Gebäudetyp E – alles andere als „Einfach“

Zahlreiche Verbände kritisieren den Gesetzentwurf zum Gebäudetyp E, zudem besteht Konflikt zur EPBD 2024

Bauabläufe vereinfachen – das ist ein seit langer Zeit gewolltes und gutes Ziel der Bundesregierung, wenn es um den Bürokratieabbau geht. Sollte das Ziel aber die Vereinfachung der technischen Gebäudeanforderung sein, dann kann solch ein Weg schnell in die Sackgasse führen, wie es nun mit dem sogenannten Gebäudetyp E – das „E“ steht für „einfach“ – sich zu entwickeln scheint. Doch der Reihe nach, das Desaster aufgezeigt: Erst vor wenigen Monaten wurde vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der mit der Leitlinie zum neuen Gebäudetyp schnelleres und kostengünstigeres Bauen vor Augen hat. Der Wohn- und Nichtwohnbau sollen nach Ansicht der Regierung davon profitieren. Konkret sieht das Vorhaben die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, indem das Werk- bzw. Bauvertragsrecht angepasst werden sollen. Ein Ergebnis dessen wäre, dass bei Projekten zwischen fachkundigen Vertragspartnern auch ohne Aufklärung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgewichen werden kann. Zahlreiche Verbände und Institutionen haben bereits ihr Veto eingelegt, darunter u. a. in einem Verbund1) der BTGA, FGK, RLT-Herstellerverband sowie darüber hinaus die Verbände VDMA2) und ZVEI3).

Markus Münzfeld,
Chefredakteur tab.
Bild: tab

Markus Münzfeld,
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Vom Ministerium heißt es auch, dass bei der Abweichung von Baustandards die Gebäudesicherheit unberührt bleibe – aber eine klare Abgrenzung, wie die Umsetzung der TGA-Standards genau aussieht, ist laut den Verbänden nicht zu erkennen. Die Verbändelandschaft kritisiert sowohl den Gesetzentwurf als auch die Leitlinie zum Gebäudetyp E und fordert das BMWSB, das Bundesministerium der Justiz und zuständige Bundestagsausschüsse dazu auf, diverse Unklarheiten zu beseitigen und Rechts- sowie technologische Sicherheit für Ingenieure und Planer zu gewährleisten. Denn die Diskussionen der vergangenen Monate haben laut Verbände gezeigt, dass mit „einfach“ oft der Verzicht auf wichtige Technik im Fokus steht. Und das wäre fatal, da Neubauten heute nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik so errichtet werden müssen, dass Bewohner vor Lärm geschützt sind, Hygienestandards eingehalten werden und der Energieverbrauch gesenkt wird. Eine Beschränkung auf eine dichte Hülle allein wird aller Voraussicht nach nicht zur Akzeptanz dieses Gebäudetyps beitragen und dessen Nutzung sowie die Innenraumqualität eher einschränken. Solche dichten Gebäude erfordern meist technische Lösungen, um die Menschen in den Räumen mit ausreichend Außenluft zu versorgen und um dadurch Schimmelbildung, aufgrund sonst unzureichender Lüftung, zu vermeiden. Damit steht der Gesetzentwurf auch noch im Konflikt mit der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, sprich der „Energy Performance of Buildings Directive“ – kurz EPBD. Diese hat zum Ziel, die Klimaneutralität des Gebäudesektors zu erreichen. Zudem legt die Richtlinie einen Schwerpunkt auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen. Hier gilt es dann die Innenraumqualität, die sich auch auf den Zustand der Luft bezieht, zu beachten.

Last but not least ist das Thema Brandschutz in der Diskussion. Der Gesetzentwurf gibt zwar an, dass sicherheitsrelevante Aspekte wie der Brandschutz zu berücksichtigen sind. Dennoch besteht die Gefahr, dass die vorgesehenen Ausnahmen von den anerkannten Regeln der Technik dazu führen könnten, dass wichtige sicherheitsrelevante Standards unterlaufen werden. Die unklare Definition und Anwendung dieser Ausnahmen kann somit auch zu einem erhöhten Risiko bei der Brandsicherheit führen, wenn neue Materialien oder Techniken verwendet werden. Eine Kernforderung des VDMA lautet in diesem Zusammenhang, dass nationale und europäische Sicherheitsstandards im Brandschutz für den Gebäudetyp E auch gelten müssen. Ebenso wird gefordert, dass es eine einheitliche Marktüberwachung für Brandschutz- und Entrauchungsanlagen geben muss.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Wenn später aufgrund von Mängeln, Problemen und Beschwerden ein technisches System nachgerüstet werden muss, dann ist es meist aufwendig und kostenintensiver als in einer Baumaßnahme. Wie es nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Der Gesetzentwurf soll im Herbst 2024 im Kabinett beschlossen werden. Mit Inkrafttreten des Gesetzes ist ab Anfang 2025 zu rechnen.

Markus Münzfeld

Chefredakteur tab

1) www.t1p.de/tab-11-24-btga ; 2) www.t1p.de/tab-11-24-vdma; 3) www.t1p.de/tab-11-24-zvei

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