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Planerhaftung am konkreten Fall erläutert

Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit einem vom Gericht entschiedenen Fall, bei dem es um die Haftung des Planers für Planungs- und Überwachungsfehler ging.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schuldet der Planer dem Besteller (Bauherrn) gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB Schadenersatz wegen der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben. Dabei handelt es sich der Sache nach um einen Schadenersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, denn die Mängel des Bauwerkes können nicht durch Nacherfüllung der Planerleistung noch beseitigt werden.

Sind technische Normen seit längerer Zeit unverändert geblieben, stellt sich die Frage, ob diese überhaupt noch die vorherrschende Ansicht der Fachleute wiedergeben können.
Bild: Clipdealer

Sind technische Normen seit längerer Zeit unverändert geblieben, stellt sich die Frage, ob diese überhaupt noch die vorherrschende Ansicht der Fachleute wiedergeben können.
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Dieser Schadenersatzanspruch ist auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet. Hat der Planer die von ihm geschuldeten Planungs- oder Überwachungsleistungen mangelhaft erbracht und hat der Besteller (Bauherr) deswegen das Bauwerk nicht so erhalten, wie als Ziel der vom Planer geschuldeten Mitwirkung vereinbart, ist das hierdurch geschützte Interesse des Auftraggebers an einer entsprechenden Entstehung des Bauwerkes verletzt. Der Schaden des Bestellers besteht darin, dass er im Ergebnis ein Bauwerk erhält, dass hinter dem im Planervertrag als Ziel vereinbarten Bauwerk zurückbleibt. Genau darum ging es hier.

Ausgangslage des Falls

Im konkreten Fall hatten es die beklagten Planer (nachfolgend Beklagten) im Rahmen eines Ingenieurvertrages technische Ausrüstung übernommen, ingenieurtechnische Leistungen betreffend die Gas-, Wasser-, Abwasser- und Feuerlöschtechnik im Rahmen des Neubaus eines Universitätsklinikums zu planen. Aufgrund der Planung der Beklagten wurden die Arbeiten an der Trinkwasserinstallation in dem Klinikum in der Zeit von Januar 2006 bis September 2010 ausgeführt. Die Abnahme der ausgeführten Trinkwasserinstallation fand im September 2010 statt. Im Nachgang, ca. Mitte August 2011, lagen dem Bauherrn, dem Auftraggeber der Beklagten Ergebnisse vor, wonach an einer Vielzahl von Wandarmaturen der von den Beklagten geplanten Trinkwasserinstallation im Rahmen von Probenahmen ein erhöhtes Legionellenaufkommen festzustellen war. Der Bauherr (nachfolgend Kläger) führte dies, nachdem er sich sachverständig hat beraten lassen, darauf zurück, dass die Beklagten im Rahmen der Planung der Trinkwasserinstallation die Zirkulation für das Trinkwasser warm im Bereich der Entnahmestellen „in ihrer Planung zu nah an die Armaturen herangeführt hätten“, mit der Folge, dass sich das Trinkwasser auf der Kaltwasserseite der Entnahmearmatur auf Temperaturen von über 30 - 40 °C erwärme und damit das Legionellenwachstum begünstige. Aufgrund der Probenahmeergebnisse sah sich der Kläger im Jahre 2012 veranlasst, das Trinkwassernetz des Klinikums mit einer Chlordioxidanlage zur Desinfektion nachzurüsten. Außerdem wurden an diversen Armaturen endständige Sterilfilter angebracht.

Konkrete Streitsache

In der Folge warf die Klägerin dann den Beklagten die mangelhafte Planung der Trinkwasserinstallation, insbesondere im Bereich der Entnahmearmaturen, vor. Die Planung der Trinkwasserinstallation habe weder zum Beginn der Sanitärarbeiten im Zeitraum 2005/2006 noch bei deren Abnahme im Jahre 2010 den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen. Im Übrigen hätten die Beklagten als Nebenpflicht auch eine Festlegung der Nutzungshäufigkeit für die einzelnen Entnahmestellen festlegen müssen. Außerdem hätten es die Beklagten versäumt, das ausführende Unternehmen hinreichend zu überwachen.

