Ausbildung bauleitender Konfliktbegleiter:innen

In der Welt des Bauwesens sind Veränderungen eine unvermeidbare Realität. Ob durch unerwartete Bedingungen, mangelhafte Planung, Änderungswünsche der Bauherr*innen oder externe Faktoren – Anpassungen sind oft unausweichlich.

Bernd Bürner, Geschäftsführer des ITGA Bayern, Sachsen und Thüringen e.V.
Bild: Steffen Oliver Riese

Bernd Bürner, Geschäftsführer des ITGA Bayern, Sachsen und Thüringen e.V.
Bild: Steffen Oliver Riese
Sowohl die Monteure:innen als auch die Bauleiter:innen verbringen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit mit der Dokumentation von Änderungen und den damit verbundenen Nachträgen. Mittlerweile gibt es softwaregestützte teilautomatisierte Nachtragsvorlagen, um diesen Prozess möglichst effizient zu gestalten.

Es geht nicht nur um Probleme mit externen Stellen: Gerade auch bei größeren Unternehmen wird dokumentiert, dass die interne Arbeitsvorbereitung nicht die nötige Qualität mit sich bringt, der Einkauf die falschen Bauteile bestellt hat und die Leiharbeitenden oder Subunternehmer:innen nicht die versprochene Leistung erbringen können. Das Schlimmste daran ist, dass auf nahezu jeder Baustelle das Schauspiel von Neuem beginnt.

Doch sind die Beschäftigten mit dem Dokumentieren von Konflikten und deren Folgen wirklich zufrieden? Sie haben den Beruf ja gewählt, um Neues zu gestalten und am Ende des Tages eine gut funktionierende Anlage zu übergeben. Ich vermute, das Aufzeigen von Problemen und deren Dokumentation frustriert unsere Kollegen:innen mehr, als wir es uns vorstellen können.

Konflikte vermeiden

Wir sollten uns nicht damit beschäftigen, an dem Grundproblem des Konfliktes „Planender/Bauherr:innen/Ausführende“ zu arbeiten und uns lieber vom alten System lösen, in dem oft die Lösung des Konfliktes geregelt ist – beispielsweise in der VOB. Besser wäre es, ein Umfeld zu schaffen, das erst gar keinen Konflikt entstehen lässt.

Einer der Ansätze, speziell für große Bauvorhaben, ist das Modell der Integrierten Projekt-abwicklung – IPA. Integrierte Projektabwicklung ist ein Projektabwicklungsmodell für anspruchsvolle Bauprojekte, das international seit über 20 Jahren praktiziert und erprobt ist. Ausgestaltungen dieses Modells sind in den USA und Kanada unter der Bezeichnung „Integrated Project Delivery“ (IPD) sowie in Australien und Finnland unter der Bezeichnung „Project Alliancing“ bekannt.

Entgegen den sonst üblichen, einzelvertraglichen Regelungen wird bei IPA-Projekten ein Mehrparteienvertrag geschlossen. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Basis einer Verständigung auf gemeinsame Projektziele. Grundlage ist ein gemeinsam definiertes Projektziel zu einem definierten Preis. Schaffen es die beteiligten Parteien, den Preis durch konstruktives lösungsorientiertes Arbeiten zu unterbieten, wird die Einsparung unter den Beteiligten aufgeteilt. Wird der Preis überschritten, werden die Mehrkosten ebenfalls aufgeteilt. Indem alle Projektbeteiligten eng zusammenarbeiten und gemeinsam nach Lösungen suchen, können langfristig erfolgreiche und nachhaltige Bauprojekte realisiert werden und der positive Aspekt der konstruktiven ­Zusammenarbeit wird die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen steigern.

Seit dem Jahr 2022 sitzt der BTGA im Beirat des IPA-Zentrums und vertritt die TGA-Branche in diesem spannenden Umfeld. Eine Übersicht der derzeit laufenden IPA-Projekte ­finden Sie unter: https://lean-ipd.de/ipa-projekte

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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