Brennstofffreies Wohnquartier in Köln nutzt Abwasser als Wärmequelle
27.08.2024Das von dem Projektentwickler wvm Gruppe und der naturstrom AG realisierte Quartier Lück in Köln-Ehrenfeld nutzt eine bislang kaum erschlossene Wärmequelle: Städtisches Abwasser dient einer zentralen Wärmepumpe als Energiereservoir. Der Strom für die Wärmeerzeugung kommt direkt von Photovoltaikanlagen auf den Gebäudedächern, ergänzt um Ökostrom aus dem öffentlichen Netz. Bei einer Baustellenbegehung macht sich NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach ein Bild von der fossilfreien Versorgungslösung und deren Potenzial für die Wärmewende.
Das Quartier Lück nutzt Abwasserwärme, um über 200 Wohnungen mit klimafreundlicher Wärme zu versorgen.
Bild: naturstrom AG
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen: „Mit der öffentlichen Wohnraumförderung Nordrhein-Westfalen unterstützen wir Innovation und mutige Schritte – wie beim Quartier Lück in Köln. Zur Versorgung der Mieterinnen und Mieter wurde ein Quartierswärmenetz unter Nutzung von Abwasserwärme geschaffen. Von diesen Erfahrungen profitieren andere Bauwillige, die Mieterinnen und Mieter und natürlich die Umwelt. Mit rund 12,6 Millionen Euro aus der öffentlichen Wohnraumförderung wird zudem die Bezahlbarkeit der Miete gesichert.“
Mit dem Bau des Wohnquartiers an der Subbelrather Straße hat die wvm Gruppe bereits 2023 begonnen. Auf einem brachliegenden Fabrikgelände entstehen derzeit vier Mehrparteienhäuser für 216 Wohneinheiten und eine Großtagespflege. Neben Abwasserwärme nutzt Lückauch Solarstrom direkt vom eigenen Dach. Hierfür werden Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 99 Kilowatt peak installiert.
Pufferspeicher speist lokales Wärmenetz
„Die Wärmepumpe in der Energiezentrale nutzt den lokal erzeugten Solarstrom sowie echten Ökostrom aus dem Netz, um das Heizwasser auf Temperatur zu bringen und einen 20 Kubikmeter großen Pufferspeicher zu befüllen“, erläutert Dr. Sarah Debor, Geschäftsfeldleiterin Urbanes Wohnen und Gewerbe bei der naturstrom AG, das Energiekonzept. „Dieser speist das quartierseigene Wärmenetz. Bei Spitzenlast oder besonders viel lokal erzeugter Solarenergie wird eine Power-to-Heat-Anlage zugeschaltet.“
Die Trinkwasser-Erhitzung übernehmen dezentrale Wohnungsstationen in den einzelnen Wohneinheiten. So können die Vorlauftemperaturen für die Bereitstellung der Raumwärme niedrig und besonders effizient gehalten werden.
Wärmetauscher im anliegenden Abwasserkanal dienen einer zentralen Wärmepumpe als effiziente Wärmequelle.
Bild: Uhrig Energie
Abwasser – wichtiger Baustein der urbanen Wärmewende
Die Hauptenergiequelle liegt nur wenige Meter außerhalb des Quartiers – treffenderweise unter der Äußeren Kanalstraße. Auf einer Länge von rund 120 Metern entzieht ein Wärmetauscher dem vorbeirauschenden Abwasser Wärmeenergie. „Abwasser als Energiequelle bringt zwei zentrale Vorteile mit sich“, erklärt Stephan von Bothmer, Geschäftsführer von Uhrig Energie, welche die Wärmetauscher-Technik im Projekt stellen. „Zum Ersten ist es gerade im Winter mit mindestens zehn bis zwölf Grad eine vergleichsweise energiereiche und verlässliche Wärmequelle. Das ermöglicht ein besonders effizientes Arbeiten der angeschlossenen Wärmepumpen. Zum Zweiten steht diese Energie passend zum Wärmebedarf zur Verfügung: Gerade im urbanen Raum, wo viel Wärme benötigt wird, fällt besonders viel Abwasserwärme an – häufig ein perfektes lokales Match!“
Das Energiekonzept des Quartiers stelle eine 100 % fossilfreie Wärmeversorgung sicher.
Bild: naturstrom AG
Umweltfreundlich, skalierbar und wirtschaftlich
„Für uns war es von Beginn an wichtig, das Energiekonzept von Lück so nachhaltig wie möglich zu planen“, erinnert sich Erika Werres, Geschäftsführerin der wvm Gruppe in Köln. „Mit Abwasser haben wir hier nicht nur die ideale Energiequelle für unser Wohnquartier gefunden, sondern zeigen auch, dass die Wärmegewinnung aus Kanälen wirtschaftlich und skalierbar ist.“
Bei der Umsetzung des innovativen Energiekonzepts kooperieren die Projektpartner eng mit den Stadtentwässerungsbetrieben Köln, in deren Kanäle die Wärmetauscher eingebracht werden. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir hier mit unserem Plan auf offene Ohren gestoßen sind“, freut sich Sarah Debor von naturstrom. „Obwohl die Potenziale der Abwasserwärmegewinnung unbestritten sind, scheuen anderswo manche Stadtentwässerungsbetriebe bislang davor zurück. Wir freuen uns, mit Lück ein Vorzeigeprojekt vorstellen zu können, das zeigt, was möglich ist. Die Potenziale im urbanen Raum sind derart groß, dass wir mittlerweile standardmäßig bei jedem Projekt eine Umsetzung prüfen.“