Nunmehr seien aus Sicht des Klägers Umbaumaßnahmen an 750 Trinkwasserentnahmestellen notwendig. Hierfür sind geschätzte Sanierungskosten von ca. 600.000,00 € aufzuwenden. Des Weiteren seien für die Desinfektionsmaßnahmen insgesamt 330.000,00 € angefallen. Derentwegen erhob der Kläger Klage und verband diese auch mit dem Antrag auf Feststellung, dass die Beklagten alle weiteren Kosten, die durch die ihnen vorzuwerfende mangelhafte Planung entstanden sind, tragen müssten.

Konkret ging es in dem Verfahren nunmehr darum, ob den Beklagten ein Planungsfehler dahingehend vorzuwerfen ist, dass sie für die wandständigen Entnahmearmaturen in dem Klinikum das Durchschleifen der Zirkulationsleitung für die Versorgung Trinkwasser warm bis an die Entnahmestelle heran vorgesehen haben. In diesem Zusammenhang stellte sich der Kläger auch auf den Standpunkt, dass das Trinkwasser kalt sich in einem Gebäude an keiner Entnahmestelle über 25 °C erwärmen dürfe.

Argumentation

Ein von dem Kläger eingeholtes Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass die vorhandene Konstruktion der Armaturenanschlüsse, auch unter Einhaltung einer bestimmungsgemäßen Nutzung, unweigerlich zu Temperaturen zwischen 25 °C und 40 °C in Bereichen der Trinkwasser Kalt-Installation führen, so dass diese Installation nicht hygienisch betrieben werden könne. Des Weiteren fokussierte sich der von dem Kläger eingeschaltete Sachverständige in seinen Bewertungen ausschließlich auf eine dauerhafte Temperaturhaltung des Trinkwassers kalt unter 25 °C. Der Vorwurf des Klägers im Hinblick auf eine mangelhafte Planung der Beklagten konzentrierte sich dann auf zwei
Punkte:

Heranführen der Zirkulationsleitung Trinkwasser warm an die Entnahmestelle

Überschreiten der Temperatur im Trinkwasser kalt über 25 °C

Die Interpretation des vom Kläger eingeschalteten Sachverständigen hinsichtlich der normativen Anforderungen an die Temperaturhaltung im Trinkwasser kalt hatte DIN-Normenausschuss Wasserwesen veranlasst, eine Mitteilung Stand 2018-1 zu den Anforderungen an einzuhaltende Temperaturen für Trinkwasser kalt (PWC) und Trinkwasser warm (PWH) zu veröffentlichen. Darin heißt es u. a.: Hinsichtlich der Betriebstemperaturen gelten die Anforderungen gemäß Trinkwasserverordnung an eine Trinkwasser-Installation als erfüllt, wenn die normativen Anforderungen aus den Abschnitten 3.6 der DIN-EN 806-2 und der DIN 1988-200 eingehalten werden. Die betreffenden Textpassagen zur Einhaltung der Temperaturen im PWC und PWH aus der derzeit gültigen DIN-EN 806-2 2005 und DIN 1988-200:2012 lauten:

DIN-EN 806-2, 3.6 Betriebstemperatur

30 Sekunden nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle sollte die Wassertemperatur nicht 25 °C für Kaltwasserstellen übersteigen und sollte nicht weniger als 60 °C für Warmwasserentnahmestellen betragen, sofern dem nicht örtliche oder nationale Regelungen entgegenstehen [...].

