperatur, um Legionellen vorzubeugen. Weiter entfallen viele Leistungen – z. B.  umfangreiche Brandschutzmaßnahmen – und damit verbunden auch Schnittstellen auf der Baustelle. Ebenso reduzieren sich die Installationsschächte erheblich, da lediglich Kalt- und Abwasserleitungen sowie Strom- und Datenkabel für die Apartments zur Verfügung stehen müssen. Das wiederum erhöht die vermietbare Fläche.

Eng getaktete Bauabläufe gemäß der Lean-Construction-Methode sowie eine mit BIM geplante und weitgehend modularisierte TGA gewährleisten außerdem besondere Vorteile in der Ausführung. Im Fall des realisierten Apartmenthauses wurden die „Silent Cubes Air“ samt Wärmepumpe ebenso wie die Balkone und Fertigbäder werkseitig seriell vorgefertigt und vollständig auf der Baustelle angeliefert. Unabhängig davon, konnte die Fassade frei von Vorsprüngen in einem Schritt isoliert und verputzt werden, was weitere ­Zeitersparnisse in der baulichen Umsetzung mit sich brachte.

Geringer Energiebedarf

Konkrete Effizienzvorteile verspricht die dezentrale Lösung auch im Betrieb. Vivaero beziffert den jährlichen Energieverbrauch für das Heizen, Kühlen, Lüften, Entfeuchten und Luftfiltern sowie die Trinkwassererwärmung in den realisierten Mikroapartments auf 822 kWh – maßgeblich bedingt durch die Lüftung mit Wärmerückgewinnung und die Luft/Luft-Wärmepumpe. Im Kühlbetrieb entspricht letztgenannte mit einer jahreszeitbedingen Arbeitszahl von 7,60 (SEER) den Kriterien der Energieeffizienzklasse A++, im Heizbetrieb mit einer jahreszeitbedingte Heizleistungszahl von 5,12 (SCOP) denen der Energieeffizienzklasse A+++. Mensch und Umwelt profitieren dabei von grünem Strom und einem günstigen Mieterstrommodell – umgesetzt mit eigenerzeugter Energie aus den Photovoltaik-Anlagen, die auf den Dächern der Gebäude im Klinke Viertel installiert sind, und der Speicherung des produzierten Stroms. Via smarter Gebäudeautomation sind zudem Fernwartungen sowie eine bedarfsgerechte Heiz- und Klimaregulierung per App möglich.

Bereits 2027 soll das komplette Klinke Viertel mit insgesamt zehn Neubauten und einem sanierten Bestandsbau vollständig fertiggestellt sein. Das dezentrale Technikkonzept wird dann in gleicher oder ähnlicher Weise in allen Gebäuden des Quartiers zu finden sein. In den weiteren Ausbaustufen werden etwa Luft/Luft-Wärmepumpen verwendet, die bis zu drei Räume versorgen können und einen im Abstellraum inte-grierten Trinkwassererwärmer versorgen. In größeren Apartments mit vier Zimmern und mehr kommt der „Vivaero Silent Cube Pro“ mit Luft/Wasser-Wärmepumpe zum Einsatz. Die Außeneinheit lässt sich mit Wärmepumpenkonvektoren und mit Fußbodenheizungen im Gebäudeinneren kombinieren und arbeitet dann mit einem Schallpegel von 37 dB(A) im Nachtbetrieb und 45 dB(A) im Tagesbetrieb.

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