Bis zu 99 % PV-Recycling möglich
10.10.2024Photovoltaik-(PV)-Recycling hat sich in den letzten Jahren zu einem neuen Wirtschaftszweig innerhalb der PV-Industrie entwickelt. Dieser ist nach der Intersolar Europe dringend notwendig: Allein in Deutschland werden bis 2030 durch Abbau von Altanlagen laut einer Studie der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (IRENA) mindestens 400.000 t, maximal sogar bis zu 1 Mio. t Elektroschrott in Form von PV-Modulen erwartet. Um die PV zu einer vollständig nachhaltigen Branche zu transformieren, muss die PV-Produktion in eine Kreislaufwirtschaft überführt werden, heißt es von der Messegesellschaft. Vielversprechende Methoden drängen derzeit auf den Markt und erste Projekte würden beweisen, dass PV-Recycling wirtschaftlich ist. Jedoch mangele es noch an einer Standardisierung von Prozessen für End-of-Life (EOL)-Management, um die Recyclingquote zu erhöhen.
Wiederverwendbarkeit der Materialien
Laut einer Studie von IRENA werden in Deutschand bis 2030 mindestens 400.000 t Elektroschrott in Form alter PV-Module anfallen.
Bild: Clipdealer
Bei klassischen Silizium-Solarzellen können Glas, Silizium, Silber, Kupfer, Plastik und Aluminium wiedergewonnen werden. Bei Dünnschichtmodulen werden Stoffe wie Indium, Gallium und Tellurium sowie Glas und Kupfer recycelt. Die Rückgewinnung der Rohstoffe und deren Rückführung in den Wertstoffkreislauf ist aus verschiedenen Gründen entscheidend: Silber macht 10 % der Herstellungskosten eines PV-Moduls aus; Bereits heute trägt die Solarindustrie etwa 30 % zur industriellen Silbernachfrage bei. Wertvolle Rohstoffe wiederzugewinnen, verbessert die Wirtschaftlichkeit der Produktion und schont Ressourcen bei gleichzeitig hohem Ausbautempo der Solarenergie, so die Messegesellschaft. Kreislaufwirtschaft in der PV sei wichtig, um die Solarenergie als nachhaltige Energieerzeugungstechnologie zu etablieren. Gleichzeitig ist Recycling notwendig, um eine unsachgemäße Entsorgung zu vermeiden: Denn der Müll enthält gefährliche Substanzen wie Cadmium, Arsen, Blei, Antimon und Fluorpolymere.
Eine Frage der Wiederverwendbarkeit ist, ob die wiedergewonnenen Materialien erneut für die Produktion von PV-Modulen verwendet werden können. Vor allem bei Glas, mit 70 bis 75 % Hauptbestandteil eines gängigen PV-Moduls, wurde bisher in der Wiederverwertung noch nicht der nötige Reinheitsgrad erreicht, um es erneut als PV-Glas zu verwenden. Nach Bekunden der Intersolar Europe ist zumindest für Europa eine Wiederverwertung in anderen Industrien sinnvoll. Aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht wäre es ineffizient, recycelte Materialien in die Hauptstandorte der PV-Produktion (überwiegend nach China) zu transportieren.
Herausforderungen für PV-Recycling
Seit 2012 unterliegen PV-Abfallprodukte der Neufassung der Waste from Electrical and Electronic Equipment-(WEEE)-Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte. Damit müssen ausgediente Solarmodule als Elektroschrott behandelt und recycelt werden. Dabei beträgt die von der EU geforderte Sammelquote für PV aktuell 85 %, 80 % müssen zurück in den Wertstoffkreislauf geführt werden. Weiterhin ist aufgrund der EU-Norm zur erweiterten Zuständigkeit der Hersteller dafür verantwortlich, dass die Quoten für Sammlung und Recycling eingehalten werden – allerdings erst für Module, die 2015 oder später auf den Markt gebracht wurden.
Start-ups und PV-Unternehmen haben für PV-Recycling bedarfsgerechte und innovative Lösungen entwickelt. Jedoch war laut Intersolar Europe in der Vergangenheit ein wirtschaftlicher Betrieb von PV-Recyclinganlagen kaum möglich. Dies war größtenteils den zu geringen Mengen geschuldet, die bisher anfielen. Die Schaffung von Kapazitäten für PV-Recycling unter gleichzeitiger Anwendung eines qualitativ hochwertigen Ansatzes, bei dem ein möglichst hoher Anteil der Materialien wiedergewonnen wird, bleibt weiterhin eine Herausforderung. Eine Schwierigkeit des Recyclings selbst ist der Fokus der Hersteller auf möglichst lange Haltbarkeit der Module – zum Leidwesen der Recycelbarkeit. Dies könnte sich zukünftig mit der neuen Ecodesign-Richtlinie der EU verbessern, die zu verbesserter Rückführbarkeit von PV-Modulen führen soll.
Eine Studie der internationalen Energieagentur (IEA) zeigt, dass in Deutschland auch die Sortierung der Module und die Koordination an öffentlichen Sammelstellen noch verbessert werden kann – denn ein Großteil an Recyclingkosten entfalle auf vermeidbare Transportkosten, wo die Module von einer Sammelstelle zu geeigneten Erstaufbereitungsanlagen transportiert werden müssen. Ebenso besagt die Studie, dass derzeit beim Handling viele funktionsfähige Module Defekte erlangen, die deren Wiederverwertbarkeit beeinträchtigen. Durch geschultes Personal könne dem entgegengewirkt werden. Branchenvertreter sind sich einig, dass es zukünftig eines funktionierenden Systems zur digitalen Erfassung und Überwachung der PV-Abfallströme bedarf – auch um zu verhindern, dass die Module über Umwege in Drittländer transportiert und dort unkontrolliert gehandelt werden würden.