20 Jahre liNear
Interview mit Manfred Waluga zum Firmenjubiläumtab: Herr Waluga, 20 Jahre liNear – das ist eine Erfolgsgeschichte. Als Sie sich 1989 selbständig machten, und dann 1993 die liNear GmbH gründeten, hatten Sie da schon eine Vorstellung, wie sich die Sache entwickeln würde?
Manfred Waluga: Um ehrlich zu sein: Nein. Die Idee war damals, das Werkzeug CAD in der Branche, in der ich tätig war, zu etablieren, um die Vorteile exakter Planung und zeitsparender Änderungen auch für den Gebäudetechnik-Planer verfügbar zu machen. Dass sich die Sache derart entwickelt, das haben mein damaliger Partner Karl-Heinz Schlimgen und ich zu der Zeit nicht absehen können.Und wenn man sich die technische Entwicklung über die letzten 20 Jahre vergegenwärtigt, dann gerät man schon manchmal ins Schmunzeln: Wo wir seinerzeit noch große Rechnerkisten und 50 kg schwere 20“-Monitore für eine Vorführung zum Kunden wuchten mussten, so trägt man heute mit einem Notebook und einem Beamer ein Vielfaches der damaligen Leistung lässig in einer Hand. Die „Installationsorgien“ mit bis zu 50 Disketten bei einer Komplettinstallation konnte damals schon mal 4 h dauern. Heute schnurrt das DVD-Laufwerk ohne „Disk-Jockey“ nur wenige Minuten.
tab: Schaut man heute auf die Produktpalette von liNear, so scheint der Weg immer nach oben gegangen zu sein. Hatten Sie nie Rückschläge?
Manfred Waluga: Ich muss zugeben, dass es auch Zeiten gab, in denen die Entwicklung ein wenig stagnierte. Die allgemeine Lage in der Bauwirtschaft war gerade um die Jahrtausendwende bis hinein ins Jahr 2003 schwierig. Neue Produkte wie die EnEV, Kühllast- und Kanalnetzberechnung haben uns danach weiter nach vorne gebracht. Später haben wir dann die Wirtschaftskrise zu spüren bekommen, wo es auch für uns einmal deutlich nach unten ging. Doch heute können wir durchaus zufrieden sein. In den letzten beiden Jahren haben wir unser Personal um 14 neue Mitarbeiter verstärkt und verjüngt. Unsere Stellung im Markt konnten wir weiter ausbauen. Und mit der Software-Skalierung Smart-Sixty/Smart-Plan gelingt es uns zunehmend, neue Käuferschichten zu erschließen. So ist es jetzt möglich, innerhalb der liNear-Produkte kompatibel und verlustfrei von einem Handwerker-Paket bis zur großen Ingenieurlösung hoch zu skalieren.
tab: Wie gelingt es liNear, Personal zu rekrutieren? Allgemein scheint das doch ein Problem zu sein?
Manfred Waluga: Das ist es auch. Ob es Mitarbeiter für die Entwicklung oder den Vertrieb sind, immer brauchen wir Leute, die irgendwie CAD-Kenntnisse und das Branchen Know-How mitbringen. Und dann noch gute Entwickler oder Vertriebler sind. Die findet man natürlich nicht. Deshalb brauchen neue Mitarbeiter in aller Regel ein bis zwei Jahre, bis sie produktiv integriert sind. Wir nutzen hier in Aachen natürlich auch den Standortvorteil der RWTH und der FH. Viele unserer Ingenieure sind Absolventen der Aachener Hochschulen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass wir mittlerweile sehr viele Mitarbeiter haben, die länger als zehn Jahre im Unternehmen tätig sind. Und das ist eine wichtige Voraussetzung für Kontinuität.
tab: Sie arbeiten viel mit Industriepartnern zusammen. Können Sie uns verraten, wie das funktioniert?