DIN 1988-200, 3.6 Betriebstemperatur

Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf maximal 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Trinkwassers kalt 25 °C nicht übersteigen und die Temperatur des Trinkwassers warm muss mindestens 55 °C erreichen. Aufgrund verschiedener Einflüsse lässt sich oftmals eine Temperaturüberschreitung des Trinkwassers kalt (PWC) auf über 25 °C nicht vermeiden. Die Gründe hierfür können vielfältig sein [...]. Die Ausstoßzeit von 30 Sekunden wird benötigt, um das während der Stagnationsphase im Baukörper aufgeheizte Trinkwasser ablaufen zu lassen [...] (DIN-Normenausschuss Wasserwesen, Mitteilung des NA119-07-07AA! Trinkwasser-Installation! Stand 2018-01).

Darauf bezogen sich die Beklagten in ihrer Argumentation gegen den Vorwurf der mangelhaften Planung seitens des Klägers. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die von den Beklagten geplante Trinkwasserinstallation sogar in der Lage war, die normativ geforderten Ausstoßzeiten einzuhalten.

Auffassung der Beklagten bestätigt

Der vom Gericht bestellte Sachverständige bestätigte diese Auffassung der Beklagten. Damit ging es in dem Verfahren noch um den Vorwurf der mangelhaften Planung in Bezug auf das Heranführen der Zirkulationsleitung Trinkwasser warm bis an die Entnahmestelle. Zu diesem Punkt wurde von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen festgestellt, dass die Legionellenproblematik in der Anfangszeit zunächst auf den Bereich des erwärmten Trinkwassers fokussiert wurde. Ab dem Jahr 2002 habe man sich dann mit der Problematik der unzulässigen Erwärmung von Trinkwasser kalt über 25 °C befasst. Im Rahmen von Anlagenplanungen sei dieser Punkt aber noch unberücksichtigt geblieben und das Hauptaugenmerk, wie auch im vorliegenden Fall, auf stagnationsfreie Rohrverlegung gerichtet worden.

Erst seit dem Jahr 2012 hat man sich dann mit der Frage der Erwärmung der Kaltwasserseite von Wandarmaturen durch Wärmeübertragungen von der Warmwasserseite durch zirkulierendes Trinkwasser warm befasst. Ergebnis war dann, dass insbesondere bei nicht bestimmungsgemäßem Betrieb eine Erwärmung der Kaltwasserseite durch derartig ausgeführte Installationen möglich ist. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde von namhaften Herstellern ca. ab dem Jahr 2018 dann ein Anschlussblock vertrieben, der eine sogenannte Auskühlstrecke zum Anschluss derartiger Wandarmaturen vorsah. In geschriebenen Normen findet dieser Punkt noch keine Erwähnung.

Begründung des Gerichts

In dem hier in Rede stehenden Verfahren war deshalb davon auszugehen, dass die von den Beklagten gewählte Planung, nämlich Heranführen der Zirkulationsleitung bis an die Entnahmestelle, den zum Zeitpunkt der Planung geltenden anerkannten Regeln der Technik entsprach und damit kein Planungsfehler vorwerfbar war. Geschuldet haben die Beklagten nämlich grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme (vgl. BGH, Az. VII ZR 65/14).

Die Klage gegen die beklagten Planer wurde vom Gericht abgewiesen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass dem Kläger der ihm obliegende Nachweis nicht gelungen ist, die Beklagten hätten bei der Planung der streitgegenständlichen Trinkwasserinstallation gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Das Heranführen der Zirkulationsleitung Trinkwasser warm unmittelbar an den Wandanschlusswinkel war vorliegend die kürzeste mögliche Verbindung dieser Leitungsteile, wobei die im Bereich des Kaltwassers erfolgte Wahl des WCs als Endpunkt bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Anlage für einen hinreichenden Austausch des Stagnationswassers zu sorgen bestimmt war. Zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung der Anlage war die gegenständliche Installation, insbesondere das Durchschleifen der Warmwasserleitungen bis unmittelbar an den Armaturenanschluss gängige Praxis. Die durchgeschleifte Rohrführung bis zu dem Armaturenanschluss war angesichts der Vorgabe der stagnationsfreien Verlegung bis zum Jahr 2012 allgemein anerkannte Regel der Technik. Auch der Nachweis einer mangelhaften Bauüberwachung durch die Beklagten ist nicht geglückt. Dies ergibt sich nach Überzeugung des Gerichts bereits daraus, dass die bis zum Jahr 2012 unveränderten allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht nur bei der Planung, sondern auch bei der Errichtung der Trinkwasseranlage beachtet wurden.

