Flusswasserwärmepumpe in XXL

In Mannheim entsteht ein Pilotprojekt

Das Mannheimer Energieunternehmen MVV liefert mit ihrer ersten Flusswasserwärmepumpe auf dem Gelände der Grosskraftwerk Mannheim AG (GKM) Wärme aus dem Rhein für rund 3.500 Haushalte. Das Projekt ist in einen Kontext eingebettet.

Seit dem Spatenstich im April 2022 hat die GKM auf ihrem Gelände im Auftrag von MVV eine Flusswasserwärmepumpe mit einer thermischen Leistung von 20 MW und einer elektrischen Leistung von 7 MW errichtet. Sie ist eine der größten Wärmepumpen ihrer Art in Europa und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie von der Europäischen Union anerkannt im Förderprojekt „Reallabor der Energiewende“. Im Rahmen dieses Projektes ist sie eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland errichtet werden.

Das Wissen und Know-how, das im Reallabor gewonnen wird, soll später dazu beitragen, mit weiteren Wärmepumpen ­zusätzliche grüne Wärme zu erzeugen. Das technische Potenzial ist sehr groß: Allein in Mannheim könnten Rhein und Neckar selbst bei konservativer Schätzung mindestens 500 MW thermisch entzogen werden. Dies entspricht der maximalen Wärmeleistung des Block 9 im GKM und reicht, um rund 50.000 Haushalte mit Wärme zu versorgen.

Das Flusswasser des Rheins in Mannheim wird im Sommer bis zu 25 °C warm, im Winter sind es nur etwa 5° C. Selbst die niedrigen Temperaturen reichen aus. Das entnommene Rheinwasser wird von der Wärmepumpe um ca. 2 bis 5 °C abgekühlt, um damit Fernheizwasser von 60 °C Rücklauftemperatur auf bis zu 99 °C zu erzeugen. Der COP der Flusswasserwärmepumpe beträgt im Jahresmittel ca. 2,7. Die Berechnungen, die dem zugrunde liegen, sind diese: Wenn z. B. 800 l/s Flusswasser von 10 °C auf 6 °C abgekühlt wird, entspricht das einer Wärmeentnahme von ca. 13,1 MW. Gemeinsam mit der Hilfsenergie aus Strom von ca. 6,5 MW (am Schaft) ergeben sich so knapp 20 MW nutzbare Wärmeleistung. Das entspricht bei Wärmenetztemperaturen von 98/60 ca. 130 l/s Fernheizwasser.

Mannheimer Modell

Gebaut wurde die Flusswasserwärmepumpe von Siemens Energy in Schweden, die Anlieferung nach Mannheim erfolgte per LKW. Die Investitionen belaufen sich auf rund 15 Mio. €. Neben der Investitionsförderung (s. Infokasten) fördert das BMWK auch den Betrieb in den ersten drei Jahren. In der Zeit sollen gemeinsam mit den beteiligten Forschungsinstituten Erkenntnisse über die Integration der Wärmepumpe in das Mannheimer Fernwärmenetz und die Fahrweise der Wärmepumpe gewonnen werden.

Mit seinem Mannheimer Modell hat sich das Unternehmen verpflichtet, bis spätestens 2040 klimaneutral und danach klimapositiv zu werden, der Atmosphäre also Treibhausgase zu entziehen. Dabei setzt MVV auf einen Dreiklang aus Wärmewende, Stromwende sowie grünen Kundenlösungen. Die Wärmewende ist für das Klimapositiv-Ziel des Unternehmens ein wichtiger Hebel.

Schon heute kann MVV den Fernwärmebedarf in den Sommermonaten komplett „grün“ abdecken. Neben Mannheim profitieren auch die Nachbarstädte Heidelberg, Schwetzingen, Brühl, Ketsch und Speyer von der umweltfreundlichen Fernwärme.

Die Flusswasserwärmepumpe nutzt die vorhandene Infrastruktur des GKM, insbesondere den leistungsfähigen Wassereinlauf, den Wasserauslauf und die Anbindung an das Fernwärmenetz. Dabei nutzt die Wärmepumpe mit bis zu 1.000 l/s nur einen kleinen Teil der am Standort genehmigen Wasserentnahmeleistung. Im Regelfall sind es ca. 800l/s.

Aussicht und Planung

Bereits 2030 wird MVV ihre Fernwärme in Mannheim und der Region vollständig auf grüne Energiequellen umgestellt haben. Schon heute stammen bis zu 30 % der Fernwärme aus klimafreundlichen Energien. Ziel ist die weitere Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Mannheim sowie der Metropolregion Rhein-Neckar.

Um die Wärmewende voranzutreiben, investiert MVV in ein breites Portfolio erneuerbarer Erzeugungsoptionen: In Mannheim folgt auf die Anbindung der Abfallverwertung von MVV im Jahr 2020 und der Wärmepumpe in diesem Jahr als nächster Schritt die Inbetriebnahme einer Klärschlammbehandlungsanlage. 2024 wird zudem das Biomassekraftwerk an das Fernwärmenetz angeschlossen. Hinzu kommen weitere grüne Optionen wie Tiefengeothermie, zusätzliche Flusswasserwärmepumpen, Biomethananlagen, Elektrodenkessel oder die Nutzung weiterer industrieller Abwärme.

Videos zum Beitrag

Eine der größten Flusswasserwärmepumpen Europas:

https://t1p.de/tab-01-24-MVV1

Zeitraffer: Entstehung der Flusswasserwärmepumpe:

https://t1p.de/tab-01-24-MVV2

Reallabor „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“

Die MVV-Flusswasserwärmepumpe ist im Rahmen des vom BMWK geförderten Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland mit unterschiedlichen Umweltwärmequellen installiert werden. An Kraftwerksstandorten in Berlin, Stuttgart, Mannheim und Rosenheim werden Großwärmepumpen errichtet und im Realbetrieb getestet. Das Gesamtprojektvolumen beträgt 45 Mio. €. 21 Mio. € entfallen auf die Förderung durch das BMWK (Förderkennzeichen 03EWR008), 24 Mio. € werden von Partnern erbracht. Partner des Konsortiums sind die Versorgungsunternehmen EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Fernheizwerk Neukölln AG, MVV Energie AG, Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG, Vattenfall Wärme Berlin AG sowie die beiden Forschungsinstitute IER Universität Stuttgart und Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Das Wissen und Know-how, das im Reallabor gewonnen wird, soll später auch dazu beitragen, mit weiteren Wärmepumpen zusätzliche grüne Wärme zu erzeugen.

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