Manfred Waluga: Industriepartner sind sehr wichtig für uns. Und hier ist es vor allem Karl-Heinz Schlimgen zu danken, dass wir in der Vergangenheit mit Weitblick die Industrie als Partner eingebunden haben. Wir sind als Autodesk-OEM-Entwickler schon seit 1997 in der Lage, komplette Software-Lösungen mit integriertem CAD-Kern zu attraktiven Preisen anzubieten. Das war eine wesentliche Voraussetzung für den großen Erfolg von Hersteller-Softwarepaketen wie etwa "Viptool" oder "ViegaCAD" von Viega, "RauWIN/RauCAD" von Rehau oder "Vitoplan"-Software von Viessmann, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus werden die unzähligen praktisch nutzbaren Hersteller-Daten, die wir Jahr für Jahr für mehr als 50 Industriepartner erfassen, von tausenden liNear-Kunden täglich genutzt bzw. auf mehr als 20.000 registrierten Arbeitsplätzen eingesetzt. Wir führen unseren Erfolg aber auch auf die langjährige Zusammenarbeit mit Autodesk zurück. Mit dem Produkt "AutoCAD" haben wir uns, wie ja auch einige unserer Mitbewerber, frühzeitig für eine weltweit anerkannte, leistungsfähige CAD-Software entschieden, die nicht zuletzt auch durch unsere große installierte Basis zum Standard in der Branche geworden ist. Für uns ist die "AutoCAD"-Basis wie ein gut ausgestatteter Werkzeugkasten zu sehen, mit dem das gesamte Leistungsspektrum von der Strichzeichnung bis hin zur 3D-Visualisierung möglich ist. Und das schätzen unsere Kunden, ob sie nun Schemata, Ausführungspläne oder 3D-Konstruktionen erstellen und realistisch gerendert zu Papier bringen.
Gibt es noch weiße Flecken in der Produktpalette?
Manfred Waluga: Nun, im Bereich des Zeichnens sind wir so gut wie komplett. Im Bereich „Berechnen“ gibt es immer wieder Strömungen im Markt, die neue Software erforderlich machen. Ein Beispiel für ein neues Produkt ist die kontrollierte Wohnungslüftung. Hier bringen wir mit Viessmann zusammen auf der ISH ein Produkt auf den Markt, mit dem man per Knopfdruck Wohnungslüftungssysteme mit kompletter Berechnung und Stücklisten erstellen kann.
tab: liNear ist inzwischen auch im Ausland vertreten. Wo liegen da die Schwerpunkte?
Manfred Waluga: Seit zwei Jahren sind wir mit eigenem Personal in den Benelux-Staaten, der Türkei und Russland vertreten. Wir bieten unsere Produkte zurzeit schon in sechs Sprachen an. Das ist natürlich ein sehr aufwändiges und teures Engagement, allein schon wegen der Sprachpakete und Handbücher. Aber der steigende Anteil unseres Auslandsgeschäfts gibt mir hier ein gutes Gefühl, weiter zu investieren.
tab: Haben Sie Konkurrenz, echte Mitbewerber?
Manfred Waluga: Ja, es gibt den einen oder anderen Konkurrenten. Ich denke aber, dass wir in diesem Gesamtkonzert sehr gut aufgestellt sind. Die weltweit kompatible leistungsstarke CAD-Basis von Autodesk und das umfangreiche Produktsortiment aus einer Hand, insbesondere unsere anerkannt guten grafischen Rohrnetzberechnungen, sind wesentliche Argumente für liNear. Die Tatsache, dass wir ein inhabergeführtes Unternehmen mit uneingeschränktem Handlungsspielraum sind, unabhängig von Banken und Muttergesellschaften, finde ich persönlich natürlich äußerst vorteilhaft. Wir entwickeln ausschließlich in Aachen mit Ingenieuren und Technikern, die das durchaus komplexer werdende Normenwesen qualifiziert in Software umsetzen können. Und wir haben eine junge und engagierte Mannschaft, der das gemeinsame Arbeiten am Erfolg des Unternehmens richtig Spaß macht.
tab: Sie waren der erste Entwickler in Ihrer Firma. Programmieren Sie eigentlich auch selber noch manchmal?
Manfred Waluga: Das ist tatsächlich etwas, was ich mir bei wenigen Projekten bis heute erhalten habe. Weil’s mir nach wie vor Spaß macht, und natürlich um „dran zu bleiben“.
tab: Vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte Hans-Peter Gohla