Angesichts dessen kann das Gericht nicht erkennen, dass sich die von den Beklagten geplante Trinkwasserinstallation - bei bestimmungsgemäßer Anlagenbenutzung - nicht für den vom Vertrag vorausgesetzten oder gewöhnlichen Verwendungszweck eignet. Dies gilt im Besonderen für den vorliegend zu beurteilenden Betrieb eines Krankenhauses, der ohnedies strengen hygienischen Vorgaben gerecht werden muss.

Bereits deshalb war von Seiten der Beklagten die Erstellung eines gesonderten Nutzungskonzepts bzw. Hygieneplans für den gegenständlichen Betrieb nicht (und sei es auch „nur“ als vertragliche Nebenleistungspflicht)  eigens geschuldet, zumal sich hierfür auch bei einer Interessenanalyse im Wege der ergänzten Auslegung des Ingenieurvertrages (§§ 133, 157 BGB) keine tragfähigen Anknüpfungspunkte ausmachen lassen).

Nicht in falscher Sicherheit wiegen

Man kann aus den gerichtlichen Feststellungen aber nun nicht entnehmen, dass auch in künftigen Fällen so geplant werden kann, wie dies von dem Beklagten getan wurde. Vielmehr hat er sich mit der aktuell geführten Diskussion zu der Frage, wie Trinkwasserleitungen warm in Vorwänden verlegt werden und wie Trinkwasser warm-Leitungen mit der Zirkulation an die Entnahmestelle herangeführt werden, zu befassen. Dies auch dann, wenn genau dieses Thema noch nicht normativ erfasst ist. Denn es ist der von der Rechtsprechung anerkannte Umstand zu berücksichtigen, dass sich Änderungen der anerkannten Regeln der Technik auch außerhalb kodifizierter Regelwerke vollziehen können. Das macht es also notwendig, dass sich Planer, sollten zu bestimmten technischen Fragen Änderungen der Anschauung ergeben haben, auf dem Laufenden halten müssen. Denn schließlich spielt es doch eine Rolle, wie alt eine Norm ist, die zur Konkretisierung der anerkannten Regeln der Technik heranzuziehen ist. Sind technische Normen seit längerer Zeit unverändert geblieben, stellt sich die Frage, ob diese überhaupt noch die derzeit vorherrschende Ansicht der Fachleute wiedergeben können. Sollten die normativen Aussagen zu dem hier diskutierten Punkt tatsächlich veraltet sein, scheidet die Heranziehung der schriftlichen Norm zur Konkretisierung der anerkannten Regeln der Technik aus.

Es sei hier nur am Rande bemerkt, dass die Beklagten den immerhin 8 Jahre dauernden Prozess hätten vermeiden können, wenn sie selbst für eine Abnahme ihrer Planungsleistungen gesorgt hätten. In diesem Fall wären nämlich Gewährleistungsansprüche des Klägers schon zum Zeitpunkt des Prozessbeginns verjährt gewesen. Wenn in den vorliegenden Ausführungen von einer Abnahme die Rede war, ging es um die Abnahme des ausführenden Gewerkes hinsichtlich der Errichtung der Trinkwasserinstallation. Diese sollte nach gerichtlicher Auffassung Beurteilungszeitpunkt für die Anwendbarkeit bestimmter technischer Regeln sein.

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