Digitalisierung von Wohngebäuden durch geteilte Datenräume
16.10.2024An den Tagen der digitalen Technologien unterzeichneten Vertreter aus Industrie, Wohnungswirtschaft, Wissenschaft und Handwerk, die sich u. a. in der Wirtschaftsinitiative Smart Living e.V. zusammengeschlossen haben, eine gemeinsame Erklärung, mit der sie den Weg für eine neuartige, vollständige und KI-fähige Digitalisierung von Wohngebäuden frei machen. Das soll für den Smart-Living-Markt in Deutschland und Europa entscheidende Wachstumsimpulse setzen. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Technologieprogramm „SmartLivingNEXT“ schaffe dafür die Voraussetzungen. Für deutsche Unternehmen und Start-ups besteht damit die Chance, sich einen entscheidenden technologischen Vorsprung im globalen Wettbewerb zu sichern, heißt es von der Forschungsvereinigung Elektrotechnik beim Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI).
Präsentieren die Berliner Erklärung auf den Tagen der digitalen Technologien (v. li.): Claus Wedemeier (GDW), Paul Seifert (ZVEH), Mike Heider (SmartHome Initiative e. V.), Franziska Brantner (Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)), Adalbert Neumann (Wirtschaftsinitiative Smart Living), Wolfgang Weber (ZVEI), Christina Decker (BMWK), Axel Voss (BMWK).
Bild: Wolfgang Borrs
Kernelement des technologischen Konzepts ist ein geteilter Datenraum, mit dem sich digitale Smart-Living-Anwendungen einfacher und kostengünstiger entwickeln und betreiben lassen als bisher. Das liegt insbesondere daran, dass über den Datenraum erstmals ein einheitlicher Zugriffspunkt auf alle gebäuderelevanten Daten geschaffen wird. Mit diesem können sich Wohnungswirtschaft, Softwareentwickler, das Handwerk, aber auch private Nutzer digital verbinden. Anschließend sind sie in der Lage, Daten autorisiert zu empfangen, die für ihre jeweilige Anwendung benötigt werden. So lassen sich verschiedene Systeme und die damit entstehenden Daten wie Energieverbräuche, Geräte oder sonstige Sensordaten neu miteinander kombinieren und auch in anonymisierter Form für das Training von entsprechenden KI-basierten Verwendungszwecke einsetzen. Möglich werden damit neue Anwendungen, z. B. aus den Bereichen Energiemonitoring, Assistenz und Pflege, Wohnsicherheit oder Wohnungsverwaltung und Gebäudewartung.
Einheitliche Datensemantik
Die Besonderheit des technologischen Konzepts ist, dass es eine einheitliche Semantik zur Beschreibung aller Daten nutzt. Damit funktioniert es unabhängig von den jeweils verbauten oder genutzten herstellerspezifischen Hardwarekomponenten. Zudem können die Daten in ihrem Ursprungssystem verbleiben und somit nur in dem Umfang abgerufen und kombiniert werden, wie es für die jeweilige Anwendung erforderlich ist. Diejenigen, die Daten bereitstellen, behalten somit dauerhaft die vollständige Kontrolle, wer auf die Daten und zu welchem Zweck zugreifen kann. Das Konzept des Datenraums soll Sicherheit versprechen und den EU „Data Act“ erfüllen. Die Grundprinzipien von „Gaia-X“ sind berücksichtigt worden.
„Die Einführung von ‚SmartLivingNEXT‘ markiert einen Meilenstein in der Entwicklung des nach europäischen Wertevorstellungen realisierten Smart-Living-Ökosystems. Durch den diskriminierungsfreien und sicheren Zugriff auf Daten reduziert die Technologie die Abhängigkeit von marktbeherrschenden Unternehmen aus dem nicht-europäischen Raum und schafft so die Voraussetzungen, Wertschöpfung in Deutschland zu halten“, sagt Michael Schidlack, Principial Researcher bei der Forschungsvereinigung Elektrotechnik (FE) beim ZVEI und Konsortialleitung im „SmartLivingNEXT“ Leitprojekt. Die Wohnungswirtschaft erhält ein wachsendes Angebot an digitalen Anwendungen zur effizienten Wohnungsverwaltung, während Bürger neue, intelligente Services erhalten, die das Wohnen der Zukunft energieeffizienter, sicherer und komfortabler machen sollen.
Inzwischen wurden erste Gebäude exemplarisch an den geteilten Datenraum des Technologieprogramms, den „SmartLivingNEXT Dataspace“, angeschlossen. Erste Anwendungen dazu konnten auf den Tagen der digitalen Technologien bereits gezeigt werden.
Über das Technologieprogramm
Mit dem Technologieprogramm „SmartLivingNEXT – Künstliche Intelligenz für nachhaltige Lebens- und Wohnumgebungen“ unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die sich auf konkrete, praxisnahe Smart-Living-Anwendungen beziehen. Das Ziel ist die Entwicklung und Etablierung eines universellen, KI-basierten Ökosystems für digitale Smart-Living-Dienste. Als Basis für die angestrebten Entwicklungen und Lösungen wird auf die bereits vorliegenden Ergebnisse von BMWK geförderten und weiteren Projekten aufgesetzt. Im Vordergrund des Technologieprogramms steht das Leitprojekt „ForeSightNEXT – Plattform für Daten, Künstliche Intelligenz und Services in einem Smart Living-Ökosystem“.
Ergänzt wird das Programm durch sechs sogenannte Satellitenprojekte, deren Aufgabe esist, eigene Anwendungen prototypisch umzusetzen und zu erproben. Das Leitprojekt stellt dazu u. a. die Referenzarchitektur, die Toolbox sowie den „Dataspace“ bereit. Die Satellitenprojekte sollen ihrerseits neue Komponenten und Dienste in die Plattform einbringen, um auf diese Weise Anwendungsmöglichkeiten auch anderer Partner zu erweitern. Das BMWK fördert das Technologieprogramm über drei Jahre mit insgesamt rund 25 Mio. €.